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Letzte Gefallene des Ersten Weltkriegs?

Selbstversenkung der Kaiserlichen Flotte

„Seeventile öffnen – Selbstversenkung einleiten!“ auf diesen per Winksignal übermittelten Befehl Admiral Ludwig von Reuters versanken am 21. Juni 1919, ab 10 Uhr die 74 modernsten Kriegsschiffe der deutschen Flotte in den Gewässern vor Scapa Flow/Orkney Inseln, um die Schiffe britischem Zugriff zu entziehen. In unklarer Lage, was den Ablauf des alliierten Ultimatums zur Annahme der Friedensbedingungen betraf, handelte von Reuter aus eigenem Entschluss.

Seit November 1918 interniert, standen Schiffe und Restbesatzungen unter britischer Aufsicht. Diese Flotte, der Aufstieg des Deutschen Reiches zur Seemacht und die damit einhergehende Rivalität zu Großbritannien, waren zwei der Gründe, die 1914 zum Kriege führten.

Versailler Frieden: 28. Juni 1919 – Inkrafttreten 10. Januar 1920

Während des Kaisers Stolz auf den Meeresgrund sank, eröffneten die britischen Wachmannschaften das Feuer auf die deutschen Seeleute in ihren Rettungsbooten: Ein Offizier und sieben Matrosen starben dabei. Es sind wahrscheinlich die letzten Gefallenen des Ersten Weltkrieges, der nicht mit dem Waffenstillstand von Compiègene am 11. November 1918, sondern mit dem Inkrafttreten des Friedens von Versailles am 10. Januar 1920 endete.


Die acht Gefallenen ruhen heute neben sechs weiteren Kameraden auf dem Friedhof in Lyness/Orkney Inseln (Foto oben). Am 21. Juni 2019 ist diesen Ereignissen eine britisch-deutsche Gedenkzeremonie gewidmet. Bis dahin gilt es, die Grabinschriften der Toten zu überprüfen und zu erneuern. Hierzu arbeitet der Volksbund mit seiner britischen Partnerorganisation der CWGC (Commonwealth War Graves Commission) und den zuständigen deutschen Stellen zusammen. Dies war bis Ende 2018 die vormalige Wehrmachtsauskunftsstelle/Deutsche Dienststelle (WASt/DD) in Berlin, deren Aufgaben nun das Bundesarchiv wahrnimmt. Es werden amtliche Gräberlisten und Todesbenachrichtigungen verglichen, damit Namen und Sterbedaten exakt übereinstimmen.

300 Pfund für ein Leben

Unter den Toten sticht der 19-jährige Maschinisten-Anwärter Kuno Ever(t)sberg vom kleinen Kreuzer Frankfurt hervor. Er fiel nicht bei der Selbstversenkung, sondern ihn beschoss ein britischer Matrose in Tötungsabsicht am 23. Juni 1919 an Bord des Schlachtkreuzers „Resolution“. Ever(t)sberg erlag vier Tage später auf dem Lazarettschiff Abukir seinen Wunden. Zwar desertierte der britische Matrose unmittelbar nach der Straftat, musste sich aber 1920 vor Gericht verantworten. Die Familie des getöteten deutschen Soldaten erhielt vom britischen Staat eine Entschädigung für den Verlust des Sohnes von 300 Pfund.

Die Ermittlung von Angehörigen dauert an, doch hofft der Volksbund noch auf Klarheit, wie die korrekte Schreibweise des Namens lautet: Eversberg oder Ever(t)sberg. Sachdienliche Hinweise von Lesern der Frieden sind willkommen. Der Vorgang zeigt: selbst 100 Jahre später wirken Ereignisse des Ersten Weltkriegs fort.

Dr. Dirk Reitz

Kontakt:

dirk.reitz@volksbund.de

Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge

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34266 Niestetal