Deutschland

Runkel

Die Gräberstätte wurde 1968 eingeweiht. Hier sind 239 Tote bestattet, die zumeist im Zweiten Weltkrieg ums Leben kamen: Soldaten der Wehrmacht, Angehörige der SS und deutsche Zivilisten, polnische und sowjetische Kriegsgefangene, Zwangsarbeitskräfte und KZ-Häftlinge, außerdem mindestens elf Kinder von Zwangsarbeiterinnen. Auch einige Tote des Ersten Weltkriegs sind hier begraben. Alle Toten wurden vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. in den 1960er Jahren nach Runkel umgebettet. Zuvor waren sie auf Friedhöfen der Region bestattet, meistens dort, wo sie ihr Leben verloren hatten. Die Bundesrepublik Deutschland garantiert allen Kriegstoten ewiges Ruherecht und Grabpflege aus öffentlichen Mitteln. Schon bald nach dem Zweiten Weltkrieg schien dies für viele der verstreuten Kriegsgräber aber nicht mehr gesichert. Daher wurden Sammelfriedhöfe wie in Runkel angelegt. Für ihre Pflege sind die Gemeinden zuständig, auf deren Gebiet die Gräberstätten liegen. Mit den Sammelfriedhöfen wurden spannungsgeladene Orte geschaffen. Die Toten auf ihnen haben ihr Leben zwar alle im Krieg, viele von ihnen aber als Opfer der NS-Herrschaft verloren – ein Unterschied zu klassischen Soldatenfriedhöfen. Wo SS-Männer neben KZ-Häftlingen begraben liegen, verliert der Satz, im Tode seien alle Menschen gleich, seine versöhnende Kraft. Der Volksbund in Hessen begreift Kriegsgräberstätten heute als Lernorte der historisch-politischen Bildung. Dieser Aufgabe stellt er sich unter anderem, indem er durch die Rekonstruktion exemplarischer Einzelschicksale Informationen zur Aufarbeitung des Geschehenen bereitstellt. So sind in Runkel mehrere Tote einer »SS-Eisenbahnbaubrigade« bestattet, Häftlinge aus dem KZ Dachau sowie Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, die in schwerster körperlicher Arbeit und unter ständiger Lebensgefahr von Bomben zerstörte Bahnstrecken instand setzen mussten. Ein Aufseher der Wachmannschaft, der SS-Mann Johann Penkowski, war für seine Brutalität besonders gefürchtet. Er starb im März 1945 bei einem Luftangriff. Als Kriegstoter fand er sein Grab zunächst auf dem Friedhof von Aumenau. Bei der Anlage der Gräberstätte wurde er nach Runkel umgebettet – zusammen mit Wera Schlonskaja, einer Zwangsarbeiterin der Baubrigade, die kurz nach ihrer Befreiung verstorben war. Beide sind in Reihe 10 bestattet, nur durch ein Grab voneinander getrennt. Mehr über das Schicksal von Wera Schlonskaja erfahren Sie auf einer Stele an ihrem Grab (Nr. 168). Wir laden Sie ein, auch den Geschichten anderer Toter auf dem Gräberfeld nachzugehen. Die Stelen finden Sie an den im Lageplan rot markierten Gräbern. Die biografischen Skizzen sind aus den aktuell verfügbaren Quellen rekonstruiert und können ergänzt werden, wenn neue Erkenntnisse vorliegen. Wo die Namen oder das Geschlecht der Toten auf den Gräbern falsch angegeben sind, haben wir dies auf den Stelen nach Möglichkeit korrigiert. Die hier präsentierten Informationen sind Ergebnisse der Forschungsarbeit des Volksbunds in Hessen in den Jahren 2016 bis 2018.