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Hat die Diplomatie eine Chance?

Diskussion in der Reihe „Russland im Gespräch“, moderiert vom Moskauer Volksbund-Büroleiter Hermann Krause

„Warnung statt Entwarnung – Russland gegen die NATO? Gibt es einen Weg aus der Krise?“ Das war Thema in der jüngesten Runde der Reihe „Russland im Gespräch“. Moderator war Hermann Krause, Leiter des Moskauer Volksbund-Büros und ehemaliger ARD-Hörfunk-Korrespondent. Gastgeber der Reihe ist das Deutsch-Russische Forum.
 

Eine spannende Diskussion gab es mit Jürgen Trittin, Bundestagsabgeordneter und stellvertretender Vorsitzender der deutsch-russischen Parlamentariergruppe, und Johannes Grotzky, Honorarprofessor für Osteuropäische Geschichte. Zugeschaltet aus Moskau waren der Deutschlandexperte Wladislaw Below und aus Washington Liana Fix von der Körber-Stiftung in Berlin.
 

Extreme definiert

Wladislaw Below versuchte, die russische Position zu erklären. Beide Seiten hätten ihre „Extreme“ definiert, nun gehe es darum, Gespräche zu führen und auszuloten, was möglich ist. Außerdem habe noch niemand im Westen ihm erklären können, warum man Russland zutraue, einen Krieg beginnen zu wollen.

Es gebe aus Moskauer Sicht keinen Grund, die ukrainische Grenze zu verletzen. Niemand im Westen spreche darüber, dass außer den russischen Truppen 120.000 ukrainische Soldaten auf der anderen Seite der Grenze stünden. Und die russischen Soldaten seien bis zu 400 Kilometer entfernt.
 

Überzogene Forderungen?

In Washington sei man dennoch sehr besorgt über den Truppenaufmarsch, denn es könne durchaus sein, dass Russland überzogene Forderungen an die NATO richte, um so eine Invasion zu rechtfertigen, sagte Liana Fix von der Körber-Stiftung. Eigentlich habe die Biden-Administration andere Präferenzen gehabt, nämlich den Umgang mit China neu zu definieren. Deshalb wäre man in Washington auch überrascht gewesen angesichts des russischen Vorgehens. Das Szenario einer militärischen Intervention sei existent, allerdings glaube man im Weißen Haus, dass die Entscheidung darüber in Moskau noch nicht gefallen sei.

Der Aufmarsch der russischen Truppen habe das Ziel, die Ukraine einzuschüchtern, führte Jürgen Trittin aus. Ziel sei es aber auch, die Frage des Verhältnisses zwischen Russland und der NATO neu zu definieren. „Und da muss Wladimir Putin mal in die NATO-Russland-Akte schauen“, so Trittin. Dort heißt es nämlich: Die NATO stationiere keine Truppen aus anderen Ländern dauerhaft in den ehemaligen Warschauer Pakt-Staaten. Und daran halte sich die NATO.
 

Nicht über die Köpfe der Europäer hinweg

Eine Antwort auf die Verletzung von Grenzen in Europa werde im Übrigen nicht von der NATO oder den USA, sondern von der Europäischen Union gegeben. Deshalb würden keine Gespräche über die Köpfe der Europäer hinweg geführt, so Trittin weiter.

Ob es schon einmal eine derart bedrohliche Situation gegeben habe? Johannes Grotzky erinnerte an die Kuba-Krise und die Zeit des NATO-Doppelbeschlusses, der ja dann schließlich zu Abrüstungsgesprächen geführt habe. Jetzt überrasche ihn die Kriegshysterie auch in den deutschen Medien. Es werde quasi spekuliert, wann der erste Schuss falle, wann der Krieg beginne. Russland habe nicht das Recht, über andere Länder zu entscheiden, so Grotzky. Deshalb müssten Gespräche möglich sein, in denen die Sicherheitsinteressen aller Beteiligten respektiert würden.


Wie gespalten ist die Bundesregierung?

„Selten waren die Gräben zwischen Russland und dem Westen so tief wie jetzt, selten wurde das Wort Krieg so oft gebraucht“, hatte es in der Einladung zur Diskussion geheißen. „Hat die Diplomatie überhaupt noch eine Chance, gibt es einen Weg aus der Krise? Sollte der Westen Russland entgegenkommen, um eine militärische Konfrontation abzuwenden oder Härte zeigen? Hat Putin das Recht auf eine russische 'Monroe-Doktrin'? Und wie gespalten ist die neue Bundesregierung in ihrer Politik gegenüber Wladimir Putin? 'Wir sind sehr an einem konstruktiven Dialog mit der neuen Bundesregierung interessiert und ich unterstütze ihre These, dass es zwischen unseren Ländern tiefe, historische Beziehungen gibt.' Das hatte Sergej Lawrow zu Beginn der Gespräche mit der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock gesagt.“

Zu sehen ist die Diskussion auf dem YouTube-Kanal des Deutsch-Russischen Forums.

Text: Christiane Deuse / Hermann Krause
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