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Trauriger Rekord: 113 deutsche Kriegstote finden in Halbe ihre letzte Ruhestätte

Zum ersten Mal sprach Prof. Dr. Sönke Neitzel als Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats auf Deutschlands größter Kriegsgräberstätte

 

Zum ersten Mal hat Prof. Dr. Sönke Neitzel, der Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats des Volksbundes, die Gedenkrede an den offenen Gräbern halten. Mit der Einbettung von 112 deutschen Kriegstoten durch den Volksbund auf dem Waldfriedhof Halbe wird der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft gedacht. In Halbe wurden diesmal mehr Kriegstote eingebettet als in den vergangenen Jahren.

Die Einbettung fand wieder im Rahmen des deutsch-russischen Arbeitseinsatzes von Angehörigen des Wachbataillons und Soldaten einer russischen Spezialeinheit statt.

Ferner wurde die Trauerfeier von den Patenbataillonen des Volksbundes (3./ sPiBtl 901, Havelberg und LogBtl 172, Beelitz) unterstützt.

Das Totengedenken des Bundespräsidenten wurde diesmal von einem Offizier des Wachbataillons vorgetragen.

Im Anschluss an die Einbettung legten die russischen und deutschen Soldaten gemeinsam Blumen auf den Grabplatten der in Halbe bestatteten Rotarmisten nieder.

Auszug aus der Rede von Prof. Dr. Sönke Neitzel, Universität Potsdam:

"(...)

 

Die Toten von Halbe sind gewissermaßen ein Brennglas der deutschen Gesellschaft des April 1945 vom Massentäter der SS über den Zivilisten, der nur seine Haut retten wollte bis zum Antikommunisten und Häftling, der kurz vor Kriegsende noch in eine Uniform gesteckt wurde.

Der Blick auf die Ereignisse von Halbe zeigt, wohin der totale Krieg für Deutschland führte. Wahrhaftig ein Untergang. Wehrmacht und Waffen-SS verweigerten die Kapitulation und zogen den Massentod der Gefangenschaft vor. Die Führung von Staat und Wehrmacht erwartete genau dies und nach fünf Jahren Krieg hatten die Soldaten die Kapitulationsverweigerung gegenüber der Roten Armee weitgehend verinnerlicht. Aber heute wissen wir: hätten die Truppen am 28. April kapituliert, die allermeisten hätten die Gefangenschaft überlebt.

Freilich, wir sollten über die damals Handelnden nicht vorschnell urteilen. Als Historiker kann man das Verhalten im April 1945 hier im Raum Halbe differenziert erklären – und es ist unwahrscheinlich, dass wir – wären wir in derselben Situation gewesen – anders gehandelt hätten.

Wir können vor allem über so viel Leid trauern und das schließt die Rotarmisten die hier gefallen sind ausdrücklich ein. Den 113 deutschen Zivilisten und Soldaten, die im April 1945 zu Tode kamen wollen wir heute ein würdiges Grab geben. Ganz gleich wer sie waren, unsere christliche Anteilnahme haben sie verdient.

Dass wir uns heute auf dem Waldfriedhof Halbe zu dieser Einbettung versammelt haben, ist ein gutes Zeichen dafür, dass wir uns unserer Verantwortung für die Generationen vor uns stellen, dass wir die hier so unmittelbar an uns herantretende Erinnerung an Krieg, Tod und Gewalt nicht wegdrücken – sondern uns ihr nüchtern, sachlich und differenziert stellen."