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„Tag für Tag Brücken des Dialogs und der Freundschaft bauen“

Zentrale Gedenkstunde am Volkstrauertag: Rumäniens Präsident Klaus Werner Iohannis hält Plädoyer für Europa

„Um den heutigen Bedrohungen zu begegnen, benötigen wir eine stärkere und solidarischere Europäische Union, die den Herausforderungen der Zukunft gewachsen ist”, sagte Rumäniens Präsident Klaus Werner Iohannis bei der zentralen Gedenkstunde am Volkstrauertag. Wolfgang Schneiderhan, Präsident des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V., begrüßte ihn als Gastredner im Bundestag. Das ZDF übertrug live.
 

Iohannis erinnerte auf Deutsch an die rumänische Revolution von 1989, die mit großem Leid, aber auch mit viel Hoffnung die Rückkehr seines Landes „in die große Familie der europäischen Demokratien” ermöglicht habe. Aber: Rumänien habe auch „frühzeitig vor den Risiken durch aggressive Diktaturen wie das russische Regime gewarnt”.
 

Für starke Beteiligung Deutschlands

Der Präsident sprach sich deutlich für einen Beitritt der Ukraine und auch der Republik Moldau in die EU aus. „Es liegt an uns allen, den Beitrittsprozess aktiv aufrechtzuerhalten (…), von dem wir alle profitieren”, sagte der nationalliberale Politiker. Er betonte, dass er weiterhin mit einer starken Beteiligung Deutschlands bei der Bewältigung der aktuellen Herausforderungen in Europa rechne.

„Wir sind bereit, mit Deutschland zusammenzuarbeiten, um die Europäische Union zu stärken und dafür zu sorgen, dass Freiheit und Demokratie sowohl in der Nachbarschaft als auch weltweit geschützt und akzeptiert werden”, sagte der Gast aus Rumänien.
 

„Der heutige Volkstrauertag mahnt uns auch, die Herausforderungen und Bedrohungen unserer Zeit zu bedenken – vielleicht die beunruhigendsten seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges.“

Klaus Werner Iohannis, Präsident Rumäniens

Die deutsch-rumänische Freundschaft sei nie enger und intensiver gewesen als heute, bekräftigte der 65-Jährige und verwies auf die enge gemeinsame Geschichte und auf diplomatische Beziehungen seit 1880. Rumänien sei heute ein Land, in dem die deutsche Minderheit – zu der auch Iohannis als Siebenbürger Sachse gehört – sowie alle anderen der vielen ethnischen Minderheiten gestützt würden.
 

Beide Länder profitieren voneinander

So wie die Deutschen in Rumänien zum Aufbau des modernen Regimes beigetragen hätten, trügen heute auch die fast eine Million Rumänen in Deutschland zum Wohlstand bei. „Die Bürger unserer Länder bauen Tag für Tag Brücken des Dialogs und der Freundschaft”, sagte der Redner.

Er schätze das Engagement Deutschlands, jungen Menschen die Geschichte nahezubringen, ergänzte Iohannis mit Blick auf die Volksbund-Jugendarbeit und sprach von der „Pflicht zur Erinnerung und zur Gerechtigkeit”. Sie zu vermitteln sei der einzige Weg, „wie wir den Aufbau einer besseren Zukunft sicherstellen können, ohne die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen!” (vollständige Rede)

„Er greift an, wenn wir unachtsam sind”

Erinnerung wachhalten – das war auch die zentrale Botschaft der vier jungen Frauen, die ebenfalls im Bundestag zu Wort kamen. „Totalitarismus entsteht nicht aus dem Nichts”, sagte Raisa Manolescu. Die Rumänin sprach von einem Prozess, einer Spannung, die sich einschleiche, das Vertrauen in die Demokratie nehme und zu Passivität führe. Totalitarismus „greift an, wenn wir unachtsam sind.” 

„Ich gehöre zu der Generation, die glaubte, dass Frieden und Demokratie selbstverständlich sind”, sagte die 22-Jährige – eine Illusion angesichts des Krieges in der Ukraine und die größte Gefahr für Frieden und Demokratie. Die Volksbund-Projekte, die sie als Teilnehmerin und Teamerin erlebt hat, hätten ihr Hoffnung auf einen kollektiven Heilungsprozess gegeben, „an dem meine Generation einen Anteil haben wird.” (vollständige Rede)

„Gedenken gehört uns allen”

Aurelia Codruța Vârlan erzählte von ihrem Großvater, der Soldat an der Ostfront und Kriegsgefanger gewesen war und nicht über seine Erlebnisse sprechen konnte. „Für viele hört der Schmerz des Krieges nicht auf, wenn der Konflikt vorbei ist”, sagte die 24-Jährige Rumänin. Das Schweigen nach dem Krieg könne fast so verheerend sein wie der Krieg selbst.

Das Volksbund-Projekt PEACE LINE habe ihr die Möglichkeit gegeben, dieses Schweigen zu erforschen – an Orten wie Riga und Danzig und im Gespräch mit Zeitzeugen. Ihr Erkenntnis: Das wahre Bild der Vergangenheit liege in der Komplexität – auch in den Millionen von Leben, die für immer verändert wurde. Das Gedenken sei darum nicht den Mächtigen oder Berühmten vorbehalten: „Es gehört uns allen.” (vollständige Rede)

Der Krieg auf einmal ganz nah

Für Imke Scholle zeigt ihr „Herzensprojekt”, wie wichtig die Volksbund-Arbeit gerade jetzt ist: Als Teamerin betreut sie ein Workcamp mit deutschen, polnischen und ukrainischen Jugendlichen. Die bange Frage vorher: Lassen sich Kinder und Jugendliche mit aktueller Kriegserfahrung integrieren und wie reagieren die anderen, wenn sie von ihren Erfahrungen berichten?

