Weiterbildung auf der flächenmäßig größten deutschen Kriegsgräberstätte weltweit: Sjoerd Ewals, Leiter der Jugendbildungs- und Begegnungsstätte Ysselsteyn, stellt das 2023 errichtete Gedenkzeichen vor. (© Marlene Böttcher)
Ysselsteyn: Volksbund-Bildungsexperten tauschen sich aus
„Geballte pädagogische Kraft“ – Jahrestagung mit Fortbildung, Exkursion und Workshops
Bildungsarbeit ist eine Kernaufgabe des Volksbundes. Um sich fortzubilden und auszutauschen, treffen sich einmal im Jahr alle, die im Verein hauptamtlich Geschichte vermitteln: Bildungsreferentinnen und -referenten der Landesverbände, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jugendbegegnungs- und Bildungsstätten (JBS) sowie der Internationalen Jugendbegegnungen und Workcamps. Die diesjährige Tagung fand in der JBS Ysselsteyn statt.
Aus ganz Deutschland und dem Elsass waren sie in die Niederlande gekommen. Vier Tage ging es um persönlichen Erfahrungsaustausch, um Methoden, Lösungsansätze und das Gespräch mit Partnerorganisationen. Auch Vertreterinnen und Vertreter des Bundesjugendarbeitskreises (BJAK) waren eingeladen, die Jugend- und Bildungsarbeit des Volksbundes weiterzuentwickeln. Dr. Vasco Kretschmann, Fachbereichsleiter Friedenspädagogisches Arbeiten an Schulen und Hochschulen, spricht von der „geballten pädagogischen Kraft des Volksbundes“, die sich in Ysselsteyn getroffen habe.
Fruchtbare Gespräche
Dr. Heike Dörrenbächer, Abteilungsleiterin Gedenkkultur und Bildung, eröffnete die mehrtägige Veranstaltung und informierte über aktuelle Themen. „Die Tagung bietet eine einmalige Gelegenheit für den Austausch auf allen Feldern“, sagt Pawel Prokop, Fachbereichsleiter Internationale Jugendbegegnungen. „Die Kontakte untereinander werden intensiver.“
„Es ist sehr fruchtbar, dass die Tagungen in einer der JBS stattfinden“, findet Constanze Thielen, Fachbereichsleiterin Jugend- und Begegnungsstätten – weil die Angebote der JBS ebenso Raum haben wie der Austausch innerhalb der Gruppe. „Im persönlichen Kontakt können wir am besten von- und miteinander lernen.“
Kriegsgräberstätte als Lernort
Ein Besuch in der JBS Ysselsteyn legt die Auseinandersetzung mit der benachbarten Kriegsgräberstätte nahe, der einzigen deutschen in den Niederlanden. Sjoerd Ewals und Jan Heemels stellten sie vor und gaben Einblicke in ihre Arbeit. Dabei fand das 2023 eingeweihte Gedenkzeichen „Gates of Remembrance“ besondere Beachtung – ist es doch das bisher einzige seiner Art, das auf einem deutschen Friedhof an die Opfer des nationalsozialistischen Terrorregimes erinnert. Dieser multiperspektivische Ansatz wertet die Kriegsgräberstätte auch als Lernort auf.
Angesichts gesellschaftlicher Entwicklungen müssen pädagogische Konzepte immer wieder an neue Herausforderungen angepasst werden. Einschnitte wie die Pandemie oder der Ukrainekrieg führen zu der Frage: Wie geht man mit traumatisierten Jugendlichen um? Mit der Psychologin Katrin Kuhla besprachen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Beispiele aus ihrem Arbeitsalltag und suchten nach sensiblen und praxisnahen Lösungsansätzen.
Amerikanischer Friedhof

Bei einem Besuch auf der amerikanischen Kriegsgräberstätte Margraten, dem „Netherlands American Cemetery“ (einer Partnereinrichtung der JBS Ysselsteyn), nahmen die Bildungsreferentinnen und -referenten an einer Führung teil und lernten Methoden und Projekte der dortigen Kollegen kennen. Auch sie arbeiten mit Biographien und Feldpostbriefen und versuchen, den Toten ein Gesicht zu geben. Doch die Perspektive der Amerikaner ist eine andere, was sich auch in der Art des Gedenkens niederschlägt. Um beide Seiten zu verstehen, empfiehlt es sich, beide Kriegsgräberstätten zu besichtigen – ein Ansatz, den die JBS gemeinsam mit dem Team in Margraten ausgearbeitet hat.
Mit neuen Ideen und Impulsen ging es für die Tagungsteilnehmerinnen und -teilnehmer wieder zurück in ihre Heimatorte. „Die vier Tage waren in vielerlei Hinsicht anspruchsvoll, aber ich komme sehr glücklich und voll positiver Energie nach Hause“, lautet das Fazit von Pawel Prokop.
Angebote in allen Bundesländern
In allen 16 Landesverbänden gibt es Bildungsreferentinnen und -referenten, die als Ansprechpartner für Lehrkräfte zur Verfügung stehen. Täglich gehen sie in Schulen, planen Projekttage, Workshops, Besuche auf Kriegsgräberstätten und Reisen zu Jugendbegegnungs- und Bildungsstätten. „Wir können allen Schulen ein Angebot machen“, sagt Vasco Kretschmann. Dank der föderalen Struktur ist das pädagogische Personal des Volksbundes in allen Regionen der Republik aktiv.
Übrigens ist der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. jetzt mit seinen bundesweiten Lehrkräfteseminaren als Bildungsträger von der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) anerkannt. Für die Veranstaltungen 2025 können sich Lehrerinnen und Lehrer ab sofort anmelden.
Ziel für Klassenfahrten
Schulklassen und andere Gruppen erhalten in den Jugendbegegnungs- und Bildungsstätten des Volksbundes nicht nur Kost und Logis, sondern können auch die geschichtsdidaktischen Programme der jeweiligen JBS nutzen.
Anmeldungen möglich
Auch außerhalb von Schulen macht der Volksbund Bildungsarbeit: In den Sommermonaten können Jugendliche und junge Erwachsene, die sich für Geschichte, Politik und andere Kulturen interessieren, unter zahlreichen Internationalen Jugendbegegnungen und Workcamps in ganz Europa auswählen – eine Möglichkeit, sich aktiv für ein friedliches Miteinander zu engagieren. Die Anmeldungen für dieses Jahr laufen bereits.
Der Volksbund ist...
... ein gemeinnütziger Verein, der im Auftrag der Bundesregierung Kriegstote im Ausland sucht, birgt und würdig bestattet. Mehr als 11.000 waren es im vergangenen Jahr. Der Volksbund pflegt ihre Gräber in 45 Ländern und betreut Angehörige. Mit seinen Jugend- und Bildungsangeboten erreicht er jährlich rund 38.000 junge Menschen. Für seine Arbeit ist er dringend auf Mitgliedsbeiträge und Spenden angewiesen.
