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Notausbettung und erster regulärer Einsatz

Saison beginnt für die Umbetter – 13.785 Exhumierungen im Vorjahr laut Volksbund-Bilanz

Pause im Winter? Das gilt nicht für alle Umbettungsteams, die für den Volksbund arbeiten. Denn gefrorener Boden hat nicht nur Nachteile: So ist Frost in Sumpf und Moor sogar von Vorteil. Auch Notausbettungen machen Winter-Einsätze nötig. Für die meisten Teams aber geht es jetzt erst wieder los.
 

Während in Südeuropa bereits gearbeitet wird, liegt im Baltikum und in Russland noch zu viel Schnee. Die Nachrichten von ersten Erfolgen in Ungarn und einer Notausbettung in der Ukraine verbinden wir mit einem Rückblick auf 2021.
 

Auftakt in Mittelungarn

Volksbund-Umbetter Gabor Kohlrusz und sein Team haben vor kurzem im Ort Kartal in Mittelungarn fünf gefallene deutsche Soldaten exhumiert. Alle hatten eine Erkennungsmarke  – damit lassen sich vermutlich noch Schicksale klären. Die Toten erhalten ein würdiges Grab auf der Kriegsgräberstätte Budaörs.

Gabor Kohlrusz ist nicht nur Umbetter, sondern beschäftigt sich auch mit Archivarbeiten. Wie viele Mitarbeiter, die in der Region leben, ist er gut vernetzt. Er erhält sogar Informationen über Grablagen, die nicht in den Unterlagen verzeichnet sind. So  suchte er mit seinem Team an sechs Orten und wurde an dreien fündig. Die Umbetter gehen davon aus, dass sie in dieser Saison in Ungarn rund 100 Tote exhumieren werden.
 

Notausbettung in Kiew

In der Ukraine war Anfang dieses Jahres eine Notausbettung nötig geworden – trotz schwieriger winterlicher Verhältnisse. Die Grablage „Feofania“ auf der Strasse Metrologitscheskaja 1 in Kiew ist der ukrainischen Volksbund-Vertretung seit langem bekannt. Gebeine auf einem Teil des Friedhofs wurden 1993/94 exhumiert (erst 192, dann weitere 722). Die restlichen Teile waren mit einem Wohnheim der Akademie der Wissenschaften überbaut. Es war trotz baufälligen Zustands bewohnt.

Im Januar hatte die Kreisverwaltung Kiew mitgeteilt, dass das Wohnheim bald abgerissen werde. Es gab auch mehrere Meldungen von Einwohnern und Heimatforschern an die Volksbund-Vertretung.  Die Firma „Pamjat i Slawa“, die für den Volksbund in Zentralukraine tätig ist, wurde mit der Not-Exhumierung beauftragt.

Die Arbeiten unter schweren winterlichen Bedingungen dauerten rund drei Wochen. Dabei fanden die Experten die Gebeine etlicher Kriegstoter und viele Erkennungsmarken sowie Teile der Ausrüstung und persönliche Gegenstände der Soldaten.
 

2021: keine einfache Umbettungssaison

Die Umbettungssaison 2021 war nicht einfach. Wegen der Pandemie konnten die Umbetter erst spät in ihre Einsatzländer reisen. Die Mitarbeiter vor Ort begannen vorab mit den praktischen Arbeiten dort, wo bereits Erfassungen und Genehmigungen aus den Vorjahren vorlagen.

Leider erkrankten auch einige Mitarbeiter, wobei glücklicherweise alle Erkrankungen bisher glimpflich verliefen. Dort, wo die ärztliche Versorgung unzureichend war, konnte der Volksbund seine Mitarbeiter finanziell unterstützen.
 

Suche auf eigene Faust ist gefährlich

Umbettungsleiter Thomas Schock: „Unsere Mitarbeiter sind hoch motiviert und hoffen, bald wieder wie gewohnt arbeiten zu können. Viele Grablagen wollen wir noch finden und Schicksale klären. Unsere Teams beantragen die offiziellen Genehmigungen und warten dann auf sie. Das Problem: Das machen Grabräuber nicht."

Er warnt vor diesen Suchen und Grabungen. Zwei Sondengänger starben 2021 im Gebiet von Wolgograd bei der Explosion von Kriegsmunition. Schulung und Sensibilisierung seien unbedingt notwendig, Grabsuche durch Unkundige sei gefährlich, so Thomas Schock.
 

Manche Grenze blieb ganz dicht

Der Umbettungsdienst konnte 2021 nicht durchgängig und nicht überall arbeiten. In der Slowakei, Tschechien, Rumänien und Slowenien blieben die Grenzen für Umbetter dicht, ließ die Pandemie keine Arbeiten zu. Der Volksbund konzentrierte seine Kräfte darum auf die anderen Länder. 13.785 Umbettungen sind das Ergebnis.

„Das ist unter den erschwerten Arbeitsbedingungen eine hervorragende Bilanz", fasst Thomas Schock zusammen. „Unser herzlicher Dank geht an die Arbeiter am Spaten, an die in den Archiven und die vielen Freunde und Unterstützer!“
 

Länder-Rückblick Ost / Südost
 

Ungarn: Im vergangenen Jahr wurden 91 Tote umgebettet. Seit Aufnahme der Arbeiten dort erhielten insgesamt 22.629 Gefallene eine würdiges Grab auf einer Kriegsgräberstätte des Volksbundes.


