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Nachdenken über Kriegsgräber und Kriegerdenkmäler

Die Jugendwerkstatt Gifhorn und der Bezirksverband Braunschweig des Volksbunds fördern benachteiligte Jugendliche

Die Jugendwerkstatt Gifhorn fördert benachteiligte junge Menschen. Mit ihnen gemeinsam entwickelt die Jugendwerkstatt Lebens- und Berufsperspektiven. Die Vorbereitung auf Ausbildung und Arbeit bedeutet natürlich an erster Stelle Qualifikation für einen Beruf, die in den verschiedenen Werkstattabteilungen geleistet wird. Die berufliche Grundqualifikation ist aber nicht alles. Junge Menschen fördern bedeutet auch, ihnen die Werte zu vermitteln, auf denen unser Gemeinwesen beruht, ihnen die geschichtlichen und erinnerungskulturellen Grundlagen nahe zu bringen, die unsere Gesellschaft tragen und zusammenhalten – und genau dies leisten die Bildungsangebote des Volksbunds.

Der Bezirksverband Braunschweig griff darum sofort eine Anfrage der Jungendwerkstatt Gifhorn auf. Gemeinsam mit Monika Schnabel, der Praxisanleiterin Hauswirtschaft, entwickelte Bildungsreferent Dr. Bendick eine Begehung des Kriegsgräberfeldes auf dem evangelischen Friedhof und eine Erkundung der Kriegerdenkmäler, die auf dem alten Friedhof am Weinberg in Gifhorn stehen.

Das Kriegsgräberfeld wurde vor einigen Jahren durch eine Geschichts- und Erinnerungstafel des Volksbunds erschlossen. Die Jugendlichen bearbeiteten einen Fragebogen, der die Gräber mit Hilfe der Angaben der Geschichts- und Erinnerungstafel im historischen Kontext verortete. Anschließend wurden die drei Kriegerdenkmäler auf dem Alten Friedhof analysiert. Die Anlage ist ein außergewöhnlicher Erinnerungsort: in einem Halbkreis sind die Kriegerdenkmäler der Gemeinde Gifhorn des deutsch-französischen Kriegs, des Ersten und des Zweiten Weltkriegs angeordnet. Jedes von ihnen zeigt die jeweils zeittypische Ikonographie und die entsprechende erinnerungspolitische Verortung des Kriegs, auf den es sich bezieht. Heute fällt es schwer ihre Aussagen zu verstehen. Das unlängst fertiggestellte pädagogische Modul zu Kriegerdenkmälern fand hier Verwendung. Trotz grimmiger Kälte bearbeiteten die Jugendlichen interessiert die ihnen gestellten Aufgaben.

Am Nachmittag fand die Auswertung der Ergebnisse statt. Eine gewisse Verwunderung löste die Inschrift „Sei getreu bis in den Tod“ auf der Kriegsgräberanlage des evangelischen Friedhofs aus, befindet sich unter den Toten doch auch ein 15 jähriger Kindersoldat des Volkssturms. Die Kriegerdenkmäler schließlich boten reichlich Anlass zur Diskussion. Ihre Bildsprache und Inschriften waren für die Jugendlichen ebenso fremd wie faszinierend. Vor allem aber hinterließen die unendlich langen Namenslisten der getöteten Soldaten einen tiefen Eindruck. Über Gräbersuche online auf der Internetseite des Volksbunds recherchierten die Jugendlichen schließlich die Orte, wo die Soldaten bestattet worden sind. Kein Friedhof lag in Deutschland. So erschloss sich den Jugendlichen schnell die rein praktische Aufgabe des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Zugleich wurde Ihnen die Natur der Kriege des 20. Jahrhunderts bewusst und die Brüche, die sie für die deutsche Erinnerungskultur bedeuten.

Viele der jugendlichen Teilnehmer waren zum ersten Mal so konkret mit Kriegsgräbern und Fragen der Erinnerung konfrontiert. Junge Menschen fördern bedeutet auch, sie für diese Fragen zu sensibilisieren, denn: mit einem Bewusstsein für Vergangenheit und Erinnerung gehen sie jenen terribles simplificateurs, jenen schrecklichen Vereinfachern nicht auf dem Leim, die die Grundlagen unserer Republik verneinen. Und darum wollen die Jugendwerkstatt Gifhorn und der Bezirksverband Braunschweig in Zukunft öfter zusammenarbeiten.


Text: Bildungsreferent Dr. Rainer Bendick
Bilder: Jugendwerkstatt Gifhorn

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