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DRK-Suchdienst wichtiger Volksbund-Partner

Beide klären gemeinsam die Schicksale vermisster Kriegstoter

Das Ende ist offenbar in Sicht: Das Deutsche Rote Kreuz will seine Suche nach Vermissten des Zweiten Weltkrieges Ende 2023 einstellen, kündigte die DRK-Präsidentin Gerda Hasselfeldt Anfang Mai an. Der Suchdienst ist einer der wichtigsten Partner des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, wenn es darum geht, das Schicksal vermisster Kriegstoter zu klären. Für den Volksbund wäre das "Aus" ein herber Schlag. Für ihn steht fest: Die Suche ist noch lange nicht zu Ende.

Anfragen an den Suchdienst des DRK in München sollen bis Ende 2021 gestellt werden, damit sie noch bearbeitet werden können, so Gerda Hasselfeldt. Die Wogen schlugen hoch – so hoch, dass laut Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 10. Mai 2020 jetzt ein Aufschub um zwei Jahre im Gespräch ist. Wenn die Zahl der Anfragen es rechtfertige, sei vielleicht erst Ende 2025 Schluss, heißt es. Betroffen sind beim Volksbund der Gräberdienst, die Angehörigenbetreuung und das deutsch-russische Projekt zu Kriegsgefangenen.

Zusammenarbeit seit Jahrzehnten
Der Volksbund arbeitet seit Jahrzehnten mit dem DRK zusammen – "hauptsächlich bei Nachforschungen nach vermissten Soldaten deutscher Militärverbände, aber auch nach deutschen Zivilverschleppten sowie Kriegsgefangenen und Internierten des Zweiten Weltkrieges", erklärt Robert Zaka. Er leitet das Referat Gräbernachweis in der Volksbund-Abteilung Gräberdienst.

Beide Organisationen – der Volksbund wie das Rote Kreuz – klären Schicksale, und doch unterscheiden sich Auftrag und Arbeitsweise. "Das Alleinstellungsmerkmal des Volksbundes ist die Suche nach Gräbern vor Ort, sind die Umbettungen, die würdigen Bestattungen, sind Bau und Instandsetzung der Kriegsgräberstätten und die Namenskennzeichnung oder anderweitige Dokumentation der Schicksale", sagt der Volksbund-Experte. Und natürlich die Pflege der 832 Kriegsgräberstätten in 46 Ländern. All das geschieht in staatlichem Auftrag.

Daten zu mehr als 600.000 Schicksalen
"Gerade unsere Suche nach Kriegstoten und die Dokumentation der Namen wäre ohne Daten- und Informationsaustausch mit dem Bundesarchiv Berlin – ehemals Deutsche Dienststelle – und dem Suchdienst des DRK nicht möglich", betont Zaka. Seit den 1990er Jahren hat der Volksbund Daten zu über 600.000 Vermissten vom DRK erhalten – hauptsächlich für Mittel- und Osteuropa. Auf der Grundlage dieser und weiterer Angaben entstanden Namenbücher und länderbezogene Gesamtdokumentationen, die auf Kriegsgräberstätten ausliegen oder in Ausstellungen integriert sind.

Auch für das Volkbund-Referat Service ist die Zusammenarbeit mit dem DRK-Suchdienst sehr wichtig. Bei Anfragen von Angehörigen nach vermissten Kriegstoten, die beim Volksbund bislang nicht registriert sind, wenden sich die Mitarbeitenden an die DRK-Experten. "Wenn der Volksbund diese ergänzenden Hinweise nicht mehr erhält, sind wir weniger auskunftsfähig", sagt Sachgebietsleiterin Claudia Jäschke.

Akten deutscher Kriegsgefangener und Internierter
Besonders wertvoll für die Arbeit des Volksbundes sind die Akten von deutschen Kriegsgefangenen und Internierten aus ehemals sowjetischen Archiven. Sie stehen dem DRK zur Verfügung. Die Bundesregierung hatte das DRK unter anderem mit Dokumentationsarbeiten beauftragt  – also auch mit dem Auswerten dieser Akten.

"Durch die Zusammenarbeit mit dem DRK konnten wir viele Schicksale klären und viele Anfragen von Angehörigen beantworten", fasst Robert Zaka zusammen. Und: Es ist ein Austausch in beide Richtungen. Wenn der Volksbund durch Umbettungsarbeiten Schicksale klärt, erfährt das auch das DRK, um seine Bestände zu aktualisieren.

