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Mont d'Huisnes: Großprojekt nach gut vier Jahren abgeschlossen

Volksbund saniert Mausoleum: Ort, an dem man besonders nachhaltig aus der Geschichte lernen kann

Das Projekt ist abgeschlossen: Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. hat das einzige deutsche Mausoleum in Frankreich komplett saniert. Fast 12.000 Tote sind dort bestattet. Einige von ihnen sind in der neuen Ausstellung porträtiert.
 

Das rauhe Klima in der Normandie so nah an der Küste hatte dem Bau zugesetzt. Das Dach war undicht geworden und auch die feuchte, salzhaltige Luft hatte in den 68 Gruftkammern Schaden angerichtet– Betonsanierung der besonderen Art war nötig geworden.

Corona verzögerte den Beginn und so dauerte es viereinhalb Jahre vom Planungsstart bis zum Abschluss. Mehr als 1,5 Millionen Euro kostete die Sanierung von rund 1.150 Quadratmetern Stahlbeton, des Daches mit rund 1.400 Quadratmetern und 650 Meter Entwässerungsleitungen. 

 

Schweres Gerät auf dem Dach

Das Dach ist dreifach gedeckt: Mit Bitumen als Abdichtung, Erde und Grün. Ein Kraftakt, das alles abzunehmen und wieder aufzutragen. Dabei halft das Technische Hilfswerk Ofterdingen in Baden-Württemberg ehrenamtlich mit Muskelkraft und schwerem Gerät. Jetzt wachsen dort wieder pflegeleichte Pflanzen. 
 

Das Grab des Urgroßvaters sehen

Die Erinnerung an die Toten wachzuhalten – das gehört zur Kriegsgräberfürsorge dazu. Nach der Gedenkveranstaltung zum 80. Jahrestag des D-Day eröffnete der Volksbund darum am 7. Juni eine neue, in weiten Teilen digitale Ausstellung in Mont d'Huisnes. Unter den mehr als 500 Gästen waren auch Günther und Sigrid Lehner aus Ingolstadt mit ihren Enkeln Anna und Jannik.

„Wir wollen ihnen das Grab meines Vaters zeigen“, so Günther Lehner. Der am 5. Februar 1908 geborene Karl Lehner war als Sanitäter bei der Wehrmacht und fiel am 18. August 1944. Sigrid Lehner ergänzte: „Mit unseren Kindern waren wir in den 70er Jahren schon hier, aber wir finden, dass die Enkel das Grab des Urgroßvaters auch sehen sollten.“ „Leider lernt die Menschheit nichts dazu“, sagt der Ehemann.
 

Eindrücklich und nachhaltig lernen

„Wir glauben, dass man an diesem Ort besonders eindrücklich, nachhaltig und mit allen Sinnen lernen kann“, sagte Danny Chahbouni bei der Eröffnung. „Wir stellen den Kontext her und ordnen die Lebensgeschichten von Kriegsbeteiligten in die Geschichte. Wir versuchen, die Toten aus der Anonymität zu holen, sie wieder sprechen zu lassen.“

Nicht alle Zitate seien verständlich für junge Menschen im 21. Jahrhunderts. „Oftmals stößt man auf Aussagen, die man persönlich ablehnt. Diese Erfahrung ist für Lernprozesse sehr wichtig“, so der Ausstellungsexperte weiter. Er leitet das Volksbund-Referat Informationsgrundlagen und Ausstellungen.

„Operation Overlord“

Ein Film mit Originalaufnahmen informiert die Besucher über die verschiedenen Phasen der „Operation Overlord“, der Landung der Alliierten in der Normandie. Mit ihr begann die Befreiung Europas von der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Er endet mit einer bitteren Bilanz: 250.000 Deutsche, 200.000 Alliierte und 17.000 französische Zivilisten starben bei den Kämpfen. 

Die Zahlen sind kaum begreifbar und die Tragödie des Einzelnen geht in der schieren Masse verloren. Deshalb sind Biographien ein wichtiges Element der Volksbund-Bildungsarbeit und auch der Ausstellung. Warum musste ein Schuljunge sterben, der zwischen die Fronten geriet? Wie konnte es passieren, dass ein liebevoller Vater die massenhafte Ermordung von Kindern befahl?

Edmond Baton starb mit 14 Jahren

Antworten darauf kann der Volksbund auch im Rund des Mausoleums in Mont d’Huisnes nicht geben, aber er kann Entwicklungen und Zusammenhänge nachzeichnen. Er kann dazu auffordern, die Frage zu stellen: Was hätte ich getan? Was würde ich heute tun?  

Edmond Baton, ein 14-jähriger Gymnasiast aus Lauterbach an der Saar, war im Februar 1945 vor der näher rückenden Front nach Bad Reichenhall evakuiert worden und wollte sich mit einem Schulkameraden nach Hause durchschlagen. Sie schafften es bis nach Straßburg, wurden dort aber festgenommen. Im Internierungslager Poitiers starb Edmond am 14. Juli 1945 den Hungertod.
 

