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„Wichtig für Kreta und ganz Griechenland“

Volksbund eröffnet Ausstellung in Maleme: Bürgermeister Ioannis Malandrakis lobt multiperspektivischen Ansatz

Der Weg ist noch lang, aber ein Meilenstein ist gesetzt: Mit der neuen Dauerausstellung auf der Kriegsgräberstätte Maleme auf Kreta hat der Volksbund viel angestoßen. Wieviel – das wurde bei der Eröffnung in kleinem Rahmen am 24. Oktober 2021 an mehreren Stellen sichtbar.

Deutliche Akzente setzten dabei der Bürgermeister der Gemeinde Platanias, Ioannis Malandrakis, der den Soldatenfriedhof zum ersten Mal in seiner zwölfjährigen Amtszeit besuchte, Sonja Bohnet von der Deutschen Botschaft in Athen und Prof. Dr. Loretana de Libero vom Volksbund-Bundesvorstand.

 

Was bisher nicht sichtbar war

Die Ausstellung in von Grund auf saniertem Gebäude eröffnet neue Perspektiven auf die Invasion ab dem 20. Mai 1941 und die Besatzungszeit bis 1945. Bürgermeister Malandrakis hob hervor, dass jetzt Geschichten und Merkmale erzählt und bezeichnet seien, die bisher nicht sichtbar waren, dass der Blick auf die Vergangenheit nicht einseitig, sondern multiperspektivisch sei. „Das ist wichtig für Kreta und ganz Griechenland.“

Malandrakis forderte das wiedervereinte Deutschland dazu auf, Verantwortung zu übernehmen für das, was geschehen ist, und seine Stärke dazu zu verwenden, Versöhnung und Zusammenarbeit mit Griechenland weiter zu stärken. „Griechenland ist bereit dazu“, sagte er. Sein abschließendes Urteil über die Ausstellung am Rande der Eröffnung: „ein gutes Resultat“. 

 

Erinnern an die dunklen Seiten

„Die Erinnerung an die gemeinsame Geschichte – insbesondere auch an ihre dunkle Seiten – ist Voraussetzung dafür, dass wir Deutsche und Griechen gemeinsam unsere Zukunft gestalten und uns für ein friedliches, soziales, nachhaltig wirtschaftendes Europa einsetzen“, sagte Sonja Bohnet, Leiterin des Kultur- und Pressereferats der Deutschen Botschaft. Die Ausstellung, die das Auswärtige Amt mitfinanziert hat, rücke die Darstellung der von der Wehrmacht verübten Kriegsverbrechen in den Fokus – das sei von größter Bedeutung, sagte die Vertreterin des Botschafters.

„Den zahlreichen griechischen Widerstandskämpfern und Zivilisten, die gegen die Besatzer gekämpft haben oder ermordet wurden, wurde bisher auf dem Friedhof in Maleme kein Raum eingeräumt. Das ändert sich mit dieser Ausstellung“, so Sonja Bohnet. Ein Ort der Begegnung und der kritischen Diskussion sei entstanden. 
 

Viele Akteure auf Kreta eingebunden

Begegnungen und konstruktiv-kritische Diskussion hatten auch den Entstehungsprozess geprägt: Den Bürgermeister wie auch etliche weitere lokale und überregionale Akteure bis hin zur Deutschen Botschaft hatte der Volksbund von Anfang an eingebunden – unter anderem mit einem Treffen auf Kreta im Februar 2020.

Eine wichtige Rolle hatten dabei die Orthodoxe Akademie Kreta und die Synagoge Etz Hayyim in Chania gespielt. Harald John, Leiter der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit beim Volksbund, moderierte die Eröffnungsfeier, dankte den beiden Partnern und außerdem der Gemeinde Platanias, der Stadt Chania und der gesamten Region für die große Unterstützung. Stellvertretend nannte er Katerina Karkala-Zorba von der Akademie und Anja Zückmantel von der Synagoge, „ohne die unsere Arbeit für Frieden und Versöhnung auf Kreta nicht möglich wäre.“
 

Verdrängt, verleugnet und mit Trotz

Einen Blick zurück warf Prof. Dr. Loretana de Libero als Vertreterin des Volksbund-Präsidenten: An der Kriegsgräberstätte Maleme lasse sich deutlich ablesen, wie sich die deutsche Erinnerungs- und Gedenkkultur seit der Einweihung der Kriegsgräberstätte 1974 entwickelt habe. Sie sei nicht nur ein Ort der Trauer, des Trostes und des Gedenkens für die deutschen Hinterbliebenen, sondern zunächst auch ein Ort der  „Selbstvergewisserung der Kriegsgeneration, der Verdrängung, der Verleugnung und, ja, auch des Trotzes“ gewesen. 

