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Am 8. Mai ist auch die Freiheit der Ukraine Thema

Berlins neuer Bürgermeister erinnert gemeinsam mit dem Volksbund ans Kriegsende vor 78 Jahren

Mit Kranzniederlegungen an Berliner Gedenkstätten hat der Volksbund anlässlich des 8. Mai aller Opfer von Krieg und Gewalt gedacht und zum Frieden gemahnt. Starke Polizeikräfte sicherten die sowjetischen Gedenkstätten ab. Von einem normalen Gedenken konnte in Zeiten des russischen Angriffskrieges keine Rede sein.
 

Wolkenloser Himmel, strahlende Sonne in der Bundeshauptstadt. Vor 78 Jahren endete der Zweite Weltkrieg – doch ein friedlicher Verlauf der Gedenkveranstaltungen gilt an diesem Tag als unwahrscheinlich. Deshalb soll ein hohes Polizeiaufgebot mit mehr als 1.500 Einsatzkräften die sowjetischen Gedenkstätten absichern. Eine Radiodurchsage verkündet mögliche Störungen des Gedenktages durch sogenannte „Nachtwölfe“, eine Putin-nahe Rockergruppe. Russische Flaggen dürfen nicht gezeigt werden.

Vor dem Gebäude der ukrainischen Botschaft in der Albrechtstraße liegt ein 60 Zentimeter großes Gesteck mit gelben und blauen Blumen, an ihm ist eine Schleife befestigt. „Den Toten des Krieges“ steht darauf. Abgelegt hat es schon am Morgen der Generalsekretär des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Dirk Backen, der sich still vor dem Kranz verneigt. Neben ihm steht der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev.

Für den 8. Mai, dem Jahrestag des Kriegsendes, ist dies nichts Ungewöhnliches. Anders ist jedoch, dass heute der Opfer des Zweiten Weltkrieges gedacht wird, während aktuell – noch immer – ein Krieg in Europa tobt. „Aus der Geschichte resultiert gerade für Deutschland eine besondere Verpflichtung, für die Freiheit der Ukraine einzustehen“, sagt Backen.  

Normalerweise würde die ukrainische Botschaft an diesem Tag zu einer Kranzniederlegung am Sowjetischen Ehrenmal in der Straße des 17. Juni einladen.  Aber die Botschaft hat sich entschieden, dieses Mal nur an der Neuen Wache still einen Kranz niederzulegen.

Gedenken des Kontrastes

Alles andere als still gestaltet sich die Kranzniederlegung der Französischen Botschaft in der Julius-Leber-Kaserne, organisiert vom Landeskommando Berlin. Vertreten sind Botschafter François Delattre, der Verteidigungs- und Heeresattaché Generalmajor Jean-Pierre Metz sowie der Kommandeur des Landeskommandos Berlin, Brigadegeneral Jürgen Uchtmann.  

Für General Uchtmann ist der 8. Mai nicht nur der Tag der Kapitulation, sondern „ein Tag des Aufbruchs“. Sein Statement zielt auf die deutsch-französische Freundschaft: „Aufbruch dahingehend, dass wir mit unseren französischen Kameraden hier vor Ort Versöhnung über den Gräbern nicht nur praktizieren, sondern auch schwören, dass so etwas nie wieder passieren darf. Dass wir Schulter an Schulter die Dinge bekämpfen, die unsere Demokratie und Wertegesellschaft in Fragen stellen.“

Zum Videostatement von Brigadegeneral Jürgen Uchtmann.

Auch Generalmajor Metz mahnte deutlich zum Frieden: „Erinnern wir uns an das vergossene Blut: Es war der Preis für unsere Freiheit. Sterben, damit andere frei leben können: Das war der exorbitante Preis, den über zehn Millionen alliierte Soldaten gezahlt haben. Ein Preis, der damals wie heute mit jedem Verzicht steigt, immer dann, wenn wir unsere Vergangenheit vergessen.“

Keine Bühne für Nachtwölfe

„Es ist kein normales Gedenken“, betont Wolfgang Wieland, Vize-Präsident des Volksbundes in einem Interview, während er am Sowjetischen Ehrenmal in Berlin-Pankow steht. Gemeinsam mit dem regierenden Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner, mit Senatorin Franziska Giffey und Generalsekretär Dirk Backen legt er bei einem stillen Gedenken einen Kranz des Volksbundes nieder.

Am Volkstrauertag standen noch vor wenigen Jahren Delegationen und zahlreiche Besucher aus der Ukraine, Belarus und der Russischen Föderation gemeinsam vor dem Ehrenmal, um der sowjetischen Kriegsopfer zu gedenken. Auch wenn das nicht immer einfach war, erinnert sich Wieland. „Schon 2014 war es schwierig, ein gemeinsames Gedenken mit Ukrainern und Russen zu veranstalten, aber es gab in dem Sinne keine Störungen.“

Anders und problematischer sei es heute: Insbesondere das Gedenken in Treptow und das Gedenken am Ehrenmal in der Straße des 17. Juni seien durch russische Rockerclubs wie die „Nachtwölfe“ und aktive Befürworter des Angriffskrieges gegen die Ukraine unmöglich gemacht worden, sodass diese Form des stillen Gedenkens notwendig war. „Wir hoffen nicht, dass das in Zukunft so sein und bleiben wird.“ 

Zum Videostatement von Vize-Präsident Wolfgang Wieland
 

 

Zeichen menschlichen Anstands

Die Toten, die Opfer sind nicht vergessen. Sie mahnen uns zum Frieden. Das betont auch Berlins neuer Regierender Bürgermeister Kai Wegner in seinem Statement: „Gerade an diesem Ort wird deutlich, wie schrecklich Kriege sind. Wir, meine Generation, können dankbar sein, keinen Krieg in Deutschland erlebt zu haben. (...) Es ist wichtig, alles dafür zu tun, dass Kriege beendet werden, auch der in der Ukraine.“

Zum Videostatement von Kai Wegner

Für Wolfgang Wieland ist das Gedenken stets eine Mahnung für den Frieden gewesen. Es gehe dabei nicht ausschließlich um die Gefallenen, sondern auch um ihre Mütter, um die Witwen. „Wer durch die Länder Ukraine, Russland, Weißrussland gereist ist, weiß, wie lebendig das Gedenken an die Gefallenen des Zweiten Weltkrieges ist. Jedes Brautpaar geht mit der Hochzeitsgesellschaft zum Kriegerdenkmal, weil immer irgendjemand fehlt in der Familie.“

Der Volksbund arbeitet daraufhin, „dass wir in nicht allzu ferner Zukunft hier wieder ganz normal mit der Berliner Bevölkerung, mit Ukrainerinnen und Ukrainern, mit Russinnen und Russen stehen können und werden. Zurzeit verbietet der Krieg das“, sagt Wieland. „Wir haben unter diesen schwierigen Bedingungen denke ich heute in richtiger Weise der Opfer des verbrecherischen Zweiten Weltkrieges gedacht, ihrer Angehörigen und aller, die um sie trauern, auch heute noch.“

Eine Frage, die für viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer leider noch offen bleibt: Wann nur dürfen wir den Jahrestag zum Kriegsende in der Ukraine begehen? 

Lesetipp: Aktuelles über das Gedenken am 8./9. Mai in der Berliner Presse. 

 

Simone Schmid Referentin Kommunikation/Social Media