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Besuch aus Israel am Grab eines jüdischen Soldaten

Rafaël und Claudia de Levie fanden mit Volksbund-Hilfe Grabstätte eines Großonkels in St.-Étienne-à-Arnes

Die bewegende Geschichte der Familie de Levie steht symbolisch für viele deutsche Familien jüdischen Glaubens. In der Familie, so Rafaël de Levie, sei nicht viel darüber gesprochen worden. Doch seit er und seine Frau Claudia im Ruhestand sind, recherchieren sie die Familiengeschichte. Mit Hilfe des Volksbundes führte die Spurensuche auch an ein Grab im französischen St.-Étienne-à-Arnes.
 

Der Stammbaum der Familie lässt sich inzwischen bis ins Jahr 1000 zurückverfolgen. Mehr als 17.000 Namen von Familienangehörigen haben Claudia und Rafaël de Levie gefunden. Siegfried de Levie, Rafaëls Großonkel, ist einer von ihnen.
 

Mit 17 Jahren in den Krieg

Sein Vater, Hartog de Levie, war Viehhändler. Er lebte mit seiner Frau Alwine, vier Töchtern und zwei Söhnen in Jever. Siegfried zog als 17-Jähriger in den Ersten Weltkrieg. Seinen Namen findet man heute noch auf einer Gedenktafel im Mariengymnasium in Jever.

Auch den Namen von Siegfrieds Vetter, Siegmund de Levie, kann man auf dieser Tafel lesen. Geboren am 20. August 1891 in Jever, fiel auch er im Ersten Weltkrieg: am 30. März 1918. Er ist auf dem deutschen Soldatenfriedhof in Manicourt bestattet.
 

Wo und wann – das wusste niemand

Dass der jüngste Sohn, Siegfried, im Krieg gefallen und der ältere, Alfred – Rafaëls Großvater –, schwer verwundet worden waren, hatte Hartog schwer getroffen. Er starb 1923 in Bremen. Rafaëls Opa sagte nur, dass sein Bruder Siegfried während des Krieges gefallen sei. Wo und wann – das wusste niemand. Alfred wurde im Krieg verletzt. Er lebte Zeit seines Lebens mit einem Splitter im Kopf.

Eine Begebenheit aus dem Krieg aber erzählte er: Einmal habe er seine Gruppe retten können. Der Kommandant sei betrunken gewesen; da habe er ihn zur Seite gestoßen und das Kommando übernommen. Er habe für sich und seine Kameraden Schutz gefunden und damit seiner Gruppe gerettet.
 

Deportiert und ermordet

Die neuen nationalsozialistischen Machthaber würdigten die Opferbereitschaft ihrer jüdischen Mitbürger für „Kaiser und Vaterland“ nicht. Rafaëls Urgroßmutter Alwine wurde mit 83 Jahren im Vernichtungslager Sobibor ermordet – ebenso wie drei ihrer vier Töchter.

Rieka, geboren am 28. Februar 1887 in Jever, wurde gemeinsam mit ihrem Ehemann Joseph Phillips 1943 in Auschwitz, ihre Schwestern Helene und Hendrina mit ihren Ehemännern im selben Jahr im Konzentrationslager Sobibor ermordet. Die jüngste, Frieda, überlebte in einem Versteck in den Niederlanden.
 

Über Argentinien nach Israel

Alfred, Rafaëls Großvater, nannte seinem gefallenen Bruder zu Ehren seinen einzigen Sohn auch Siegfried. Sein Sohn wiederum ist Rafaël, der mit Claudia, geborene Wolff, verheiratet ist. Beide sind in Argentinien geboren. Die Familie war dorthin ausgewandert.

Ein makabres Detail: Sie wohnten nicht weit von Adolf Eichmann entfernt, einem nationalsozialistischen Kriegsverbrecher und Mitorganisatoren der Shoah, der später vom israelischen Geheimdienst gefangengenommen und in Israel hingerichtet wurde. Wegen des in Argentinien zunehmenden Antisemitismus wanderte die Familie 1973 nach Israel aus.
 

Muscheln und Sand aus Israel

Rafaël und Claudia de Levie hatten erfahren, dass der Volksbund Auskunft über Kriegsschicksale und Grablagen erteilt. 2015 fragten sie nach dem Grab von Siegfried und erhielten die Information, dass er auf der deutschen Kriegsgräberstätte in St.-Étienne-à-Arnes liegt. Zuerst bestellten sie ein Foto. Dann wollten sie das Grab besuchen. Doch durch die Corona-Pandemie verzögerte sich die Reise.

In diesem Jahr gelang sie endlich: Am Grab seines Großonkels in Frankreich sprach Rafaël das hebräische Totengebet. Er und seine Frau hatten Sand und Muscheln aus Israel mitgebracht. Beide waren sehr dankbar und angetan von der Arbeit des Volksbundes und der Hilfsbereitschaft der Kolleginnen und Kollegen, die diesen Besuch am Grab mit möglich gemacht hatten.
 

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