Intensive Gesprächsrunden gehörten zum Treffen der Gräberdienste ebenso wie ein Museumsbesuch und eine Führung zu Gedenkorten im Stadtzentrum. (© Heike Dörrenbächer)
Europäische Kriegsgräberdienste zu Gast in Berlin
„European War Heritage Working Group“: Austausch über aktuelle Projekte und weitere Zusammenarbeit
Elf Organisationen waren vertreten, als sich die Europäische Kontaktgruppe Kriegsgräberfürsorge („European War Heritage Working Group“) in Berlin traf. Das Ziel: aktuelle Projekte vorstellen und die Möglichkeiten für die weitere, noch engere Zusammenarbeit ausloten.
Partnerorganisationen des Volksbundes von Großbritannien bis Ungarn und von Norwegen bis Italien (inklusive des US-amerikanischen ABMC) waren dabei. Katja Keul, Staatsministerin im Auswärtigen Amt, begrüßte die Gruppe bei einem Empfang, auf dem Prof. Dr. Hans-Gert Poettering über die Errungenschaften der europäischen Einigung sprach. Dabei bezog sich der frühere Präsident des Europäischen Parlaments (2007 bis 2009) in seiner bewegenden Rede immer wieder auf seine Familienbiographie.
Diskussion über gemeinsame Charta
Am zweiten Tag ging es vor allem darum, die Zusammenarbeit zu verstetigen, indem die Gruppe die zukünftige gemeinsame Charta diskutierte. Alle bekannten sich zu einem Ausbau der Kooperation. Wo möglich, soll das in Zukunft auch im Rahmen der EU-Projekte „CERV” und „Creative Europe“ erfolgen. Der Volksbund erklärte sich bereit, aufgrund seines ausgeprägten Profils in der Jugend- und Bildungsarbeit zukünftige eine Scharnierfunktion zu übernehmen.
Weiteres Thema waren die Gedenkfeiern zu „80 Jahre Landung in der Normandie” – ein gemeinsamer Höhepunkt im Jahr 2024. Auch praktische Beispiele der Arbeit standen im Fokus. So meistern Italiener und Österreicher eine der neuen Herausforderungen der Kriegsgräberfürsorge in enger Zusammenarbeit: Durch den Klimawandel und seine Auswirkungen in den Alpen gibt die Natur zunehmend die Gebeine von Soldaten des Ersten Weltkrieges frei.
Thema Flucht und Vertreibung
Im„Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ in Berlin sprach Referentin Ida Hattenberger – von der aktuellen weltweiten Fluchtsituation ausgehend – über die Vorgeschichte der NS-Ideologie, die letzten Endes zur Vertreibung Millionen Deutscher aus Mittel- und Osteuropa geführt hatte.
Wie schwierig die Thematik heute ist, werde nicht zuletzt daran sichtbar, wie sehr die Begriffe „Flüchtlinge/Vertriebene“ politisch aufgeladen seien. Auch der Begriff „Heimat“ sei heute durchaus sehr unterschiedlich besetzt, hieß es.
Gedenkspaziergang
Martin Bayer, Geschäftsführer des Landesverbandes Berlin, begleitete die internationale Gruppe auf einem Gedenkspaziergang, den er in Zeiten der Pandemie konzipiert hatte. Stationen waren unter anderem das Sowjetische Ehrenmal im Tiergarten, das Denkmal für die ermordeten Juden in Europa, das Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen und das für die ermordeten Sinti und Roma.
Jede Station für sich gab Gelegenheit, aktuelle Fragen der Erinnerungskultur zu erläutern. Zum Abschluss des Treffens legte der Volksbund mit seinen Partnern einen Kranz in der Neuen Wache in Berlin nieder.
Text: Dominik Tomenendal (Leiter des Referats Erinnerungskultur und Netzwerkarbeit)
Kontakt
Der Volksbund ist ...
... ein gemeinnütziger Verein, der im Auftrag der Bundesregierung Kriegstote im Ausland sucht, birgt und würdig bestattet. Fast 12.000 waren es im vergangenen Jahr. Der Volksbund pflegt ihre Gräber in 46 Ländern und betreut Angehörige. Mit seinen Jugend- und Bildungsangeboten erreicht er jährlich rund 38.000 junge Menschen.
Die Gräbersuche Online umfasst inzwischen rund 5,4 Millionen Datensätze. Wer noch einen Angehörigen vermisst, kann dort recherchieren und gegebenenfalls einen Suchantrag stellen. Der Volksbund ist dringend auf Spenden und Mitgliedsbeiträge angewiesen.