Polen: Zahlreiche Baumaßnahmen sorgen für viele Zufallsfunde. Die Mitarbeiter im Land  sind hervorragend vernetzt und dank guter Kontakte zu den Genehmigungsbehörden konnte der Volksbund schnell reagieren. Zusätzlich gelang es, einige langgesuchte Grablagen zu finden. Hierbei bewährte sich erstmalig das neue Georadar.

Beeindruckend, aber auch bedrückend war der Einsatz auf einem Campingplatz in Bielsko-Biała, wo die Arbeiten den Winter über weitergingen. Dort wurden inzwischen 861 Tote exhumiert – mehr als die Hälfte mit Erkennungsmarken. Darum ist in vielen Fällen eine Schicksalsklärung möglich. Insgesamt hat der Volksbund dort 3.231 Gefallene exhumiert (ausführlicher Bericht).

 

Ukraine: Dort waren Arbeiten im Vorjahr durchgängig möglich bis auf die östlichen Landesteile Donezk und Lugansk. Von dort stehen noch Gebeinübergaben von 42 gemeldeten deutschen Toten aus. Drei Arbeitsgruppen waren in der West-, Zentral- und Ostukraine eingesetzt, für die Koordination war das Volksbundbüro Kiew verantwortlich. Die Bilanz: 1.475 Exhumierungen. Trotz der angespannten politischen Verhältnisse in der Region setzt der Volksbund seine wichtige Arbeit in diesem Land fort.
 

Baltikum:  In Estland, Lettland und Litauen konnten die Umbetter wegen der Pandemieauflagen nur kurze Zeit arbeiten. Trotzdem exhumierten sie 285 Kriegstote: in Estland elf, in Litauen 264, in Lettland zehn.

Moldawien / Transnistrien: Während in Moldawien beinahe alle bekannten Grablageninformationen abgearbeitet sind und es galt, nach weiteren Informationen zu suchen, waren in Transnistrien erstmals überhaupt Ausbettungen möglich. 323 Tote exhumierte der Volksbund dort im vergangenen Jahr. 

Balkan / ehemaliges Jugoslawien: Auch hier erschwerte Corona die Arbeiten und die Umbetter konzentrierten sich auf Kroatien  408 Exhumierungen sind das Ergebnis. In den anderen Ländern wurden Erfassungsarbeiten vorbereitet.

Dank vieler Unterstützer und vor allem der Hilfe der Bundeswehr war erstmals ein Einsatz in Kosovo möglich. Die beiden dort mit Erkennungsmarken exhumierten Gefallenen wurden auf einer österreichisch-ungarischen Kriegsgräberstätte beigesetzt (ausführlicher Bericht). Zwischenzeitlich gelang es, weitere Grablagen zu lokalisieren. Der Volksbund fasst die Errichtung einer Kriegsgräberstätte ins Auge.

Vorbereitende Arbeiten erfolgten auch für Serbien. „Wir sind dankbar, dass das deutsch-serbische Kriegsgräberabkommen nun unterzeichnet wurde", sagte Thomas Schock.


Belarus: Die Arbeiten konzentrierten sich größtenteils auf die in den Vorjahren erfasste Grablagen und wurden überwiegend telefonisch koordiniert. Das geschah mit der Unterstützung der Kolleginnen aus dem Volksbundbüro in Minsk. Die Bilanz 2021: 1.816 Exhumierungen.


Russland: Die Russische Föderation ist und bleibt für den Volksbund ein wichtiges Einsatzland. Trotz vieler Herausforderungen war es möglich, durch den Einsatz der Mitarbeiter und die Unterstützung jeweils vor Ort 5.814 Gefallene auszubetten. Dabei standen vor allem Grablagen in Feld und Flur im Fokus, da die Pandemie Arbeiten in den Siedlungen erschwerte.

Westeuropa

Viele geplante Maßnahmen musste der Volksbund verschieben. In Frankreich am Winterbergtunnel wurde weiter sondiert. Dort ist auch für dieses Jahr eine Sondierung geplant. Der Volksbund bettete 72 Gefallene des Ersten und Zweiten Weltkrieges um und überführte menschliche Überreste von Toten des Krieges 1870/71 nach Frankreich.

In Italien fanden zwei Tote des Zweiten Weltkrieges eine würdige letzte Ruhestätte. „Dafür danken wir unseren Friedhofspflegern, die nun – mit einer Zusatzausbildung – Umbettungsmaßnahmen vornehmen können", sagte Thomas Schock.
 

Gräbersuche online

Wann immer die Umbettungsteams Erkennungsmarken finden, besteht die Chance, Kriegstote zu identifieren. So lassen sich auch heute noch – Jahrzehnte nach Kriegsende – Schicksale klären. In der Gräbersuche online des Volksbundes sind schon jetzt mehr als 4,8 Millionen Datensätze enthalten, und ihre Zahl wächst weiter.

Der Volksbund ist ein gemeinnütziger Verein. Seine Arbeit finanziert er vor allem aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden. Gegründet wurde er nach dem Ersten Weltkrieg: 1919.