Willkommene Abwechselung während der vier Tage in Johanngeorgenstadt: Der Volksbund-Nachwuchs hatte die Wahl zwischen Kletterwald, Schwimmbad, Wanderung und einer Bergwerksführung. (© Michael Forster)
Leichtigkeit und schwere Themen beim Volksbund-Pfingsttreffen
Workshops für 50-köpfige Gruppe aus Jugendarbeitskreisen: Pflegeeinsatz, Video-Dreh und Diskussion über Helden, Täter und Opfer
Der Sonntagmorgen hatte es in sich: Themen waren der Krieg in der Ukraine, die Problematik „Helden – Täter – Opfer” und Schicksale auf einer Kriegsgräberstätte in Johanngeorgenstadt. Einen Abschied gab es auch: Der Bundesjugendarbeitskreis, der Nachwuchs im Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, dankte Hans-Dieter Heine für mehr als 30 Jahre Engagement für die Jugendarbeit. Rund 50 Jugendliche und junge Erwachsene waren der Einladung an die tschechische Grenze gefolgt und nahmen am ersten Pfingsttreffen nach zwei Jahren teil.
Ein anspruchsvolles und abwechslungsreiches Programm hatte der Landesverband Sachsen als Gastgeber für den 3. bis 6. Juni 2022 vorbereitet. Am Samstag ging es für die gesamte Gruppe mit dem Bus nach Karlovy Vary (deutsch: Karlsbad). Dabei entstand auf einer Kriegsgräberstätte auch ein Video zum Thema Ukraine-Krieg. Im Kreativ-Workshop am Sonntag gingen die Arbeiten daran weiter. Dort standen auch Marketingstrategien im Fokus. Die Gruppe entwickelte unter anderem Ideen für Jugendmarketing.
Kriegsgräber pflegen an zwei Orten
Auch Pflegearbeiten standen an beiden Tagen an – zunächst auf dem Zentralfriedhof Karlovy Vary. Dort sind einige berühmte Persönlichkeiten aus der Region beerdigt, aber auch Tote der beiden Weltkriege. Vor allem zivile Opfer und Evakuierte aus Krankenhäusern und Lazaretten aus Berlin und Umgebung sind in den so genannten „Berliner Gräbern“ beigesetzt. Die Gruppe säuberte die Grabanlagen, jätete Unkraut, schnitt Hecken zurück und reinigte Bronzetafeln und Kreuze. Zum Teil wurden Namen und Daten auf den Grabsteinen nachgezogen.
Am Sonntag war eine zweite Gruppe im Rahmen eines Workshops in Johanngeorgenstadt mit demselben Auftrag unterwegs: Sie reinigte ein Denkmal zum Deutsch-Französischen Krieg und befreite den Boden von Moos. Auf dem Friedhof schnitt sie Wege frei und säuberte Grabplatten.
Täter? Opfer? Grenzen sind fließend
Im dritten Workshop zum Thema „Helden – Täter – Opfer” setzten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Definitionen auseinander. Außerdem ging es um Fragen wie diese: Wird man als Mitwissende oder Mitwissender automatisch schuldig? Wo liegt die Grenze zwischen Mitläufer- und Täterschaft? Daraus entwickelte sich eine Diskussion.
Anregungen gab auch die Studie „MEMO Deutschland – Multidimensionaler Erinnerungsmonitor“ vom Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung Bielefeld (2020). Sie hatte gezeigt: Aus der heutigen Perspektive ändert sich in der Bevölkerung auch die Einschätzung darüber, wer zu Zeiten des Nationalsozialismus Täterin oder Täter und wer Opfer war.
Am Ende war sich die Gruppe einig, dass die individuellen Familiengeschichten keine eindeutige Abgrenzung zwischen Helden, Tätern und Opfern zulassen und dass sich daraus keine allgemeingültige Wahrheit ableiten lässt. Besonders in den internationalen Workcamps sollen Jugendliche daher zu einem Perspektivwechsel angeregt werden, um gegenseitige Akzeptanz für die verschiedenen nationalen Erinnerungskulturen zu schaffen, war die einhellige Meinung.
Heine Ehrenmitglied in Sachsen
Am Samstag Abend stand großer Dank im Mittelpunkt: Hans-Dieter Heine war als Ehrengast beim Pfingsttreffen dabei. Er war mehr als 30 Jahre lang Ansprechpartner beim Volksbund in Sachen Jugendarbeit und stand immer mit Rat und Tat zur Seite. Der Bundesjugendarbeitskreis verabschiedete ihn offiziell und der Jugendarbeitskreis Sachsen ernannte ihn zum Ehrenmitglied.
Text: Imke Scholle, Olga Melnyk, Christiane Deuse
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