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Die dreimal zerstörte Kirche – und ein Geheimnis

Volksbund findet Kriegstote in Kroatien

Das kleine Örtchen Torvarnik liegt nördlich der kroatisch-serbischen Grenze und ist stolz auf seine schöne, weiß getünchte römisch-katholische Kirche. Dreimal schon war der Krieg über dieses Land hereingebrochen und hatte auch an dem Gotteshaus seine zerstörerischen Spuren hinterlassen. Gleich dreimal war es mehr oder weniger zerstört und anschließend wieder aufgebaut worden: im Ersten und Zweiten Weltkrieg sowie im jugoslawischen Bürgerkrieg. Nun entdeckte der Volksbund-Umbettungsdienst genau an diesem Ort acht deutsche Kriegstote. Fast alle werden vermutlich anhand der gut erhaltenden Erkennungsmarken identifiziert werden können.

 

Heute glänzt das Kirchenschiff wieder in strahlendem Weiß. Sein Turm ist schon von weitem sichtbar und gibt auf den ersten Blick keinerlei Hinweis auf seine vom Krieg gezeichnete Geschichte. Doch vor dem Haupteingang stehen dann die alten zerschlagenen Kirchenglocken, inzwischen verziert mit einem Blumentopf. Das Ensemble ergibt eine schlichte und dennoch beeindruckende Gedenkstätte. Sie mahnt zum Frieden und erinnert zugleich an die Opfer des Dorfes im letzten Krieg.

Ansonsten wirkt das Dorf ruhig und gepflegt, in der Dorfmitte findet sich eine Tankstelle aber auch viel Leerstand. Die Felder sind bestellt, die Tiere gefüttert und auch die Nachwehen der vergangenen Kriege scheinen bis auf die zerstörte Glocke vor der Dorfkirche längst vergessen. Doch der Eindruck täuscht – und nur ein paar alte Frauen, die nahezu ihr gesamtes Leben hier verbracht haben, wissen um das Geheimnis, dass sich hier im Kirchgarten gleich mehrere deutsche Gräber befinden.

Einst wurden hier schnell und notdürftig Gefallene verscharrt, heute ist das sprichwörtliche Gras darüber gewachsen. Doch die Gräber des Zweiten Weltkrieges waren immer noch da. Sie befanden sich direkt an der Friedhofsmauer und die Toten waren nur wenige Zentimeter tief bestattet worden. Die älteren Damen des Dorfes konnten sich noch an die frischen Gräber erinnern. Als dann Jahrzehnte später ein Mitarbeiter des Volksbund-Umbettungsdienstes im Dorf auftauchte, waren sie froh, dieses Geheimnis nun endlich lüften zu können. Für den Umbettungsdienst des Volksbundes sind solch präzise Angaben von noch lebenden Zeitzeugen Gold wert. Sie ermöglichen es, dass das Schicksal dieser Menschen nach Jahrzehnten noch aufgeklärt werden kann – und sie letztlich ein würdiges Grab bekommen.

Auf diese Weise gelang es dem Umbettungsdienst nun, insgesamt acht Gefallene zu exhumieren, bei denen bis auf einen auch die zugehörigen Erkennungsmarken geborgen werden konnten. Diese sind das wichtigste Indiz für die spätere Identifizierung der Toten.

Wir dürfen uns bei den Bewohnern aus Tovarnik bedanken, dass sie das Wissen um die Gräber erhalten und uns auch mitgeteilt haben. Unser Dank gilt zudem den kroatischen Arbeitern, die bei der Arbeit viel über die eigene Geschichte erfahren haben –  und nicht zuletzt der Deutschen Botschaft in Zagreb, welche uns bei den Genehmigungen sehr unterstützt hat.

Im Herbst sollen die Gefallenen auf der deutschen Kriegsgräberstätte in Zagreb-Mirogoy zur letzten Ruhe beigesetzt werden. 

Leonardo Lukinic der kroatische Leiter unserer Suchgruppe fasste die Situation in folgende Worte: „So oft wurde um dieses Dorf gekämpft – und jetzt ist alles leer.“ 

Thomas Schock