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„Ich war sechzehn...“

Über den Weg eines 16-Jährigen Vierseners aus den Schützengräben des Zweiten Weltkriegs an der Westfront in amerikanische und französische Kriegsgefangenschaft

Köln/Viersen. Konrad Kreiten (1927-2000) erlebte als jugendlicher Soldat in der Wehrmacht die letzten Tage des Zweiten Weltkriegs an der Westfront und geriet an der Rur bei Linnich in amerikanische und später in französische Gefangenschaft. Seine Erfahrungen verarbeitete er in autobiografischen Texten, die seine Tochter 2019 im Buch "Ich war sechzehn... Meine Odyssee aus den Schützengräben des Zweiten Weltkrieges in amerikanische und französische Kriegsgefangenschaft von 1944 bis 1948" veröffentlichte.

Als 16-Jähriger kommt er im März 1944 zum Reichsarbeitsdienst nach Hohenelbe im Riesengebirge und anschließend freiwillig zur Luftwaffe. Er wollte, wie seine Kameraden, geprägt durch die NS-Ideologie in seiner Kindheit und Jugend unbedingt in den Kriegseinsatz, eine Portion „Abenteuerlust“ sei auch dabei gewesen, schildert er später. Zunächst eingesetzt als „letztes Aufgebot“ in den Niederlanden, erlebt Kreiten die "Endkämpfe" an der Rur an der Westfront, bis er Ende Februar 1945 bei Linnich zuerst in amerikanische Kriegsgefangenschaft ins Lager Fort Custer kommt und ein knappes Jahr darauf in die französische nach Cherbourg überstellt wird. In der amerikanischen Gefangenschaft arbeitet er als Erntehelfer auf Feldern, in Frankreich in einem Pferde-Rennstall bei Valognes und als Knecht auf einem Bauernhof in der Bretagne. Im November 1948 kehrt Konrad Kreiten zu seiner Familie in die Heimatstadt Viersen zurück. Obwohl der Krieg nicht lange zurück liegt, betont er, trotz allen Leids, die Menschlichkeit und Wertschätzung zwischen ihm und seinen Arbeitgebern.

In seinen Texten beschäftigt sich Konrad Kreiten auch mit der Frage nach dem Sinn des Krieges Eine Antwort auf diese Frage findet er bis zu seinem Tod nicht. So schreibt er noch im Juli 2000, kurz vor seinem Tod, an einen Freund: "Hier [auf der Kriegsgräberstätte Ysselsteyn], inmitten der Kreuze, wird man ganz klein und stumm, verlegen und einsam [...]. Früher kamen noch Mütter, Väter, Brüder, Schwestern und Verwandte manchmal nach hier. Heute steht man meistens allein und einsam zwischen den Gräbern. Warum? Haben wir sie schon vergessen? Könnten nicht gerade SIE uns lehren, belehren??? Antwort geben auf unsere Gewissensfragen? Doch, oh Gott, die Menschen sind unbelehrbar, sind vergesslich?! 'Warum?'-'Weshalb?'-'Du sollst nicht töten!' " (S. 320).

Das Buch lebt von den unmittelbar nach den Erlebnissen niedergeschriebenen Eindrücken und zum Teil später verfassten Texten. So sind ausgewählte, unkommentierte Tagebucheinträge, Feldpostbriefe, längere Abhandlungen, Vorträge, die er in Deutschland und in den USA gehalten hat und Berichte über die erlebten Kampfhandlungen sowie der Gefangenschaft des jungen und älteren Konrad Kreiten nebeneinander gestellt. Darüber hinaus fertigte er in der Gefangenschaft Illustrationen von den Lagern und dem dortigen Leben an und fotografierte er in den 1970er Jahren ehemalige Stellungen an der Rur bei Linnich. 

Dank des Buchs eröffnet sich ein sehr persönlicher Blick auf diese, ihn prägende Zeit. Als einer von Millionen Soldaten vermittelt Konrad Kreiten allen, die sich für diese Epoche interessieren und mehr über das Kriegsende in der Region erfahren wollen, plastisch den Wahnsinn des Krieges mit all den Ängsten, Zweifeln und Hoffnungen. Zeit seines Lebens setzte er sich aufgrund dieser Erfahrungen für die Verständigung und Versöhnung der ehemaligen Kriegsgegner über Grenzen hinweg ein. Die Worte „Nie wieder!“ erfüllen seine Texte eindrücklich mit Leben und zeigen, wie wichtig Versöhnung, Verständigung und Toleranz für eine friedlichere Zukunft sind.


Bibliografische Angaben: Claudia Kreiten (Hrsg.): Konrad Kreiten. Ich war sechzehn. Meine Odyssee aus den Schützengräben des Zweiten Weltkriegs in amerikanische und französische Kriegsgefangenschaft von 1944-1948, Bad Schussenried 2019, 328 Seiten. 

Text/Foto: Konstanze Bauer, Landesverband NRW
 

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