Nur kurze Zeit steht die Heide auf der Kriegsgräberstätte Costermano in voller Blüte. Erstmals machte der Volksbund Drohnenbilder des Naturschauspiels.
Costermano: Wo Erica zwischen Gräbern blüht
Kriegsgräberstätte am Gardasee – Ort der Erinnerung und Reflexion
Am Ufer des Gardasees, umrahmt von Bergen, liegt die Kriegsgräberstätte Costermano. Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. pflegt diesen Friedhof, der durch seine Schönheit besticht. Wie Aufnahmen unserer Drohne zeigen, kommt das Farbspektrum der Erica carnea, einer zarten, rosaviolett blühenden Heidepflanze, aus der Vogelperspektive besonders zur Geltung.
Wie ein Teppich überzieht die Erikablüte die Gräber der deutschen Kriegsgräberstätte Costermano in Italien. Wenn dieser heute so lieblich anmutende Ort im Herzen Venetiens nicht so eine düstere Geschichte hätte, könnte er eine Pilgerstätte für Pflanzenliebhaber und Touristen sein. Doch zwischen Zypressen und Orchideen liegen Steinkreuze als stille Zeugen des Weltkrieges.
Mehr als 22.000 Kriegstote sind hier bestattet, darunter Angehörige der Wehrmacht, aber auch SS-Angehörige, die an Kriegsverbrechen beteiligt waren. Die Hintergründe ihrer Taten werden nicht verschwiegen, sondern ausführlich und kritisch dargestellt. Zudem ist jedes Grab eine Mahnung für den Frieden. Warum das so ist, erklärt Volksbund-Archivarin Franziska Haarhaus im Video. Zum Abspielen hier klicken.
Ausstellung: Brücke zur Vergangenheit
Mit diesem Konflikt werden die Besucher nicht allein gelassen: Im Zentrum der Anlage steht die moderne Ausstellung, die vom Wissenschaftlichen Beirat des Volksbundes in Zusammenarbeit mit einem italienischen Historiker entwickelt wurde. Sie verwandelt abstrakte Zahlen in persönliche Schicksale. Briefe, Fotos, Videos und Biografien berichten von Jugendlichen, die als Soldaten, als „Kanonenfutter“ verheizt wurden; von Deserteuren, die ihr Gewissen über Befehle stellten; von Zivilisten, die an der Front starben.
Die Ausstellung verschweigt nicht die dunklen Kapitel von Krieg und nationalsozialistischer Herrschaft. Im Gegenteil: sie konfrontiert den Besucher mit Täter- und Opferrollen, stellt ein Schwarz-Weiß-Denken in Frage und zeigt die Beteiligung Einzelner an Kriegsverbrechen auf. Wie konnte geschehen, was geschah?
Kriegsgräberstätte als Lernort
„Costermano ist nicht nur ein Ort der persönlichen Trauer, sondern ist zu einem Lernort gewachsen, der einfache Antworten verweigert und zum Nachdenken anregt“, sagt Ausstellungsmacher Danny Chahbouni.
Das Konzept der Ausstellung geht zurück auf das Projekt „19-für-19“, mit dem Volksbund anlässlich seines 100. Geburtstags im Jahr 2019 den Startschuss für die Weiterentwicklung von 19 Kriegsgräberstätten in ihrer Funktion als Lernort gab. Der Leiter des Referats Informationsgrundlagen beim Volksbund übernahm das Ausstellungskonzept aus Costermano für andere Projekte, vom Baltikum bis zur Atlantikküste.
Magnet für Besuchergruppen
Der Friedhof ist längst kein abgeschotteter Ort mehr. Besucher aus Italien und Deutschland wandeln zwischen den Reihen. Schulklassen diskutieren über Verantwortung, Enkelkinder suchen nach Spuren ihrer Großväter.
Mittendrin steht Mauro Agostinetto, Friedhofsverwalter des Volksbundes. Eine italienische Besuchergruppe hängt gespannt an seinen Lippen und folgt seinen Berichten über die Weltkriegszeit. Zum Videorundgang hier klicken.
Neben unzähligen Namen deutscher Soldaten sind auf den Grabplatten auch italienische und französische Namen eingraviert. Auch 60 Frauen liegen hier, oftmals Krankenschwestern, die in Lazaretten verwundete Soldaten versorgten.
Weil Vergangenheit Zukunft braucht
Die Erikablüte im Winter zeigt symbolisch, dass Erinnerung an Kriegstote nicht einfrieren und nur an tristen, dunklen Orten stattfinden muss. Zusammen bilden die Erica carnea, die Gräber und die Ausstellung einen Dreiklang aus Schönheit, Trauer und Aufklärung.
Wer hier seinen Blick über die Gräberreihen schweifen lässt, spürt: Erinnerung ist nie nur Rückblick. In einer Zeit, in der Kriege in Europa wieder Realität sind, stellt Costermano die Frage: Wie wollen wir heute und in Zukunft miteinander leben – und was können wir für das Zusammenleben künftiger Generationen lernen?
Zum Videorundflug über die Kriegsgräberstätte Costermano am Gardasee.
