Deutschland

Braunschweig, Städt. Friedhof Helmstedter Str.

Auf dem städtischen Friedhof - vormals Städt. Urnenfriedhof - ruhen - nach Auskunft der Friedhofsverwaltung der Stadt Braunschweig - insgesamt 863 Tote des Zweiten Weltkrieges und der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in mehreren großen Gräberfeldern. Im Einzelnen: - "Ehrenfriedhof 1939-1945 II":Der „Ehrenfriedhof 1939-1945 Teil II“ auf dem 1941 enteigneten Teil des jüdischen Friedhofs beherbergt 210 Kriegsopfer. Rechter Hand vom Mittelweg befinden sich in 11 Reihen Gräber von Soldaten und Zivilisten, die zwischen 1943 und 1946 in den Lazaretten und Krankenhäusern der Stadt an den Folgen von Verletzungen verstarben; linker Hand in den ersten Kriegsjahren gefallene Soldaten und Opfer von Bombenangriffen. - "Ehrenfriedhof 1939-1945 III": Bis 1943 blieb Braunschweig von Bombenangriffen verschont. Auf die ersten Bombenabwürfe am 27. September 1943 reagierten die Nationalsozialisten mit einer großen Veranstaltung im Dom und einem Demonstrationszug durch die Stadt. Die meisten der bei diesem Angriff Umgekommenen liegen auf dem Gemeindefriedhof Riddagshausen am Messeweg. Die folgenden Angriffe zerstörten die Stadt Schritt für Schritt. Beim Hauptangriff am 14./15. Oktober 1944 fielen 200.000 Brandbomben und 12.000 Sprengbomben auf die Stadt nieder, deren Altstadt durch einen Feuersturm vollständig vernichtet wurde. Rund 600 Menschen kamen um, insgesamt waren es bei allen Angriffen zusammen 2.905 Menschen, davon 1.286 Ausländer (offizielle Angaben des Standesamtes). Der „Ehrenfriedhof 1939-1945 Teil III“ ist das dritte der Gräberfelder, die vor allem für Opfer der Bombenangriffe angelegt wurden. Die sechs Reihen Grabkreuze der eindrucksvollen rechteckigen Anlage erinnern an den Hauptangriff der Alliierten auf die Stadt Braunschweig am 14./15. Oktober 1944. Im Zentrum der Gedenkstätte steht ein Denkmal, entworfen von Kurt Edzard und Daniel Thulesius. Im Relief der Vorderseite des Sandsteinblocks tragen Trauernde ein Kriegsopfer zu Grabe, die Rückseite ist gewidmet: „Den Toten des Krieges, der Gewaltherrschaft, der Vertreibung – Die Stadt Braunschweig“. Die Einweihung fand am 18. November 1962 durch die Oberbürgermeisterin Martha Fuchs statt. - Rieseberg-Denkmal Höhepunkt der Verfolgungen 1933 war im Juli die „Landmann-Welle“. Ein SS - Mann war von Gesinnungsgenossen versehentlich erschossen worden, und der Chef der Landespolizei Friedrich Jeckeln benutzte diesen Tod, um den kommunistischen Widerstand im Land zu brechen. Aus verhafteten und in der AOK eingesperrten KP- Funktionären und –Anhängern ließ er 10 auswählen und nach Rieseberg im Landkreis Helmstedt bringen, wo sich ein beschlagnahmtes Gewerkschaftsheim befand, das die SS in ein Konzentrationslager umwandeln wollte. Nach dem Motto „10 für einen“ ordnete er die Ermordung  der Verhafteten an. Sie waren schon durch Folter und Misshandlungen gekennzeichnet, als sie in Rieseberg ankamen und dort von der Wachmannschaft weiter gequält wurden. Gegen 23 Uhr tauchte ein Mordkommando der SS aus Braunschweig auf und erschoss die Häftlinge. Sie wurden an der Mauer des Rieseberger Friedhofs in Holzkisten beerdigt. Zur 13. Wiederkehr ihrer Ermordung, am 4. Juli 1946, erhielten sie dort ein Ehrenmal. Am 22. Juli 1953 wurden auf Anordnung der Stadt Braunschweig die Opfer der Erschiessungsaktion exhumiert und die sterblichen Überreste von 10 Menschen nach Braunschweig gebracht. Der Schneider Heinemann wurde in seine Heimatstadt Schöningen überführt und dort beerdigt. Wer das bei der Exhumierung aufgefundene 11. Opfer war, konnte nie restlos geklärt werden (evtl. ein Student namens Kurt Hirsch).Auf dem Stadtfriedhof erhielten die Toten eine würdige Gedenkstätte. Zehn im Halbkreis stehende Stelen nennen die Namen der Opfer. Im Zentrum des Halbkreises weist ein gefesselter Mann auf die Ohnmacht der Verfolgten hin. Die Gedenkplatte im Schnittpunkt des Halbkreises trägt die Mahnung: „Den Toten zur Ehre den Lebenden zur Mahnung“. - Anonymes Gräberfeld Bei Kriegsbeginn 1939 verordnete Hitler für unheilbar psychisch Kranke und geistig Behinderte den „Gnadentod“, andere Nationalsozialisten sprachen lakonisch von der „Vernichtung von Ballastexistenzen“. Es war ein Mordbefehl für Ärzte, dem rund 120 000 Menschen zum Opfer fielen. Die für den Tod bestimmten Kinder und Erwachsenen wurden in die Heil- und Pflegeanstalten Bernburg/Saale, Hadamar, Brandenburg/Havel, Sonnenstein bei Pirna und Hartheim bei Linz (Donau) überführt, dort getötet und eingeäschert. Die Verwandten bekamen einen Totenschein mit einer fingierten Todesursache. Die Urne mit den sterblichen Überresten erhielten die Heimatgemeinden mit der Weisung, sie anonym und in Abwesenheit der Verwandten beizusetzen.   Der Gedenkort auf dem Stadtfriedhof ist noch nicht gekennzeichnet. Die mit Hecken umsäumte Anlage im Eingangsbereich wurde seit 1921 bis heute zur Beisetzung benutzt, sie ist von heutigen Urnengräbern mit Steinwürfeln umstanden. Im hinteren Teil der Anlage linker Hand liegen Euthanasie- und KZ-Opfer (Dachau, Buchenwald, Sachsenhausen, Flossenbürg) aus den Jahren 1940 bis 1945.  - Einzelgräber ermordeter Antifaschisten Die Nationalsozialisten überzogen im Frühjahr 1933 das Land Braunschweig mit beispiellosem Terror. 30 Menschen wurden zwischen Februar und Juli 1933 getötet, Unzählige zu Krüppeln geschlagen. Etliche Sozialdemokraten und Kommunisten wurden für Jahre in Konzentrationslager gesperrt, einige der Opfer liegen auf diesem Friedhof. Fotos: Volker Fleig 2013