Mehr als 4.300 deutsche Soldaten sind in diesem monumentalen Gruftbau in Sichtweite der ägyptischen Mittelmeerküste beigesetzt. Gut zu erkennen sind die Schäden am Betonring. (© Volksbund)
Großbaustelle: Totenburg in El Alamein braucht neues Dach
Deutsche Kriegsgräberstätte in Ägypten derzeit gesperrt – Volksbund schätzt Kosten auf 80.000 Euro und bittet um Spenden
Im Januar 1956 fällt der Startschuss: In nur drei Tag- und Nachtschichten entsteht in der ägyptischen Wüste ein Rohbau, der an eine Festung erinnert. Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. lässt eine Totenburg errichten und weiht sie im Oktober 1959 ein. Heute muss die Kriegsgräberstätte El Alamein dringend saniert werden.
Das Wüstenklima und die Nähe zum Mittelmeer haben dem architektonischen Schwergewicht zugesetzt. Risse sind im Beton und in den Natursteinmauern entstanden, sodass sich Wasser einen eigenen Weg vom Flachdach nach unten sucht und damit die Schäden noch vergrößert.
Obelisk: Gestein aus der Eifel
540 Lastzüge voll mit Rötlichem Kalksandstein aus Marsa Matruk sind hier verbaut, herangeschafft aus einem Steinbruch etwa 145 Kilometer entfernt. Der Obelisk im Mittelpunkt des Gruftbaus dagegen ist aus Eifel-Basaltlava.
Er steht für „Heimat in der Fremde“ – ein solches Element durfte für den damaligen Chefarchitekten des Volksbundes, Robert Tischler, bei der Konzeption der Anlage nicht fehlen. Danach wählte er das Gestein für die letzte Ruhestätte deutscher Soldaten aus.
Wendepunkt des Krieges
30 der hier Bestatteten kamen im Ersten Weltkrieg um, die weitaus meisten starben im Zweiten Weltkrieg. Die Schlacht um El Alamein im Herbst 1942 gilt als Wendepunkt in Afrika.
Nur eine schmale Tür
Mehr als 2.000 Kubikmeter Beton wurden verbaut. Am Ende ragte die Totenburg knapp zwölf Meter in die Höhe bei einem Durchmesser von rund 42 Metern. Einziger Zugang: eine schmale Tür.
Lässt die Architektur auf eine strategische Bedeutung schließen? Sollte dieses Bauwerk so kurz nach Kriegsende womöglich einen militärischen Mehrwert in der Zukunft haben?
Internationales Interesse
Diese Frage und viele andere standen bei einem Vortragsabend 2024 in Kassel im Raum – ein Beispiel dafür, dass die Kriegsgräberstätte auch fast 70 Jahre nach ihrem Bau von öffentlichem, sogar von internationalem Interesse ist (mehr lesen).
Zweites Beispiel: die Gedenkveranstaltungen zum Ende der Schlacht um El Alamein 1942. Vertreterinnen und Vertreter von rund 40 Nationen nahmen 2022 daran teil (mehr lesen).
„Starke Geste der Versöhnung“
„Eine starke erinnerungskulturelle Geste der Versöhnung und des gemeinsamen Gedenkens ehemaliger Kriegsgegner“, nennt Stefan Dworak, stellvertretender Volksbund-Generalsekretär, diese Tradition. 2022 wurden dabei auch Soldaten beigesetzt, die in den Monaten zuvor in der Wüste exhumiert worden waren (mehr lesen).
Steinblöcke und Betonring abtragen
Derzeit ist der monumentale Bau für Besucherinnen und Besucher gesperrt. Ein Gerüst ist aufgestellt für erste Maßnahmen an der Attika – einem niedrigen Aufbau innen und außen, der bei historischen Bauten das Dach verdecken sollte.
Aktuell werden die Natursteinblöcke und auch der vorgelagerte, beschädigte Ring aus Beton abgetragen. Anschließend müssen die freigelegten Flächen provisorisch abgedeckt werden.
Bis Ende 2026 sanieren
Ziel ist es, das Dach bis Ende 2026 vollständig instand zu setzen. Dafür muss das ganze Flachdach mitsamt den seitlichen Balkonen saniert werden. Danach werden innere und äußere Attika wieder aufgebaut. Dachfläche: etwa 760 Quadratmeter, Gesamtfläche der Balkone: etwa 66 Quadratmeter. Die Kosten schätzt der Volksbund derzeit auf rund 80.000 Euro.
Noch sind Fragen zum Material und zum Verfahren der Sanierung offen. „Schwierig sind die starken Temperaturunterschiede in der Wüste und der Salzgehalt der Luft so nah am Meer“, sagt Jens Marpe. Der neue Leiter des Baureferats hat Erfahrung mit Gruftbauten: Erst 2024 hat er ein ähnliches Großprojekt – die Dachsanierung in Mont d’Huisnes in Frankreich – erfolgreich zu Ende gebracht.
Scheich als Hauptverwalter
Seitdem die Totenburg steht, kümmert sich die Beduinen-Familie Waer Abdeldayem verantwortungsbewusst und mit enomem Pflichtgefühl um diese Kriegsgräberstätte. So verhinderte sie sogar schon unter Einsatz von Schusswaffen, dass Diebe das Tor entwendeten.
Scheich Abdelraouf Waer Abdeldayem hatte schon am Bau der Anlage mitgewirkt. Nach seinem Tod 2020 trat sein Sohn Abdelmoneim Abdelraouf die Nachfolge als Hauptverwalter an.