Vom Wert der Wahrheit

Die neuseeländische Autorin Karen Holdom war von seinem Schicksal so berührt, dass sie es in einen Roman verarbeitete. Sie nahm Kontakt zur Familie Baton auf. Bei der Ausstellungseröffnung sagte sie: „Morgen bin ich wieder unterwegs, um Joseph Baton und den Rest der Familie in Creutzwald und Lauterbach zu besuchen und über die heutige wunderbare Zeremonie und die schöne Ausstellung zu berichten, die Edmunds Geschichte so gut erzählt.“

Die Familie sei begeistert, dass der Volksbund das Schicksal des 14-Jährigen so ausführlich nachzeichne. „Mein Buch ist ein fiktives Werk, das von den Fakten aus Edmunds Leben inspiriert ist, aber nicht durch sie eingeschränkt wird“, so die Autorin. „Die Ausstellung stellt sicher, dass die Fakten für künftige Generationen öffentlich zugänglich bleiben. Die Wahrheit ist wichtig in diesen Tagen der Fehlinformation!“
 

Nach 70 Jahren identifiziert 

Auch Angehörige von Lawrence Samuel Gordon, einem jungen Kanadier im Dienst der US-Army, waren bei der Gedenkveranstaltung im Juni 2024 dabei. Sein Spähpanzer war am 13. August 1944 zerstört worden. Er war zunächst irrtümlich als „unbekannter deutscher Soldat“ in Mont d’Huisnes bestattet worden. 2014 wurde Gordon identifiziert und in seine Heimat Saskatchewan überführt.

Lawrence Gordon und Jed Henry von der „Lawrence Gordon Foundation“ waren froh darüber, dass ihr Angehöriger zumindest in der Ausstellung unsterblich sei. Die Foundation widmet sich der Suche von in Kriegen und Kampfhandlungen Vermissten, ihrer Identifizierung und der Bewahrung ihres Andenkens.

Fragen an den Ausstellungsmacher

Wie entwickelt man ein Projekt über einen so schwierigen Ort, an dem Opfer und Täter, Kriegsgegner, Zivilisten und Soldaten bestattet sind? Peter Wellach von der Berliner Agentur beier+wellach ist Fachmann für große Ausstellungen, hat sich intensiv mit Kriegsgräberstätten beschäftigt und das Konzept für Mont d’Huisnes zusammen mit dem Volksbund entwickelt. 

Der studierte Historiker und gelernte Dramaturg sagt dazu: „Es ist eine enorme Aufgabe“, Kriegsgräberstätten als Lernorte zu nutzen und gleichzeitig die Ruhe der Toten und die Trauer der Angehörigen zu respektieren. Die Friedhofsruhe dürfe nicht durch Informationsmedien „überformt” werden.
 

Behutsam vorgehen

„Der Volksbund muss behutsam vorgehen“, so Wellach weiter. Auf deutschen Kriegsgräberstätten stünden die Toten einer Angriffsarmee im Mittelpunkt – in dem Land, das angegriffen wurde. „Wir müssen immer daran denken, welches Leid die Militärangehörigen in das Land gebracht haben, in dem sie bestattet sind.“ 

Wertvollstes Exponat der Ausstellung in Mont d’Huisnes ist ein kunsthistorisches Objekt mit beträchtlichem Ausmaß: ein Bleiglas-Fenster aus dem Jahr 1963. Es misst 21,5 Quadratmeter. Auch das hat der Volksbund aufwändig sanieren lassen.

Wieder eingebaut wurde es im Dezember 2023. Davon erzählt eine Geschichte im Jahresbericht 2023 (ab Seite 18): „Neue Perspektiven für Mont d'Huisnes”. Die Austellung ist hier vorgestellt: Mont d’Huisnes: Lebensbilder in einem Gruftbau.

Text: Diane Tempel-Bornett (Pressesprecherin), Christiane Deuse (Redakteurin)
 

Großprojekt im Rückblick

Aus den Anfängen des Projekts Mont d'Huisnes berichtete die FRIEDEN in der Ausgabe 2-2020 unter dem Titel „Um Haarrissbreite” (ab Seite 34). Volksbund-Großprojekt in Frankreich: Gruftbau wird endlich saniert hieß es im Juli 2022. Kurz vor dem Abschluss entstand der Artikel Mont-de-Huisnes: vom Großprojekt auf der Zielgeraden.

Artikel zur internationalen Gedenkveranstaltung am 7. Juni 2024 zu 80 Jahre D-Day: Mont d’Huisnes zum D-Day: „Unzerbrechliche Bande“ 
Porträt der Kriegsgräberstätte mit weiteren Biographien: Kriegsgräberstätte: Mont d'Huisnes - Bau, Pflege und Instandsetzung

Der Volksbund ist …

… ein gemeinnütziger Verein, der im Auftrag der Bundesregierung Kriegstote im Ausland sucht, birgt und würdig bestattet. Fast 12.000 waren es im vergangenen Jahr. Der Volksbund pflegt ihre Gräber in 45 Ländern und betreut Angehörige. Mit seinen Jugend- und Bildungsangeboten erreicht er jährlich rund 38.000 junge Menschen. Der Volksbund ist dringend auf Spenden und Mitgliedsbeiträge angewiesen.
 

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