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"Dass Gerechtigkeit und Friede sich küssen"

Multireligiöser Friedensgottesdienst in der Kasseler Martinskirche

Nach Empfang im Ständehaus besuchte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier einen multireligiösen Friedensgottesdienst in der Kasseler Martinskirche. Das gemeinsame Gebet von jüdischen, muslimischen, katholischen und evangelischen Würdenträgern stand dabei unter dem Motto, „Frieden braucht Mut!“.

Es wurde ein bewegender Gottesdienst, den der Bundespräsident mit seiner Anwesenheit ehrte. Zugleich erinnerte Frank-Walter Steinmeier mit seinem Eintrag ins Kondolenzbuch an das menschliche Wirken des Kasseler Regierungspräsidenten, Dr. Walter Lübcke. Die Trauerfeier für den ermordeten Politiker hatte erst vor wenigen Tagen am selben Ort stattgefunden.

 

Imam Shaban Memeti (Foto oben, Zweiter v. l .) aus Kassel betonte den Wunsch der Menschen nach einem friedlichen und gerechten Leben. Sie sollten sich nicht von  finsteren oder menschenverachtenden Ideologien beeinflussen lassen sollten: „Ich meine damit auch diejenigen, die Religion instrumentalisieren, um politische Ziele zu erzwingen. Aber eine instrumentalisierte Religion ist keine Religion mehr, sie ist nur eine finstere Ideologie wie andere finstere extreme Ideologien, die nur Zerstörung, Verbrechen und Hass zwischen den Menschen bringen und diese dürfen auf keinen Fall das Prädikat Islam, Christentum, Judentum oder anderer Religionen tragen.“

Schalom heißt mehr als Frieden

Auch Esther Haß (Foto oben, Mitte) von der jüdischen Gemeinde Kassel sprach vom Frieden (Schalom), der im Jüdischen eine umfangreiche und vielschichtige Bedeutung habe: „Schalom als Begriff darf nicht nur als die Abwesenheit oder als Gegensatz von Krieg verstanden werden; eher als eine lebensfördernde „Geordnetheit“ der Welt. Und das gilt im politischen, rechtlichen, kultischen, sozialen und kreatürlichen Kontext. So steht Schalom - Frieden in der Begriffshierarchie höher als Wahrheit.“

Doch Schalom komme nicht von selbst, man müsse sich aktiv um ihn bemühen. Denn Schalom beinhaltete auch Zufriedenheit und den Weg dorthin.

 

Es geht um Versöhnung

Der katholische Militärbischof Dr. Franz-Josef Overbeck berichtete dann über die Bedeutung persönlicher Trauerorte, also von Gräbern, insbesondere von Kriegsgräbern: „Es geht um Versöhnung und um Frieden, oftmals aber auch um ein Aushalten dessen, was nicht mehr in Worte zu fassen ist und stumm macht. Auch die Verzweiflung gehört an Gräber, auch der Schrei nach dem „Warum“ eines Sterbens und Todes. Erst recht gilt das an den Kriegsgräbern.“ Zugleich seien auch Kriegsgräber auf gewissse Weise auch „Orte der Hoffnung und Sehnsucht, damit aber auch ein Ort, der den Blick nicht nur auf die Vergangenheit und die Gegenwart, sondern auch auf eine hoffnungsvolle Zukunft richtet. Der Name für diese Zukunft ist für uns Frieden.“

Zugleich sei das Grab – und besonders auch die durch den Volksbund betreuten Kriegsgräberstätten seien eben nicht nur Ende, sondern Anfang: „Kriegsgräber sind Zeichen von Grauen und Schrecken, die durch Unfrieden verursacht sind, bleiben aber im Glauben immer Hoffnungszeichen für ewigen Frieden von Gott her. Das Grab ist in der Haltung des Betenden, der von Gott nicht lässt, ein Zeichen der Hoffnung auf eine Zukunft in Frieden als Werk vollendeter Gerechtigkeit.“ 

Ein Weltkrieg hat nicht gereicht

Die Predigt des Bischofs der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Prof. Dr. Martin Hein, stellte dann die entscheidenden Fragen, welche die Menschen wohl schon kurz nach dem Ersten Weltkrieg dazu bewogen haben, den Volksbund zu gründen: „Hätten wir aus diesem Geschehen nicht lernen müssen? Doch es kam anders – noch schlimmer, noch heftiger, noch sinnloser. Als hätte ein Weltkrieg nicht ausgereicht, uns zur Vernunft zu bringen.“

 

Auch die Musik in der Kasseler Martinskirche erinnerte durch den metallischem Sound der "Klangsteine" zeitweise an die Maschinengewehre der Weltkriege.

Doch auch die Sehnsucht nach Frieden sei so alt, wie die Menschheit selbst – und auch die Enttäuschung darüber, dass es uns nicht gelingen mag, in Frieden miteinander zu leben. „Gottes Wille ist es nicht, dass wir Kriege führen“, sagte Bischof Hein: „Was heißt das für uns und unsere Suche nach einem gerechten Frieden? Wir haben uns sehr selbstkritisch und ehrlich zu fragen, was wir konkret dazu beitragen, dass ein umfassender Frieden verhindert wird. Das bedeutet politisch: Wie ist das mit den deutschen Rüstungsexporten? Eine schwierige Frage – gerade in Kassel. Wir kommen um die Antwort angesichts der Kriegstoten in der Welt nicht herum!“

Damit legte Hein einen Fingerzeig auf die aktuellen Krisen und Kriege unser Tage und verband ihn mit dem abschließenden Wunsch: „Beten wir darum noch inständiger zu Gott für alle, die politische Verantwortung über Krieg und Frieden tragen, beten wir für diejenigen, über deren Schicksal entschieden wird, für alle, die in Angst und Sorge um ihr Leben sind – und beten wir für uns selbst, dass Gott uns zu „Friedensstiftern“ macht. Seien wir gewiss: Gott hört uns! Gerechtigkeit und Frieden werden sich küssen!“

Frank-Walter Steinmeier erinnerte mit seinem Eintrag ins Kondolenzbuch an den Kasseler Regierungspräsidenten, Dr. Walter Lübcke.