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„Ich bin traurig und froh zugleich“

83-Jähriger kann sich endlich von seinem Vater verabschieden –

Feierliche Einbettung von 1837 Gefallenen der Schlacht um Stalingrad in Rossoschka

 

Mit einer stillen Zeremonie auf der Kriegsgräberstätte in Rossoschka nahe Wolgograd haben Volksbund-Präsident Wolfgang Schneiderhan und eine Delegation des Volksbundes die sterblichen Überreste von 1.837 gefallenen deutschen Soldaten beigesetzt. In Anwesenheit vieler Angehöriger, die aus ganz Deutschland angereist waren, sprach Pfarrerin Aljona Hofmann von der Moskauer Emmaus-Gemeinde, den Segen für die Opfer der Schlacht um Stalingrad, deren Überreste nahe Wolgograd, dem ehemaligen Stalingrad, beim Bau einer Abwasserleitung entdeckt worden waren.

 

Besonders bewegend war der Besuch der deutschen Kriegsgräberstätte für den 83-jährigen Karl Cramm aus Groß-Lafferde (Kreis Peine) bei Hannover. Anhand der gefundenen Erkennungsmarke konnte der bis dahin als vermisst geltende Vater Cramms identifiziert werden. In einer emotionalen Rede, in der er für Versöhnung mit Russland und für Abrüstung warb, dankte Cramm den Helfern des Volksbundes. „Ich habe meinen Vater Karl bei seinem letzten Heimaturlaub gesehen“, erinnert sich Cramm, „da war ich fünf Jahre alt.“ Viel mehr wisse er nicht, nur dass er als Kind viel geweint habe. „Als ich das letzte Mal vor acht Jahren hier in Rossoschka war, galt mein Vater noch als vermisst“, so Cramm, der in Begleitung von einem seiner drei Söhne angereist war. Nun habe er endlich Gewissheit. „Ich bin traurig und froh zugleich“, sagte Cramm gerührt.

 

Volksbund-Präsident Schneiderhan dankte der russischen Seite für ihre „großartige und jahrelange Unterstützung“. Es sei keine Selbstverständlichkeit, dass die deutschen Toten in russischer Erde bestattet werden dürften. „Deshalb sind wir heute voller Demut angereist.“ Schneiderhan betonte, dass Kriegsgräberstätten wie Rossoschka zentral wichtig für das Gedenken und die Versöhnungsarbeit seien. „Es sollte unser Ziel sein, deutsche Jugendliche hierher nach Wolgograd zu bringen.“ Denn nur hier in Russland sei wirklich zu verstehen, wie wichtig die Aussöhnung zwischen den ehemaligen Kriegsgegnern sei. Die Forderung ,Nie wieder Krieg’ sei dabei nur der Anfang, es gehe darum, mutig und aktiv für den Frieden einzutreten. „Wir müssen unsere Sensoren für die ewiggestrigen Parolen schärfen und ihnen entgegentreten“, mahnte Schneiderhan. „Denn der physischen Gewalt geht immer verbale Gewalt voraus.“

Auf der Kriegsgräberstätte Rossoschka, 37 km entfernt von Wolgograd liegen mehr als 62 000 Tote der Schlacht um Stalingrad. Auf dem gegenüberliegenden sowjetischen Friedhof haben rund 20 000 Tote der Roten Armee ihre letzte Ruhe gefunden. In Anwesenheit der Gesandten der Deutschen Botschaft, in Moskau, Beate Grzeski, hatte Präsident Schneiderhan hier zuvor einen Kranz für die sowjetischen Opfer niedergelegt. Der sowjetische und der deutsche Friedhof sind nur durch eine schmale Straße getrennt.

Text: Harald John

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Weitere Bilder von der Gedenkveranstaltung: