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Ausstellung Niederbronn: „Sensationell in Vielfalt und Umsetzung“

Feierliche Eröffnung im Elsass mit Bundesminister a.D. Dr. Theo Waigel und weiteren Angehörigen

20 Namen werden bei der Eröffnung der neuen Dauerausstellung auf der Kriegsgräberstätte Niederbronn-les-Bains verlesen. 20 von 15.458 Toten, die an diesem Ort im Elsass begraben sind, hat der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge ausgewählt – denn ihre Angehörigen sind angereist, um dabei zu sein. Dr. Theo Waigel, der frühere Bundesfinanzminister, ist einer von ihnen. Er ist der Hauptredner an diesem Tag.
 

„Ohne den Volksbund wüsste ich nicht, wo mein Bruder begraben liegt, sein Leben und seine Zeugnisse würden nicht Teil einer Ausstellung sein, die dem Frieden der Menschen und der Völker dienen soll“, sagt Dr. Theo Waigel. Die Biographie von August Waigel ist jetzt in Niederbronn nachgezeichnet – als eine von sieben, die die grausamen Folgen des Krieges greifbar machen.
 

Suche nach dem Grab endete 1993

Dr. Theo Waigel berichtet von der Suche nach dem Grab, die erst 1993 mit Hilfe des Volksbundes zum Ziel führte. Und er erzählt von seinem ersten Besuch dort im selben Jahr, als der Grundstein für die benachbarte Jugendbegegnungsstätte gelegt wurde.

Das Schicksal seines Bruders stehe „für viele Millionen junger Menschen, die Opfer von Kriegen und Vernichtung wurden. Doch Friede ist möglich, wie es das Beispiel dieser Begegnungsstätte und die Beziehung zwischen Frankreich und Deutschland erweist“, sagt Waigel.

Dann schlägt er den Bogen zur Situation heute: „In unseren Tagen gibt es wieder Krieg in Europa. Das tapfere Volk der Ukraine setzt sich gegen einen völkerrechtswidrigen Angriff Russlands zur Wehr. Unser europäischer Beitrag besteht darin, die Ukraine bei der Verteidigung ihrer Souveränität und ihrer Demokratie mit allen gebotenen Mitteln zu unterstützen.“

„Dieser Tag wäre ein Feiertag gewesen“

Auch Susanne Abel hört den Namen eines Angehörigen: Wilhelm Abel, ihr Großvater, ist in Niederbronn begraben und auch seine Biographie ist in der Ausstellung nachgezeichnet. „Sie ist sensationell in ihrer Vielfalt und in der Umsetzung“, sagt die Regisseurin und Autorin. „Ich bin dankbar, dass das Leben meines Großvaters auf diese Art und Weise gewürdigt wird. Mein Vater hat ihn sein Leben lang vermisst. Dieser Tag wäre für ihn ein Feiertag gewesen.“

Bei der Gedenkstunde sitzt sie neben Ellen Akimoto, Großnichte des US-Soldaten Victor Akimoto. Auch seine Lebensgeschichte ist nacherzählt. Sein Biograph, Matthew Elms, ist aus Singapur angereist, um heute dabei zu sein.

Handlungsspielräume des Einzelnen

Richard Reisinger, Volksbund-Vizepräsident, hält die Gedenkrede: „Mit dem Aussterben der Erlebnisgeneration müssen wir zunehmend erklären, warum wir Kriegsgräberstätten erhalten und pflegen und welch wichtige Rolle sie in der Auseinandersetzung um die Vergangenheit haben“, sagt er.

Deshalb gestalte der Volksbund ausgewählte Kriegsgräberstätten mit Ausstellungen zu Orten der Erinnerung und Lernorten der Geschichte um, unterstützt vom Auswärtigen Amt. Biographien spielten dabei eine besondere Rolle: Sie sollen zeigen, welche Handlungsspielräume der Einzelne hatte und wie er ums Leben gekommen ist. Darüber wolle der Volksbund Menschen miteinander ins Gespräch bringen, so Reisinger.

„Sie leisten wahre Friedensarbeit“

Marianne Therre-Mano, Konsulin der Bundesrepublik Deutschland, dankt den Volksbund-Vertretern und nennt die Jugendarbeit eine seiner zentralen Aufgaben. „Sie tragen ganz wesentlich zur Völkerverständigung bei. Sie leisten mit Ihrer Gedächtnisarbeit wahre Friedensarbeit. Und dieser kommt in unseren Tagen eine ganz besondere Bedeutung zu.“

Ein „wunderbares pädagogisches Instrument in Deutsch, Englisch und Französisch“ nennt die Bürgermeisterin von Niederbronn, Anne Guillier, die Ausstellung. Zusammen mit Jugendbegegnungsstätte und Soldatenfriedhof schaffe sie eine „wunderbare Möglichkeit, nicht nur die Lektionen der Geschichte zu lernen, sondern auch den Geist für Toleranz und Respekt über Unterschiede hinweg zu öffnen, um eine echte Zukunft aufzubauen.“

Konzept mit Dreiklang

Drei Schwerpunkte setzt die multimediale Schau: „Menschen“, „Krieg“ und „Friedhof“ sind sie überschrieben. Peter Wellach von der Berliner Agentur „beier+wellach projekte“ stellt Konzeption und Umsetzung vor. Sein Dank gilt stellvertretend dem ehemaligen und langjährigen Leiter der Jugendbegegnungsstätte, Bernard Klein. „Ohne seine Beratung und kritische Durchsicht wäre die Tiefe der Darstellung nicht möglich gewesen.“

Musikalisches Highlight an diesem Tag ist „Fields of Gold“ von Sting, interpretiert von Corina Fuhrmann. Auf die Kranzniederlegungen, bei denen die Namen der 20 Toten verlesen werden, folgen Trompetenklänge: Patrick Kautzmann von der Militärgarnison Straßburg intoniert „Ich hatt‘ einen Kameraden“ und „Sonnerie aux morts“. Auch die deutsche und die französische Nationalhymne erklingen.

Als Moderatoren führen Alexandre de Bordelius (Frankreichbeauftragter des Volksbundes) und Maria von Gagern (Referentin für internationale Veranstaltungen) durchs Programm. Um sie scharen sich nach den Schlussworten die Angehörigen. Sie hat die Namen der 20 Toten verlesen, derer der Volksbund bei der Veranstaltung besonders gedenkt – ein überraschender und überaus bewegender Moment für sie alle an diesem Tag.
 

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Geschichten von Kriegstoten im Elsass – ausführliches Porträt der Ausstellung

Kriegsgräberstätte Niederbonn-les-Bains

„Es grüßt und küsst dich vielmals dein Vater“ – Biographie von Wilhelm Abel
 

Die Gräbersuche online

Der Volksbund finanziert seine Arbeit zum Großteil aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden. Die Gräbersuche online mit mehr als 4,8 Millionen Datensätzen kann weiterhelfen, wenn Schicksale noch ungeklärt oder Angehörigen Grablagen noch unbekannt sind. Die Datenbank wird laufend erweitert, denn noch immer findet der Volksbund Kriegstote und bettet sie um auf Kriegsgräberstätten.