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Eine Geschichts- und Erinnerungstafel für den Hauptfriedhof in Braunschweig

Das Gräberfeld 69b wird aufgewertet

Braunschweig. Auf dem Braunschweiger Hauptfriedhof befindet sich ein großer Ehrenfriedhof, der noch während des Zweiten Weltkriegs angelegt worden war, um die deutschen Opfer der Bombenangriffe zu bestatten. An dem 1962 eingeweihten Gedenkstein finden heute die Kranzniederlegungen zum Volkstrauertag statt.

Nur durch eine Hecke von der gepflegten Anlage getrennt liegt das Gräberfeld 69b. Es diente während des Zweiten Weltkriegs als Massengrab für ausländische Arbeitskräfte. Kurz vor Kriegsende kamen erschossene sowjetische Kriegsgefangene hinzu. Keine Gedenktafel erklärt den Ort. Die Schülerinnen und Schüler der Klasse 10EX und ihr Lehrer Dr. Gustav Partington von der Neuen Oberschule in Braunschweig wollen das ändern. Sie werden im Rahmen des Geschichtsunterrichts eine Geschichts- und Erinnerungstafel erarbeiten.

Am Montag, 16. September, traf sich die Klasse auf dem Friedhof. Regina Blume vom Arbeitskreis „Friedenskapelle“ führte über den Friedhof. Nachdem die Schülerinnen und Schüler den Ehrenfriedhof gesehen hatten, standen sie erstaunt vor dem Gräberfeld 69b, eine karge Rasenfläche, wo nichts an die dort bestatteten Toten erinnert oder der Ort erklärt wird. Nach der Begehung stellte Regina Blume in der Friedenskapelle die Beerdigungspraxis gegenüber Menschen vor, die nicht zur sog. „Volksgemeinschaft“ der Nationalsozialisten gehörten.

Zu diesen Menschen gehörten auch ausländische Zwangsarbeiter, die auf dem Gräberfeld 69b jenseits des Ehrenfriedhofs bestattet worden sind. Darum fand der zweite Teil des Vormittags in der Gedenkstätte KZ Außenlage Braunschweig Schillstraße statt. Hartwig Gerald, pädagogischer Mitarbeiter der Gedenkstätte, leitete einen Workshop zum Thema Zwangsarbeit. An Hand verschiedener Dokumente arbeiteten die Schülerinnen und Schüler den Wandel von der Anwerbung von Arbeitskräften in den von der deutschen Wehrmacht besetzten Polen zur gewaltsamen Deportation von Arbeitskräften und ihrer unmenschlichen Behandlung in Deutschland.

Die Schülerinnen und Schüler gewannen Einblicke in die Wirklichkeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, die im normalen Geschichtsunterricht im Klassenraum so kaum zu vermitteln sind. Die Kombination der Begehung des Friedhofs, dort wo die Toten liegen, mit dem Workshop in der Gedenkstätte Schillstraße, vermittelte alle Aspekte des Schicksals, das Zwangsarbeiter in Deutschland erleben mussten.

Hier zeigt sich der besondere Wert von Projektarbeit und von außerschulischen Lernorten. Die Möglichkeiten, die eine Kooperation verschiedener Bildungsträger – Arbeitskreis „Friedenskapelle“, Gedenkstätte Schillstraße und Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. – ermöglicht, werden offenkundig: mit der Geschichts- und Erinnerungstafel liefern die Schülerinnen und Schüler nicht nur ein lange vermisstes Erklärwerk zum Gräberfeld 69b, sie wenden ihre historischen Kenntnisse und Fähigkeiten außerhalb des Lernraums Schule an, sie schreiben ein Stück Lokalgeschichte und werden sensibel für die Gefahren, die von rechtsradikalen Ideen ausgehen.

 

Text und Bilder:
Dr. Rainer Bendick, Bildungsreferent Volksbund Braunschweig

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