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Volksbund-Ausstellung in Cheb: Schicksale im Fokus

Ehering und eine verzweifelte Suche auf Kriegsgräberstätte in Tschechien dokumentiert

Auf der Kriegsgräberstätte in Cheb (deutsch: Eger) hat der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge eine moderne Dauerausstellung eröffnet. In drei Kapiteln schlägt sie auf Deutsch, Tschechisch und Englisch an vielen Stellen den Bogen von der Vergangenheit zur Gegenwart. Wer sie besucht, lernt unter anderem die Schicksale von Jakob von Bargen und Werner Zoeller kennen.
 

Von den weitläufigen Grabreihen der deutschen Kriegsgräberstätte auf dem Gemeindefriedhof im tschechischen Cheb geht unmissverständlich die Mahnung zum Frieden aus. Zum Zeitpunkt der Eröffnung im Mai 2022 ist sie wichtiger denn je: Der Ukraine-Krieg ist das vorrangige Thema. In Cheb bietet die vom Auswärtigen Amt geförderte Ausstellung nebst zwei Außeninstallationen vor allem jungen Menschen einen leichteren Zugang zur Auseinandersetzung mit Krieg und seinen Folgen.
 

Krieg – Friedhof – Biographien

Das erste Kapitel „Krieg“ geht auf den historischen Kontext ein. Themen sind das Münchner Abkommen von 1938, in dem Großbritannien und Frankreich die Tschechoslowakei fallen ließen, sowie der Zweite Weltkrieg in Grundzügen.

Die Arbeit des Volksbundes in Tschechien und der Bau der Kriegsgräberstätte werden im Kapitel „Friedhof“ vorgestellt. Im Zentrum aber steht das dritte Kapitel: „Biographien“. Es zeichnet die Schicksale deutscher und tschechischer Gefallener sowie ziviler Kriegstoter nach und bietet damit möglichst viele verschiedene Perspektiven auf die Geschichte.
 

Jakob von Bargen und sein Schicksal

Wie wichtig die Volksbund-Arbeit nach wie vor ist, zeigt das Beispiel der Familie von Bargen. Bei der Eröffnung der Ausstellung am 7. Mai 2022 steht Dietrich von Bargen mit seiner Ehefrau vor einer Tafel. „Dort, auf dem Foto, das bin ich mit meinem Vater Jakob.“ Der Stabsoffizier war Oberst der Wehrmacht und wurde am letzten Tag des Krieges, am 8. Mai 1945 – vermutlich von tschechischen Milizen – in Kuttenberg (tschechisch: Kutná Hora) erschossen.

„Meine Mutter glaubte nicht daran, dass mein Vater wirklich gefallen ist“, berichtet der Sohn. Die vielen Anfragen von Erna von Bargen dokumentieren die verzweifelte Suche nach ihrem Ehemann. Obwohl ein Kamerad eine eidesstaatliche Versicherung abgegeben hatte – dass er mit eigenen Augen gesehen habe, wie Jakob von Bargen erschossen worden war –, hatte sie die Hoffnung nie aufgegeben.
 

Mehr als nur biographisches Material

2006 wurde sein Leichnam gefunden, exhumiert und in Cheb eingebettet. Die Umbetter fanden auch den Ehering und schickten ihn an Dietrich von Bargen. „Nach all den Jahren endlich Gewissheit“, sagt der Sohn, „auch wenn meine Mutter es nicht mehr erleben durfte, dass das Schicksal meines Vaters geklärt wurde. Ich bin dem Volksbund bis heute dankbar für seine Arbeit.“

Als er gefragt wurde, ob das Schicksal seiner Familie in der Ausstellung gezeigt werden dürfe, habe er ohne zu zögern zugestimmt. Feldpostbriefe, Fotos und Dokumente stellte er dem Projekt „Kriegsbiographien” zur Verfügung – und nicht nur das: An einer der Medienstationen ist ein Interview mit ihm zu hören.
 

Gräberoffizier Werner Zoeller

Auch Werner Zoeller ist ein Name, der womöglich im Gedächtnis bleibt. Der Unteroffizier war dreifacher Familienvater und gehörte zum Gräberdienst der Wehrmacht. Der war für die Bestattung der Gefallenen auf Feldfriedhöfen und die Dokumentation der Grablagen zuständig. Noch heute stützt sich der Volksbund bei der Suche nach Kriegstoten auf diese Aktenbestände.

Zoeller galt seit dem 11. Mai 1945 als vermisst. Erst 2004 gelang es – durch Zufall –, sein Schicksal zu klären, sodass auch sein Name jetzt in der Volksbund-Datenbank für die „Gräbersuche online” zu finden ist. Er ist seit 2010 auf der Kriegsgräberstätte Cheb bestattet. Sein Lebensweg ist anhand von Originaldokumenten nachgezeichnet.

Projekt „19für19“ fast abgeschlossen

Die vom Auswärtigen Amt geförderte Ausstellung ist eines der letzten Projekte, die zur Aktion „19für19“ gehören. Hierfür wählte der Volksbund 19 Kriegsgräberstätten in ganz Europa aus, die er mit Blick auf sein 100-jähriges Bestehen 2019 mit modernen Ausstellungen aufwertete. Sie tragen dazu bei, dass diese Anlagen nicht nur Orte der Trauer, des Gedenkens und der Begegnung, sondern in besonderer Weise Orte des Lernens sind.

Damit will der Volksbund vor allem Schulen ansprechen und seine Jugendbegegnungen unterstützen. In Cheb fanden in der Vergangenheit regelmäßig Workshops mit Jugendlichen aus ganz Europa statt.
 

Ausstellung täglich geöffnet

Cheb liegt rund fünf Kilometer von der deutsch-tschechischen Grenze entfernt. Die Kriegsgräberstätte auf dem Gemeindefriedhof ist ganzjährig geöffnet. Die Türen der Ausstellung im städtischen Friedhofsgebäude stehen täglich von 8 bis 15 Uhr offen. Voranmeldung bei der Stadtverwaltung Cheb wird empfohlen.

Text: Danny Chahbouni / Christiane Deuse
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