Vor dem Hochkreuz auf der irischen Kriegsgräberstätte Glencree: Schulleiter Christian Lübke und Lehrerin Susanne Wolf mit Schülerinnen und Schülern der Wolfsburger Eichendorffschule (© Susanne Wolf)
Beispiel Glencree: So wirkt die Volksbund-Bildungsarbeit
Niedersächsische Schule engagiert sich für deutsche Kriegsgräberstätte in Irland
Von Wolfsburg in die Wicklow Mountains — in diesem Jahr reisten erneut Schülerinnen und Schüler der Eichendorffschule nach Irland. Auf der Kriegsgräberstätte Glencree setzten sie ihr mehrjähriges Bildungsprojekt fort. Nun stellten sie ihre Arbeit vor und erhielten dafür eine Volksbund-Auszeichnung.
Die einzige deutsche Kriegsgräberstätte in Irland liegt in der Nähe von Dublin. Hier ruhen 134 Tote aus dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg — deutsche Soldaten und Zivilisten.
Susanne Wolf, Lehrerin an der Eichendorffschule in Wolfsburg, ist seit vielen Jahren Kontaktlehrerin für den Volksbund-Bezirksverband Braunschweig. Vor drei Jahren regte sie die Beschäftigung mit dem Friedhof in Glencree an. Sie kennt die Region gut aus der Zeit, die sie als Au-Pair in Irland verbracht hat.
Drei Reisen nach Irland
Im Jahr 2022 fuhr Susanne Wolf mit Schülerinnen und Schülern nach Glencree zu einem klassischen Pflegeeinsatz. Die Jugendlichen putzten Grabsteine und zupften Unkraut. Zu dem Zeitpunkt gab es auf dem Friedhof keine Informationen über seine Geschichte oder die Toten, die dort ruhen.
Das änderte sich in den folgenden Jahren dank des Engagements der Schülerinnen und Schüler. In einer freiwilligen Arbeitsgemeinschaft forschten sie zur Geschichte des Friedhofs und den Schicksalen der Toten. Die Ergebnisse können über QR-Codes abgerufen werden, die sich bislang an acht Gräbern befinden.
Harald John, Leiter der Volksbund-Abteilung Öffentlichkeitsarbeit, traf die Gruppe aus Wolfsburg im Frühjahr 2023 in Glencree (mehr lesen).
Jugendliche präsentieren Projekt
Nun informierten die Schülerinnen und Schüler in der Schule in Wolfsburg über ihre Arbeit. Sie stellten die Entstehung des Projekts vor und berichteten insbesondere über die diesjährige Reise.
Dabei hatten sie einen QR-Code für Hans Möller gesetzt – einen deutschen Juden, der vor dem nationalsozialistischen Regime nach England hatte fliehen können. Mit Kriegsausbruch 1939 galt er jedoch als „feindlicher Ausländer” und sollte nach Kanada geschickt werden. Das Schiff, die „Arandora Star“, wurde am 2. Juli 1940 von einem deutschen U-Boot torpediert. Hans Möller kam ums Leben, als das Schiff sank. Er ist auf dem Friedhof in Glencree begraben.
Eine andere Schülergruppe beschäftigte sich mit vier Besatzungsmitgliedern eines deutschen Flugzeugs, das im Juli 1943 über Irland abgestürzt war. Auch über das Schicksal dieser Männer informiert nun ein QR-Code.
Vom Klassenzimmer in die Gesellschaft
Die Arbeit habe sich deutlich vom gewöhnlichen Geschichtsunterricht unterschieden. „Mich haben die individuellen Geschichten sehr interessiert“, sagt Nadja. Die Entzifferung der Originaldokumente sei eine spannende Arbeit gewesen. Ferdinand hat besonders beeindruckt, wie sich „aus den vielen verschiedenen Papieren“ eine Biographie ableiten ließ.
Schulleiter Christian Lübke betont: „Die Schülerinnen und Schüler haben erfahren, wie schulische Arbeit über den Klassenraum hinaus in der Öffentlichkeit wirken kann.“ Damit bringt er ein Prinzip der Volksbund-Bildungsarbeit auf den Punkt: Junge Menschen bekommen die Möglichkeit, sich in Form von gelebter, öffentlich wirksamer Erinnerungskultur mit der Geschichte der Weltkriege auseinanderzusetzen. Das hob auch die regionale Zeitung “Wicklow Times” hervor.
Grund genug für den Bezirksverband Braunschweig, das Engagement der Schülerinnen und Schüler mit Urkunden zu würdigen.
Bildungsarbeit hilft Kriegsgräberstätten
Im Frühjahr 2025 wird das Projekt fortgesetzt. Dann reist nicht nur eine Schülergruppe der Eichendorffschule nach Irland, sondern auch die Fachgruppe der Englisch-Lehrkräfte. Für sie ist in Glencree eine Fortbildung geplant.
Das Engagement von Susanne Wolf und ihrer Schule zeigt, was die Bildungsarbeit des Volksbunds bewirkt: Eine Schule fühlt sich einer Kriegsgräberstätte besonders verbunden und lebt diese Verbundenheit in der ganzen Schulgemeinschaft. Die Schülerinnen und Schüler arbeiten selbständig, sie machen Erfahrungen, die über den gewöhnlichen Unterricht weit hinausgehen, sie erleben die Wirksamkeit ihrer Arbeit und – was oft übersehen wird – sie werten Kriegsgräberstätten nachhaltig auf. Darum ist die Bildungsarbeit unverzichtbar für die Kriegsgräberfürsorge und für die Zukunft des Volksbundes.
Der Volksbund ist ...
... ein gemeinnütziger Verein, der dringend auf Spenden und Mitgliedsbeiträge angewiesen ist. Im Auftrag der Bundesregierung sucht und birgt er Kriegstote im Ausland, bestattet sie würdig, pflegt ihre Gräber in 46 Ländern und betreut Angehörige. Mit seinen Jugend- und Bildungsangeboten erreicht er jährlich rund 38.000 junge Menschen.