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Munitionsfund stoppt Winterberg-Sondierung

Fortsetzung der Grabungen in Frankreich bis auf Weiteres beendet

Kurz vor zwei Uhr am Donnerstag schlugen die Experten des französischen Kampfmittelbeseitigungsdienstes Alarm: An mehreren Stellen im dichten Wald rund um den Winterberg-Tunnel hatten Soldaten kurz zuvor Handgranaten mit explosiver Pikrinsäure entdeckt. Wenig später stand fest: Die Suchaktion wird abgebrochen.

Die Substanz, wissenschaftlich als „2,4,6-Trinitrophenol (TNP)“ bezeichnet, reagiert auf Druck, Reibung, Wärme und Hitze. Auch nach Jahrzehnten. Angesichts dieser neuen Situation beschlossen Arne Schrader, technischer Projektleiter des Volksbundes, und sein französischer Kollege, Eric Maury vom Generalsekretariat der ONAC, die Sondierungsarbeiten bis auf weiteres abzubrechen. Schrader sagte auf der folgenden Pressekonferenz: „Die Totenruhe ist wichtig, aber die Sicherheit der Mitarbeiter ist wichtiger.“
 

Bohrer bricht im Kalkgestein

Schon am Vormittag hatte sich gezeigt, dass die Suche nach dem Tunnel deutlich aufwändiger ist als ursprünglich vermutet. Mehrfach mussten Grabungen und Bohrungen unterbrochen werden. Bagger hatten sich mehrere Meter tief in den Sand unter dem Waldboden gefressen, aber die massiven Bohrer stießen dennoch nicht durch die kalkhaltigen Schichten bis zur vermuteten Tunneldecke vor.

Auch ein tags zuvor seitlich entdeckter Lüftungsschacht, der mit Schaufeln erweitert worden war, brachte keine Annäherung an den Tunnel, in dem die sterblichen Überreste von mehr als 250 deutschen Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg vermutet werden. Ein Bohrer brach und musste zweimal geschweißt werden. Funde von Uniformen und Schulterklappen mit der Zahl 111 belegen, dass die Experten des Volksbundes, der ONAC und der Archäologiebehörde DRAC dem Reserve-Infanterie-Regiment 111 aus Baden dicht auf der Spur sind. 
 

Granaten liegen im Waldboden

In einer kurzen Pressekonferenz mit französischen Medienvertretern sagte Jérome Malet von der Präfektur de l’Aisne: „Hier gibt es eine sehr gute Zusammenarbeit zwischen den französischen und deutschen Partnern.“ Die Sondierung sei gewissenhaft vorbereitet worden, zahlreiche Genehmigungen mussten eingeholt werden.

Arne Schrader, der beim Volksbund die Abteilung Gräberdienst leitet, ergänzte: „In den vergangenen Wochen mussten wir eine Entscheidung treffen, wegen der nicht genehmigten Grabungen den Prozess der Sondierung zu beschleunigen.“ Dazu habe man historische Karten mit aktuellen Landvermessungen abgeglichen. Schrader betonte: „Ziel war es, zu erkunden, ob es einen gefahrlosen Zugang zum Tunnel gibt.“

Angesichts der gefundenen Munitionsreste im Wald, darunter zwei große Granaten, habe sich diese Hoffnung nicht erfüllt. Das sei bedauerlich, da die deutschen und französischen Soldaten die technischen Möglichkeiten gehabt hätten, etwa mit Robotern den Tunnel zu erkunden.
 

„Die Toten ruhen hier geschützt“

Gemeinsam mit Eric Maury von der ONAC, mit Vertretern der Kulturbehörde DRAC und der Forstbehörde ONF sei man sich einig, so Schrader, dass die Arbeiten nicht fortgesetzt werden könnten. Schließlich lägen keine weiteren Genehmigungen für Grabungen vor. „Die Toten ruhen hier nach menschlichem Ermessen geschützt“, so der Projektleiter angesichts der massiven Erdstürze vor dem möglichen Tunneleingang.

Auch wenn Grabräuber mit massivem Werkzeug wie Baggern anrückten, hätten sie kaum Möglichkeiten, den Tunnel – ohne Gefahr für Leib und Leben – zu öffnen. Jérome Malet von der Präfektur ergänzte, dass der Wald von Craonne eine „rote Zone“ bleibe, die kontrolliert werde. Wichtig sei es, dass hier künftig der Toten gedacht werde. Schrader sagt abschließend: „Wir werden mit unseren französischen Partnern klären, wie wir vor Ort würdig an die Toten erinnern können.“

Den Bericht vom ersten Tag der Suchaktion finden Sie hier.

Text: Harald John 
Fotos: Uwe Zucchi und Harald John

 

Harald John Abteilungsleiter Öffentlichkeitsarbeit