Nachteile für deutsch-russisches Projekt zu Kriegsgefangenen
Recht jung ist die Zusammenarbeit auf einem weiteren Feld: im Rahmen des Projekts "Sowjetische und deutsche Kriegsgefangene und Internierte", das Dr. Heike Winkel vom Volksbund koordiniert. Deutschland und Russland haben sich zum Ziel gesetzt, biographische Informationen über deutsche Gefangene in der früheren Sowjetunion und über sowjetische Gefangene der Wehrmacht zusammentragen – für Schicksalsklärung, historische Forschung und gedenkkulturelle Arbeit.

"Dabei organisiert der DRK-Suchdienst in enger Absprache mit uns die Recherchen und den Erwerb digitaler Dokumentenkopien in Archiven – derzeit vor allem in Moskau", sagt Heike Winkel. Prinzipiell seien noch sehr umfangreiche Recherche-Arbeiten in Russland, aber auch in anderen Ländern möglich, aber der DRK-Suchdienst habe nur noch begrenzte Ressourcen.

Auch ein humanitärer und wissenschaftlicher Verlust
"Es ist äußerst misslich für dieses langfristig angelegte Projekt, dass die Arbeit zu deutschen Gefangenen in absehbarer Zukunft eingestellt werden muss", erklärt die Volksbund-Mitarbeiterin. Das schwäche die bilaterale Dimension. "Das ist politisch nicht erfreulich, es ist aber vor allem in humanitärer, wissenschaftlicher und gedenkkultureller Hinsicht ein Verlust."

Die Zahl der Anfragen beim DRK und beim Volksbund zeigten, wie groß nach wie vor das Interesse an historisch fundierter Schicksalsklärung ist, so Heike Winkel weiter. "Die Generationen, die jetzt folgen, entwickeln neue Fragen und Erkenntnisinteressen. Ein Regierungsprojekt derart großer Dimension – wie das von uns derzeit koordinierte – bietet viele Chancen. Sie sollten genutzt werden." 

Dokumentation im MDR-Hörfunk
Wie auch immer die Diskussion um die Zukunft der DRK-Suche nach den Weltkriegstoten ausgehen mag – für den Volksbund gilt: Die Arbeit geht weiter. Das dokumentiert unter anderem ein Hörfunk-Beitrag von MDR KULTUR auf eindrucksvolle Weise. Dass seine Suche nach Grablagen nichts an Aktualität und Wichtigkeit verliert, zeigen Funde, über die der Volksbund laufend und aktuell berichtet. Jüngste Beispiele finden sich in Danzig und Wolgograd (früher Stalingrad).

Wie wichtig diese Arbeit ist und bleibt, zeigen auch Zuschriften, die den Volksbund auf vielen Kanälen erreichen. So spricht sich Susann Landgraf in einem Facebook-Kommentar ausdrücklich dafür aus, die Suche nach den Toten beider Weltkriege nicht aufzugeben: "Ich habe letztes Jahr dank des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge das Grab eines Großonkels von mir gefunden... 104 Jahre, nachdem er gefallen war. Und ja, das war in meiner Familie auch nach dieser langen Zeit eine offene Geschichte, die nun einen versöhnlichen Abschluss finden konnte."

Die Weichen für eine langfristige Arbeit als Suchdienst stellt aktuell ein weiterer Partner des Volksbundes: Arolsen Archives – früher Internationaler Suchdienst ITS (International Tracing Service). Sein Fokus liegt auf den Verfolgten des NS-Regimes von KZ-Opfern bis zu Zwangsarbeitern. Früher reiner Suchdienst, hat sich das internationale Zentrum inzwischen der Forschung geöffnet und widmet sich auch moderner Gedenkkultur.

Über 4,8 Millionen Namen in der Gräbersuche online
Für die Klärung von Schicksalen steht beim Volksbund zunächst die "Gräbersuche online" zur Verfügung, die derzeit Daten von mehr als 4,8 Millionen Toten und Vermissten enthält. Dabei soll es nicht bleiben: Weitere 500.000 Namen werden in den nächsten Jahren noch aufgenommen. Wenn die Online-Suche nicht zum Ziel führt, ist eine individuelle Suchanfrage beim Volksbund der nächste Schritt.

Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge ist ein gemeinnütziger Verein und finanziert sich vor allem aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden.