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Ein ungewöhnlicher Fund

Plastiksäcke mit Gebeinen auf der Kriegsgräberstätte Rossoschka abgestellt

Wenn Umbetter Denis Deryabkin Gebeine von Kriegstoten findet, ist das nichts Ungewöhnliches. Wenn sie jedoch in Plastiksäcken verpackt auf der deutschen Kriegsgräberstätte Rossoschka bei Wolgograd vor einem Gedenkstein liegen, schon. Umbettungsleiter Thomas Schock berichtet von diesem besonderen Fund und was es damit auf sich hat. 

„Wir sind uns sicher, dass Grabräuber die Säcke auf den Friedhof gebracht haben“, erklärt Thomas Schock. Der Volksbund hat die Gebeine sofort aufgenommen und untersucht – Knochen von 24 deutschen Kriegstoten. Neun Plastiksäcke an der Zahl mit jeweils einer Fotokopie einer Erkennungsmarke.

„So etwas passiert hin und wieder“, berichtet Schock mit ernster Miene. „Mit Erkennungsmarken und Fundgegenständen aus dem Zweiten Weltkrieg machen Grabräuber allzu oft profitable Geschäfte auf dem Schwarzmarkt.“

Glück im Unglück

„Verhindern können wir das nicht“, so Schock weiter. „Wir können nur damit umgehen. Das hat auch damit zu tun, dass wir vom Volksbund nicht die einzigen sind, die offiziell nach Kriegstoten in der Russischen Föderation suchen dürfen. Laut Kriegsgräberabkommen sind auch andere Suchtruppen dazu berechtigt. Leider mischen sich darunter auch unseriöse Grabplünderer. Wie Jäger und Sammler suchen sie nach Feldgräbern in Wäldern und Sümpfen. Im schlimmsten Fall lassen sie die Gebeine einfach so im Wald zurück.“
Die Folgen sind gravierend. Fehlt die Erkennungsmarke, ist die nachträgliche Identifizierung eines Kriegstoten nahezu unmöglich. Die Schicksale bleiben ungeklärt, die Angehörigen im Ungewissen. 

„In diesem Fall hatten wir noch Glück im Unglück. Die Gebeine können wir zwar nicht mehr direkt einer Erkennungsmarke zuordnen und zu 100 Prozent voneinander trennen, aber zumindest haben wir durch die Fotokopien die Chance, neun der 24 Kriegstoten namentlich zu identifizieren. Schock appelliert: „Überreicht dem Volksbund zumindest die Erkennungsmarken. Das geht auch anonym. Besser wäre, wenn wir zusätzlich die Geodaten des Fundorts erhalten. Oftmals befinden sich mehrere Grablagen in unmittelbarer Nähe. Im Idealfall können wir diese Gräber selbst exhumieren, den Fund professionell dokumentieren und Angehörige benachrichtigen.“

Im Fall Rossoschka haben Denis Deryabkin und sein Team die Gebeine einer ausführlichen Untersuchung unterzogen, zu der ein Abgleich der Erkennungsmarken mit dem Alter beziehungsweise Erhaltungszustand der Gebeine gehört. Erfahrene Umbetter können Skelette „lesen“: So sind beispielsweise über den Zahnbefund Rückschlüsse möglich, ob es sich um einen deutschen oder sowjetischen Soldaten handelte.

Es geht auch anders

„Wir arbeiten öfters mit russischen Suchgruppen zusammen“, ergänzt Thomas Schock, „die ihre Arbeit seriös und professionell durchführen. Manche werden speziell vom Volksbund beauftragt. Dabei liegt uns die Schicksalsklärung am Herzen. Deshalb setzt sich der Volksbund immer wieder für eine würdige Umbettung der Toten und eine gewissenhafte Suche nach Identifizierungsmöglichkeiten ein.“ 

Wichtiger Hinweis in diesem Zusammenhang: Häufig werden auf Flohmärkten oder im Internet Erkennungsmarken zum Verkauf angeboten. Das ist illegal! Kaufen Sie keine Erkennungsmarken! Sind sie einmal von den Gebeinen getrennt, ist ein weiterer Kriegstoter nicht mehr zu identifizieren. Erkennungsmarken können anonym beim Volksbund abgegeben werden - möglichst mit Geodaten der Fundstelle.