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Kriegsgräber als Lernorte

Veranstaltung mit Referendarinnen und Referendaren des Studienseminars Braunschweig für die Lehrämter an Grund-, Haupt- und Realschulen

Braunschweig. Wenn der Volksbund in der Bildungsarbeit eine Expertise hat, die ihm ein Alleinstellungsmerkmal verleiht, dann ist es der Umgang mit dem Kriegsgrab. An keinem anderen Ort wird die Komplexität der deutschen Geschichts- und Erinnerungskultur so greifbar wie hier. Das Kriegsgrab ist der ideale Lernort für junge Menschen, um sie mit den Brüchen der deutschen Geschichte und deren Folgen für die Gegenwart vertraut zu machen. Darum ist es wichtig, in der Lehrerausbildung die Möglichkeiten zu vermitteln, die mit dem Lernort Kriegsgrab verbunden werden können.

Das sieht auch Fachseminarleiter Oliver Lempa am Studienseminar Braunschweig (GHR) so. Er arbeitet bereits regelmäßig mit dem Volksbund zusammen. Am 12. Juni kam er mit seinen Referendarinnen und Referendaren zur Braunschweiger Friedhofsanlage an der Helmstedter Straße. Hier finden sich Kriegsgräber und Denkmale, die an den Ersten und Zweiten Weltkrieg erinnern – und zwar an alle leidvollen Aspekte die mit Krieg und Gewaltherrschaft verbunden sind: Gräber von deutschen Soldaten, von ausländischen Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern, von zivilen Bombenopfern, von politischen Gegnern und von Euthanasieopfern der NS-Diktatur liegen nur wenige Schritte voneinander entfernt. Der Verein „Gedenkstätte für Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft, Braunschweiger Friedhöfe“, ein Kooperationspartner des Volksbunds, hat einen mustergültigen „Friedenspfad“ ausgearbeitet, der die verschiedenen Gräberfelder miteinander verbindet.

Bildungsreferent Dr. Rainer Bendick suchte mit den Referendarinnen und Referendaren einzelne dieser Kriegsgräber auf und besprach die Möglichkeiten, wie diese Gräber als außerschulische Lernorte den Geschichtsunterricht bereichern können. Schnell wurde klar, dass ein Kriegsgrab der Ort ist, an dem Wissen für Schülerinnen und Schüler nicht mehr irgendein abstrakter Lernstoff ist, sondern greifbar und konkret wird. Hier können sie lernen es anzuwenden und zwar außerhalb des Klassenraums im echten Leben. Die mehreren hundert Kreuze, die an die Braunschweiger Bürger erinnern, die den Bombenangriffen 1944 zum Opfer fielen, schaffen ein Bewusstsein für das Leid und Elend, das Krieg über die Zivilbevölkerung bringt. Sie machen nachvollziehbar, warum wir heute in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht Kriegsflüchtlinge in unserem Land aufnehmen. Ähnliche aktuelle Botschaften vermitteln die zahlreichen Gräber der Demokraten und Antifaschisten, die von den Nationalsozialisten ermordet wurden. Heute garantiert das Grundgesetz Menschen, die politisch verfolgt werden, Asyl in unserem Land, damit ihr Leben nicht so endet, wie das der deutschen Gegner des Nationalsozialismus.

Auf der Friedhofsanlage an der Helmstedter Straße zeigte sich eines sehr klar: Didaktische Szenarien, die vom Kriegsgrab ausgehen, können den aktuellen Versuchen, die Zeit der nationalsozialistischen Diktatur zu relativieren, entgegenwirken. Sie können unsere Schülerinnen und Schüler befähigen, den immer öfter zu hörenden Plädoyers für eine menschenverachtende Politik, mit Argumenten entgegenzutreten. Was will erfolgreicher Geschichtsunterricht mehr erreichen? Den Braunschweiger Referendarinnen und Referendaren wurde deutlich, dass Kriegsgräber keine Relikte der Vergangenheit sind, sondern Lernorte, die junge Menschen sensibilisieren für den Wert von Frieden, von Menschenrechten, von Demokratie – und genauso beschreibt der Volksbund in der „Göttinger Erklärung“ seine Tätigkeit: „Sie ist darauf ausgerichtet ein Lernen für die Zukunft zu ermöglichen und zu fördern.“

Text: Dr. Rainer Bendick
Fotos: Volksbund

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