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Ge(h)denken – im Teutoburger Wald!

Eine Wanderung in Erinnerung an die letzten Kriegstage im Jahre 1945

Hörstel / Ibbenbüren. Der Teutoburger Wald erstreckt sich über 100 km vom Tecklenburger Land im Westen in südöstlicher Richtung bis Horn-Bad Meinberg durch das heutige Nordrhein-Westfalen und Teile Niedersachsens. Im Frühjahr 1945 sollten deutsche Soldaten entlang dieses Gebirgszugs die anrückenden britischen Truppen aufhalten. Die Folgen findet man noch heute: viele kleinere Soldatenfriedhöfe in Tälern und auf Höhen des Waldes. Drei davon waren Ziel einer geführten Wanderung, die der Einheimische Dietmar Lang gemeinsam mit dem Volksbund NRW im Rahmen seiner Veranstaltungsreihe „Ge(h)denken – Monat des Kriegsgrabs im September 2025“ anbot. 

15 Personen kann Dietmar Lang am Sonntag, dem 14. September 2025, dem „Tag des offenen Denkmals“, am Soldatenfriedhof im Brumleytal begrüßen. Darunter ein Freundeskreis, der sich regelmäßig zum Wandern trifft, und eine Familie – Großvater (über 90 Jahre alt), Vater, Mutter, Enkelsohn (18 Jahre alt). Nach einer Einführung berichtet Dietmar Lang über die Gründe, die zur Entstehung des Friedhofs geführt haben. Er liest aus dem Bericht einer Zeitzeugin. Sie hatte als Kind erlebt, wie am Ostersonntag 1945 britische und deutsche Soldaten heftig einander bekämpften. Der Friedhof liegt in beeindruckender Hanglage; mehrere Gräberreihen mit insgesamt 42 Gräbern ziehen sich wie Theaterränge den Hang hinauf, überragt durch ein Hochkreuz.

Über Waldwege, bergauf und bergab, führt Dietmar Lang die Gruppe. An diesem Sonntag ist der Wald belebt: Andere Wanderer und Mountainbiker kreuzen den Weg der Gruppe. Auch manch niederländisches Wort ist zu vernehmen. Fast hätte die Spitze der Gruppe den nächsten Halt übersehen, so versteckt liegt der nächste Friedhof. Hier am Nordhang des Gebirgszuges, hinter einer Hecke, am Waldrand, sind um ein Hochkreuz herum 130 Grabsteine angeordnet. Häufig liest man den Jahrgang 1927 und kann leicht errechnen, wie jung die Männer waren, die hier starben. Wieder zitiert Dietmar Lang aus dem Bericht eines Zeitzeugen. Zwanzig Jahre nach den Kämpfen hatte dieser seine Erinnerungen zu Papier gebracht. Dennoch schildert er eindringlich die Härte, mit der sich deutsche und britische Soldaten nur wenige Wochen vor Kriegsende bekämpften.

Weiter führt der Weg durch den Wald und endet vorläufig an einer Wegkreuzung. Eingefriedet von einer Hecke liegen hier 29 Gräber, darunter ebenfalls von sehr jungen Männern. Der kleine Friedhof liegt unweit der „Almhütte“, eines Gebäudes, das bereits im Zweiten Weltkrieg von einer Familie bewohnt war und Ostern 1945 zwischen die Fronten geraten war. In einer Grotte versteckt, hatte die Familie während der Kämpfe ausgeharrt und verwundete deutsche Soldaten versorgt. Ein Familienmitglied, damals eine junge Frau, hat viele Jahre nach dem Krieg ihre Erlebnisse aufgeschrieben. Ihr Bericht verdeutlicht trotz des Zeitabstands eindrücklich die Dramatik der Kämpfe und die Angst, die die Familie empfunden hatte.

Nach einer Einkehr in der „Almhütte“ setzt die Gruppe ihrer Wanderung fort, entlang der zerklüfteten Felsformation der „Dörenther Klippen“ und durch schmale Hohlwege. Nach insgesamt zehn Kilometern und knapp vier Stunden endet die Tour, wo sie begonnen hat: am Soldatenfriedhof im Brumleytal bei Hörstel. Dort empfängt eine Zeitzeugin die Gruppe: Die rüstige Dame, Jahrgang 1939, hat lebendige Erinnerungen an die Ostertage 1945. Sie berichtet vom Einmarsch der britischen Soldaten und von den anschließenden Kämpfen zwischen Deutschen und Briten.

Achtzig Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges erinnern die Gräber der Toten an das dramatische Ende des Zweiten Weltkrieges. Obwohl mitten im Wald gelegen, liegen diese drei hervorragend gepflegten Friedhöfe direkt an belebten Wanderwegen. Informationstafeln des Volksbundes erläutern ihre historischen Hintergründe. Die Grabsteine lassen einen innehalten. Und dennoch bedarf es weiterer Informationen, um die grausamen Umstände erfahrbar zu machen, die zum Tod dieser Menschen führte. Dietmar Lang ist dies mit Hilfe der Zeitzeugenberichte gelungen. Ein Unbekannter hat eine weitere Botschaft auf den Rahmen einer Info-Tafel gekritzelt: „Nie wieder Krieg!“ Möge er erhört werden. 

Halbzeit für den “Monat des Kriegsgrabs im September 2025” Einige interessante Veranstaltungen - nicht nur zu Fuß - folgen noch… Zum Programm geht's hier.

Text und Bilder: Stefan Schmidt