Die erste Ausstellung aus den 1980er Jahren habe zunächst nur die eigenen Gefallenen im Blick gehabt. Auch wenn sie später ergänzt und verändert wurde, habe sie nicht wirklich dem Gedanken an Versöhnung über Gräbern in einem friedlichen Miteinander in Europa gedient. Die neue Ausstellung dagegen werde dem Anspruch, ein Ort des Erinnerns und des Lernens zu sein, mehr als gerecht. „Damit gehen wir längst fällige wie notwendige Schritte zu einer zukünftigen gemeinsamen deutsch-griechischen Erinnerungskultur“, betonte Loretana de Libero.

„Was Sie jetzt hier sehen und lesen können, ist nicht die letzte Wahrheit. Es ist eine Bestandsaufnahme dessen, was wir im Moment wissen und wissen wollen“, betonte die Kuratorin Dr. Corinna Kuhr-Korolev. Diese Ausstellung sei so gesehen ‚unfertig‘ „und ich halte das für gut, weil sie uns ermuntern soll, nachzufragen und weiterzudenken.“

Denkprozesse anstoßen sei das Ziel, sagte sie und stellte Fragen: Welche Dynamik entfaltet Kriegsgeschehen? Wie sieht das Schicksal des Einzelnen in großen Zusammenhängen aus? Wie kommt es zur Eskalation von Gewalt und zu Kriegsverbrechen? Und schließlich: „Wie können wir gedenken?“  Oft gebe es mehr vermeintliche Gewissheiten als gesichertes Wissen.

Die Ausstellung solle Brücken bauen nicht nur zwischen Deutschen und Griechen, sondern auch zwischen den Generationen und Anhängern verschiedener politischer Orientierungen. „Wir wollen nicht provozieren oder polarisieren, wir wollen aber auch nicht alles glattziehen und einebnen“, sagte die Kuratorin.
 

Erste Jugendbegegnung

Ein Ort der Begegnung und Diskussion war die Ausstellung an diesem und am nächsten Tag: Acht junge Deutsche und Griechen waren einer Einladung von Volksbund und der Synagoge in Chania zu einer Jugendbegegnung gefolgt, finanziert vom Deutsch-Griechischen Jugendwerk.

Für die deutschen Studentinnen und Studenten der Freien Universität Berlin gehört der Aufenthalt auf Kreta zum Masterstudiengang „Public History“. Sie erarbeiten didaktisches Material zur neuen Ausstellung. Als Volksbund-Vertreter begleitete sie Dr. Vasco Kretschmann vom Fachbereich Schulen und Hochschulen.

Glückwunsch international

Einer der ersten Einträge im Gästebuch ist ein internationaler Glückwunsch: Zu einer „wertigen und schönen Ausstellung“ gratulierten die beiden NATO-Offiziere Jasper Arts aus den Niederlanden und Hugues Allorant aus Frankreich, die derzeit an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg ausgebildet werden. Auch sie zählten zu den Gästen der Eröffnungsfeier – ebenso wie die Honorarkonsulin der Bundesrepublik in Chania, Argyro Ganadaki, Dr. Konstantinos Zorba als Direktor der Orthodoxen Akademie und ihr Gründungsdirektor, Dr. Alexandros K. Papaderos.
 

Wirkung entfalten über Jahre

Besonderen Dank des Volksbundes nahmen die Kuratorin der Ausstellung und Thomas Bache für das Team der Dresdener Agentur kursiv entgegen, die das Konzept mitentwickelt und umgesetzt und auch das Gebäude saniert hatte.

„Das ist kein Abschluss heute, sondern ein Beginn“, sagte Sonja Bohnet von der Deutschen Botschaft am Rande der Eröffnung. Jetzt soll die Ausstellung ihre Wirkung entfalten – in einem Prozess der Versöhnung und Verständigung, dem der Volksbund mit ihr einen wichtigen Impuls gegeben hat.

Kränze und Totengedenken

Vor der Eröffnung legten Sonja Bohnet für die Botschaft und Loretana de Libero für den Volksbund Kränze im Gedenken an die auf der Anlage Begrabenen nieder. Die Volksbund-Vertreterin sprach das Totengedenken, das Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Volkstrauertag 2020 erweitert hatte. Es umfasst jetzt auch die Opfer von Hass und Gewalt, von Terrorismus und Extremismus, Antisemitismus und Rassismus in Deutschland.

Ausführlich vorgestellt ist die Ausstellung hier.

Wie international das Gedenken an die Opfer der Jahre 1941 bis 1945 auf Kreta geworden ist, zeigten mehrere Veranstaltungen zum 80. Jahrestag der Invasion im Mai 2021. Berichte dazu finden Sie hier.