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„Täterschaft” im Unterricht: von Biographien und Kriegsgräbern

Volksbund-Seminar für Lehrkräfte macht Auseinandersetzung mit Nationalsozialismus an Schulen leichter

Die Dimension von Schuld und Verantwortung im Nationalsozialismus bleibt eine Herausforderung für den Unterricht, aber: Die Arbeit mit Biographien – am besten an historischen Orten wie Kriegsgräberstätten – macht das Thema greifbarer. Das war das Fazit eines dreitägigen Seminars, zu dem der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge Lehrkräfte aus ganz Deutschland nach Berlin eingeladen hatte.
 

„Die Frage, ob auch Täterinnen und Täter das Recht auf ein ewiges Kriegsgrab haben, wird gesamtgesellschaftlich immer wieder diskutiert“. Mit diesen Worten leitete die Berliner Bildungsgreferentin Anne-Susann Schanner auf dem ehemaligen Standortfriedhof, der Kriegsgräberstätte Lilienthalstraße, in die Thematik ein.
 

Wenig Zeit im Unterricht

Den Prototyp „Täter“ und den perfekten Umgang damit gibt es nicht – das machte auch der Meinungsaustausch unter den 20 Lehrerinnen und Lehrern deutlich. In der Bildungsarbeit muss das Thema vielschichtig betrachtet werden, eine schwarz-weiße Einordnung kommt oftmals nicht in Frage.

Bei nur wenigen Unterrichtsstunden für das Thema können Biographien sehr hilfreich sein. Auf der Kriegsgräberstätte Lilienthalstraße sind rund 6.000 Kriegstote begraben – darunter auch nationalsozialistische Täter. Ihre Gräber bieten gleich mehrere Anknüpfungspunkte für die Auseinandersetzung mit dieser Zeit.
 

Im „Haus der Wannseekonferenz”

Die pädagogischen Programme des Volksbundes auf Kriegsgräberstätten wie auch von Gedenkstätten sind eine ideale Ergänzung für den Unterricht. Das zeigte sich auch beim Besuch der Gedenk- und Bildungsstätte „Haus der Wannseekonferenz” – vor 80 Jahren ein Ort der Täter.

Bei einer Führung durch die neue Dauerausstellung und anschließender Diskussion plädierte Mitarbeiter Jan Beckmann für einen offenen Umgang mit verschiedenen Perspektiven. Er sprach sich auch für eine historische Arbeit mit Mut zum Hinterfragen aus – ein Ansatz, der für Lehrkräfte besonders wertvoll ist.
 

Historiker und Pädagoge gibt Impulse

Drei Tage dauerte das Volksbund-Seminar, das der Fachbereich „Friedenspädagogisches Arbeiten an Schulen und Hochschulen“ angeboten hatte. Im Mittelpunkt stand das Thema Täterschaft während des Nationalsozialismus und der heutige Umgang damit.

Mit einem praktischen Blick auf Chancen und Herausforderungen des Themas in der Bildungsarbeit diskutierte die Gruppe Fragen zur Bewertung von Schuld und Verantwortung. Einen Impuls bot Dr. Matthias Heyl, Historiker und Pädagoge.
 

Erfahrungen aus Ravensbrück

Mit großem Gespür für die spezifischen Aspekte, die Lehrkräfte während ihres Unterrichts beschäftigen, berichtete Heyl aus jahrelanger Erfahrung als Leiter der Bildungsarbeit an der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück.

Wie ließ sich Täterschaft in der NS-Gesellschaft verordnen und wie geht man mit Fällen um, bei der sich Verantwortung und Schuld nicht eindeutig zuordnen lassen? Diese und weitere Fragen thematisierte er beim Austausch mit den Lehrkräften.
 

Neues Bildungspaket mit Ausstellung

Zahlreiche Anknüpfungspunkte zeigten sich auch beim neuen Bildungspaket des Volksbundes „Helden, Täter, Opfer – Biographien der Weltkriege“. Die Gruppe lernte die Schulausstellung und die Handreichung mit Unterrichtsideen dazu kennen.

Auch der Austausch untereinander zur Arbeit mit Täterbiographien war wertvoll. Fazit: Lebensbilder machen das Thema greifbarer. Die gesamtgesellschaftliche Dimension der Schuld und Verantwortung in der NS-Zeit bleibt eine Herausforderung für den Unterricht.

Text:
Dr. Vasco Kretschmann, Leiter des Fachbereichs Schulen und Hochschulen
Johanna Knoop, Bildungsreferentin im Bezirksverband Weser-Ems
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