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Werden mehreren Personen zur Einzelvertretung berechtigende Vorsorgevollmachten erteilt, ...

Werden mehreren Personen zur Einzelvertretung berechtigende Vorsorgevollmachten erteilt, ...

Werden in einer Vorsorgevollmacht mehrere Bevollmächtigte benannt, so können sich diese nicht wechselseitig die Vollmacht entziehen. Denn ansonsten wäre der Wunsch des Vollmachtgebers, mehrere Personen zu bevollmächtigen, ständig in Gefahr (konterkariert) übergangen zu werden.

(OLG Karlsruhe, Beschluss vom 24.1.2022, 10 W 8/21, BeckRS 2022, 474)

 

Der Fall

Der Vollmachtgeber erteilte zugunsten seines Stiefsohnes und seiner drei leiblichen Kinder jeweils eine zur Einzelvertretung berechtigende notarielle Vorsorge- und Generalvollmacht. Eines der leiblichen Kinder widerrief die zugunsten des Stiefbruders erteilte Vorsorgevollmacht und forderte die Herausgabe der Vollmachtsurkunde. Der Stiefsohn verweigerte dies. Zu Recht oder Unrecht musste letztendlich das Oberlandesgericht Karlsruhe entscheiden.

 

Die Entscheidung

Das Oberlandesgericht Karlsruhe entschied, dass die Vollmacht des Stiefsohnes nicht wirksam durch einen Mitbevollmächtigten widerrufen werden konnte. Denn mit der Erteilung einer Vorsorgevollmacht an eine Person ist regelmäßig nicht die Bevollmächtigung zum Widerruf einer gleichzeitig einer weiteren Person erteilten Vorsorgevollmacht verbunden. Andernfalls wäre der Wunsch des Vollmachtgebers, mehreren Personen eine Einzelvertretungsmacht einzuräumen, ständig der Gefahr ausgesetzt, nach dem „Windhundprinzip“ konterkariert zu werden. Denn jeder Einzelbevollmächtigte müsste fortlaufend damit rechnen, seine Vollmacht werde durch einen anderen Bevollmächtigten widerrufen. Jeder Bevollmächtigte könnte sich so die Position eines ausschließlich Bevollmächtigten verschaffen, und dies – jedenfalls nach Eintritt der Geschäftsunfähigkeit des Vorsorgevollmachtgebers – sogar dauerhaft. Gerade dies will ein Vollmachtgeber nicht, wenn er sich dafür entscheidet, mehreren Personen einer Einzelvertretungsbefugnis zu erteilen. Damit bleibt die Vorsorgevollmacht zugunsten des Stiefsohnes wirksam.

 

DVEV-Expertenrat

Der gute Gedanke, mehrere Personen zu Bevollmächtigen zu ernennen, kann sich schnell zu einem Problemfall entwickeln, wie das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe zeigt. Jan Bittler, Fachanwalt für Erbrecht in Heidelberg und Geschäftsführer der DVEV empfiehlt daher, entweder nur einen Bevollmächtigten zu benennen oder bei Benennung von mehreren Bevollmächtigten deren Rechte und Pflichten im Verhältnis untereinander in separaten Verträgen zu regeln, z. B. auch dahingehend, in welcher Reihenfolge die Bevollmächtigten befugt sind, eine Entscheidung zu treffen, sollte es Unstimmigkeiten bei der Entscheidungsfindung geben.

Weitere Informationen

Fundstelle:  (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 24.1.2022, 10 W 8/21, BeckRS 2022, 474)

Quelle: Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V. (www.dvev.de)

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