Reportage
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Gemeinsames Erinnern
Gedenkstunde auf der Kriegsgräberstätte Metz
Der ehemalige Garnisonsfriedhof auf der Moselinsel Chambière in Metz eignet sich gut für ein Totengedenken, das nicht in den nationalen Bahnen verharrt, sondern die Erinnerung an die Kriege der Vergangenheit aus europäischer Perspektive gestaltet. Hier ruhen Kriegstote aus fast ganz Europa: deutsche, französische, britische, italienische, russische, österreichische, ungarische und belgische Opfer des Krieges 1870/71, des Ersten und des Zweiten Weltkrieges. Dieser Friedhof ist wie geschaffen für gemeinsames Erinnern und für ein Nachdenken über historische Zusammenhänge von 1870 bis heute.
Somit lag es nahe, dass der Volksbund in Zusammenarbeit mit seinem französischen Pendant, dem Souvenir Français, und der Stadtverwaltung Metz am 2. August an diesem Ort zu einer Auftaktveranstaltung einlud, die dem Beginn des Ersten Weltkrieges vor hundert Jahren gewidmet war.
Viele waren gekommen: die deutsche Botschafterin in Frankreich, ein Botschaftsrat der russischen Botschaft, der Präsident des Österreichischen Schwarzen Kreuzes, die Generaldirektorin des französischen Amtes für Veteranen und Kriegsopfer (ONACVG), mehrere Mitglieder des Volksbund-Vorstandes, Abordnungen der französischer Armee und der Bundeswehr, das Musikkorps der Bundeswehr aus Siegburg, eine Reservistenvereinigung aus der Eifel, rund 40 französische Fahnenträger und Reisegruppen aus dem Saarland, aus Bayern und Baden-Württemberg.
Deutsch-Französische Versöhnung
André Masius, der Vorsitzende des Souvenir Français in Metz, lobte die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Volksbund und erinnerte an Eckhard Holtz, den früheren Leiter der Volksbund-Geschäftsstelle in Metz, mit dem er 2004 erstmals einen gemeinsamen Kranz auf dem Friedhof in Chambière niederlegte.
Botschafterin Dr. Susanne Wasum-Rainer lobte die deutsch-französische Freundschaft: "Die Versöhnung, die unseren Ländern gelungen ist, hat nicht nur unser Leben bereichert, sondern ist der Kern des Friedens unseres Kontinentes." Sie sei das wichtigste Ereignis des 20. Jahrhunderts in Europa.
Der Präsident des Volksbundes machte darauf aufmerksam, dass gemeinsames Erinnern noch immer keine Selbstverständlichkeit ist. "Nur wenn wir uns jeweils die eigenen Geschichten erzählen, so wie vor wenigen Wochen in der Normandie und in diesen Tagen hier in Lothringen, im Elsass und in Belgien, kann gemeinsames Erinnern weiter wachsen", sagte er. Dabei dürften wir nicht vergessen, dass auch im Osten viele Menschen den Tod fanden und von den Schrecken des Krieges heimgesucht wurden.
Krieg in Europa
Die Europäische Union sei die "Gestalt gewordene Lehre aus den Schrecken des letzten Jahrhunderts". Dennoch gebe es wieder Krieg in Europa. "Wir erleben einen nicht erklärten Krieg in der Ostukraine - und sind wie gelähmt." Solidarität und Verantwortung seien jedoch in dieser Situation notwendig. "Hier sind unsere Regierungen genauso wie wir als Bürger Europas gefordert", mahnte der Präsident des Volksbundes.
Als zum Abschluss der Gedenkstunde das Musikkorps die Hymnen der vertretenen Nationen spielte, war dies gleichsam das musikalische Ausrufezeichen hinter dem Willen zur internationalen Gemeinsamkeit.
Ganz gelockert war dann auch die Atmosphäre vor dem Rathaus von Metz. Das Platzkonzert des Musikkorps der Bundeswehr lockte zahlreiche Einwohner und Touristen an, die vom samstäglichen Markt herüberkamen und den Musikern in deutscher Uniform applaudierten. Währenddessen zeigte die Stadtverwaltung im Rathausfoyer eine Ausstellung mit Fotografien aus dem Krieg vor hundert Jahren, und die Philatelisten brachten die ersten Exemplare einer Sonderbriefmarke der französischen Post an den Mann. Thema wie fast überall in diesen Tagen: der Erste Weltkrieg.
Text: Fritz Kirchmeier