Für die einen ließ das Projekt die Realität des Krieges näher rücken, für die anderen gewährte es wohltuenden Abstand. Die Zeit auf Usedom sei für die ukrainische Gruppe eine Zeit ohne Angst vor Bomben gewesen, eine „unbeschwerte” Zeit. „Ich bin froh, dazu beitragen und daran teilhaben zu dürfen,” sagte die 28-Jährige. (vollständige Rede)

„Privileg und Pflicht zugleich”

Für Katharina Eckstein ist ihre Großmutter ein Vorbild, die nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in ihrer Heimat half, Soldaten zu begraben, und ihr Andenken zeitlebens pflegte. Dieses mahnende Gedenken will die junge Frau lebendig halten und weitergeben. Symbol dafür ist die „Flamme der Erinnerung”, die sie zusammen mit anderen im Sommer zu „80 Jahre D-Day” von Aachen nach Bayeux getragen hatte. 

„Wir erhellten die dunklen Schatten der Vergangenheit mit unserem Licht”, sagte die 25-Jährige. Als Kriegsenkelin und Engagierte im Volksbund sei es ihr Privileg und Pflicht zugleich, „die Flamme der Erinnerung weiterzutragen, damit sie nicht erlischt!” (vollständige Rede)

Dank für Versöhnung nach dem Krieg

In seiner Begrüßung hatte Volksbund-Präsident Wolfgang Schneiderhan zunächst die Kriegstoten dieser Tage in der Ukraine in den Fokus gerückt – Tote auf beiden Seiten, denn auch um die russischen Soldaten als „Teil der brutalen Militärmaschinerie” trauerten Familien. Und er erinnerte an das unvorstellbare Leid, das der deutsche Angriffskrieg ab 1939 über Millionen von Menschen gebracht hatte.

Schneiderhan bekräftige den Dank für die Bereitschaft der Nachbarn, den Deutschen nach 1945 die Hand zur Versöhnung zu reichen – „wir sehen das als Verpflichtung, uns mit aller Kraft für ein friedliches und demokratisches Europa einzusetzen”, sagte er.

Blick zurück auf die Weimarer Republik

„Wir wissen, wie wichtig das ist, denn wir haben in Deutschland in den 1920er und 1930er Jahren beobachten müssen, wie die Verächtlichmachung der Demokratie, ihr Abwürgen durch extremistische Kräfte den Krieg zuerst im Denken und Reden und dann im militärischen handeln möglich gemacht hat”, betonte der Volksbund-Präsident.

Wer den Frieden wolle, müsse daher die Demokratie stärken. Versöhnung, Austausch, Verständnis und Akzeptanz, Vorurteilsfreiheit und Zusammenarbeit nannte der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr als zentrale Punkte dabei und dankte Iohannis für sein Engagement und das seiner Landsleute.
 

„Opfer müssen uns Ansporn sein”

„Die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft  müssen uns Ansporn sein – zu Hause genauso wie überall in Europa. Das sind wir den Gefallenen und Ermordeten schuldig”, schloss Schneiderhan (vollständige Rede).

Außer dem rumänischen Präsidenten und seiner Frau sowie Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte Schneiderhan weitere Ehrengäste begrüßt. Zu ihnen zählten Bärbel Bas als Präsidentin des Bundestages, Anke Rehlinger als Präsidentin des Bundesrats, Verteidigungsminister Boris Pistorius und Doris König, die Vizepräsidentin des Bundesverfassungsgerichts.
 

Internationale Gäste

Schneiderhan hieß auch Mitglieder des Diplomatischen Korps, der Bundesregierung und des Bundestages, der Landesregierungen und Länderparlamente und die Wehrbeauftragte des Bundestages, Dr. Eva Högl, willkommen sowie Vertreterinnen und Vertreter der Bundeswehr und des Reservistenverbandes, Repräsentanten der Glaubensgemeinschaften und der Volksbund- Partnerorganisationen aus dem In- und Ausland.

Das Totengedenken sprach Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Auf eine Gedenkminute folgten das deutsche und das rumänische Totensignal, bevor die Europahymne und die Nationalhymen zum Abschluss der zentralen Gedenkstunde im Bundestag erklangen.

Interview mit jungen Rumäninnen

Aurelia Codruța Vârlan und Raisa Manolescu hatten dem Volksbund vorab ein Interview gegeben. Außerdem waren der zentralen Gedenkstunde im Bundestag etliche Veranstaltungen vorausgegangen:

„Botschaft, die aus jedem einzelnen Kriegsgrab dröhnt"

„Wald der Erinnerung“: Ein Platz, um Frieden zu finden

Gemeinsam erinnern: vom Remembrance Sunday bis Volkstrauertag

Gedenken auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee
 

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… ein gemeinnütziger Verein, der im Auftrag der Bundesregierung Kriegstote im Ausland sucht, birgt und würdig bestattet. Fast 12.000 waren es im vergangenen Jahr. Der Volksbund pflegt ihre Gräber in 45 Ländern und betreut Angehörige. Mit seinen Jugend- und Bildungsangeboten erreicht er jährlich rund 38.000 junge Menschen. Der Volksbund ist dringend auf Spenden und Mitgliedsbeiträge angewiesen.

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