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Pressemeldungen

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Das Klassenzimmer der Geschichte

25 Jahre Jugendbegegnungsstätte Niederbronn

Am Ende dieses Berichtes sehen Sie weitere Foto-Impressionen zu dieser Veranstaltung von Adrien Kornmann.

Am besten versteht man die Jugendbegegnungs- und Bildungsstätte (JBS) Niederbronn-les-Bains, wenn man die Jugendlichen dort bei der Arbeit sieht. Anlässlich des 25-jährigen Bestehens sowie der großzügigen Erweiterung der Begegnungsstätte entwerfen gleich drei Schulklassen aus Frankreich und Deutschland ein gemeinsames Programm für diesen besonderen Festtag. Sie machen eine Film-Dokumentation, schaffen Kunstwerke, Fotomontagen – und führen am Ende auch eine keine Performance während der Gedenkveranstaltung auf der benachbarten Kriegsgräberstätte auf.

Das wollen fast 300 Gäste miterleben. Unter ihnen sind auch Volksbund-Vizepräsident Richard Reisinger, „Europaminister“ Guido Wolf, der Vertreter der französischen Nationalversammlung, Frédéric Reiss, sowie viele weitere Menschen, die diesen Ort, das „Klassenzimmer der Geschichte“ mit Leben füllen. 

Applaus gibt es selten auf einer Kriegsgräberstätte. In Niederbronn ist er aber ganz sicher verdient und kommt auf, nachdem die Schülerinnen und Schüler der Leimener Otto-Graf-Schule ihr kleines Theaterstück, ihre Performance aufgeführt haben. Sie symbolisiert den gemeinsamen Wunsch, in einem friedlichen Europa zusammenleben zu können. Im Kern ist genau dies auch Grundgedanke der JBS Niederbronn, die sich als Treffpunkt der Jugend Europas versteht.

Damit dieser Friedensgedanke gedeihen und sich weiter verbreiten kann, wird einiges getan: So kostete der Umbau, der vom Land Baden-Württemberg sowie vom Bund unterstützt wurde insgesamt 2,4 Millionen Euro und dauerte fast zwei Jahre. Dafür gibt es nun in dem neuen zweistöckigen Gebäude weitere Schlafräume mit 32 Betten sowie vier zusätzliche  Begegnungs- und Seminarräume. Dort finden auch die oben beschriebenen Kurse statt, in denen die Jugendlichen die hier in der „JBS Albert Schweitzer“ gesammelten Erfahrungen mit Krieg und Gewaltherrschaft künstlerisch verarbeiten können.

Ein Kreis der Liebe

Dies lässt sich auch bei der Gedenkveranstaltung anhand der von Pädagogin Andrea Wilde entworfenen Choreographie beobachten: Hier bilden die jungen Darsteller zunächst einen inneren Kreis, der einen der ihren wie ein Gefängnis umschließt. Dieser Kreis symbolisiert Verhaltensweisen, welche die Menschen unterdrücken können: Disziplin, Hass, Manipulation, Gewalt, Krieg. Doch kurz darauf bildet sich ein äußerer Kreis, der den inneren quasi zu Boden drückt und den „Gefangenen“ auf diese Weise befreit. Dieser Kreis besteht aus Vielfalt, Freiheit, Selbstbestimmung, Liebe – und natürlich Frieden.

Das Motto „Frieden“ steht ohnehin im Mittelpunkt der vier Workshops „Bildende Kunst“, „Stop- Motion“, Fotomontage und Video-Dokumentation, die den inhaltlichen Rahmen dieser Jugendbegegnung bilden und stets aus gemischten deutsch-französischen Gruppen bestehen. Zugleich haben sich die jungen Franzosen und Deutschen mit den Kriegsbiografien beschäftigt, die der engagierte JBS-Leiter Bernard Klein mit seinem Team für die Arbeit mit Jugendlichen über die Jahre gesammelt und dokumentiert hat.

All das kulminiert in der offiziellen Gedenkveranstaltung, zu der politische Vertreter beider Länder ebenso zahlreich erschienen sind wie Wegbereiter der JBS Niederbronn: Neben dem bereits erwähnten Volksbund-Vizepräsidenten Richard Reisinger, dem französischen Abgeordneten Frédéric Reiss sowie Minister Guido Wolf (Foto unten von Adrien Kornmann, Mitte) kommen auch die deutschen Landräte Clemens Körner, Dr. Susanne Ganster, Dr. Fritz Brechtel, Dietmar Seefeld Hans-Ulrich Ihlenfeld, Rolf Leßmeister sowie die Oberbürgermeister Thomas Hirsch und Marc Weigel.

Dazu gesellen sich zwei Reisegruppen aus Rheinland-Pfalz und Südbaden, Unterstützer und Partner der JBS sowie die Mitglieder des Bundesjugendausschusses (BJA). Der neu gewählte Vorsitzende des Volksbund-Bundesjugendarbeitskreises (BJAK), Tim-Benedikt Attow, sein Vorgänger Michael Kupiec sind ebenso gekommen wie Niederbronns Bürgermeisterin  Anne Guillier, Wilhelm Halder (MdL Baden-Württemberg), Colonel Dominique Jagot vom Souvenir Francais und Hans-Dieter Heine, Fachbereichsleiter Jugendbegegnungs- und Bildungsstätten beim Volksbund.

Auch der langjährige BJA-Vorsitzende und Vordenker der JBS, Heinz Bode, sowie Dr. Helmut Veitshans, der ehemalige Vorsitzender des Pädagogischen Arbeitskreises, kommen zur Feierstunde – und werden bei dieser Gelegenheit durch Richard Reisinger mit der Goldenen Ehrennadel ausgezeichnet. Die Jugendgruppen kommen BIZ Bildungszentrum Weissachertal, dem College Jague Brel aus der Partnergemeinde sowie von der Otto-Graf-Realschule Leimen.

Aus der Heimat Boris Beckers kommt auch die Dreiergruppe, die während der Gedenkveranstaltung für einen wirklich bemerkenswerten Moment des Gedenkens sorgt. Dort tragen Melanie Valjain (14), Sarujan Sivakumar (15) und Yann Piot (15) ihre hier in Niederbronn oder auch beim Besuchen des KZ Natzweiler-Struthof sowie in der Europametropole Strasbourg gewonnen Erkenntnisse vor. Später werden sie auch noch ein Gemälde ihrer Mitschülerin Susanne Besuchow an die JBS übergeben, wo es einen schönen Platz in den neuen Seminarräumen bekommt.

Mein Außen-Klassenzimmer

All dies gibt ein stimmiges Bild der Bildungsarbeit in der JBS Niederbronn. So sieht es auch Martin Kohler, einer der Pädagogen, der die Bildungspartnerschaft mit dem Volksbund in höchsten Tönen lobt: „Schule ist mehr denn je aufgerufen, Geschichte ins Jetzt zu holen. Und dabei kommt den außerschulischen Lernorten eine immer größere Bedeutung zu. Das sieht man hier in Niederbronn besonders gut, wenn die Jugendlichen die Geschichte vor Ort ganz konkret begreifen und erfahren können. Daher spreche ich mit Bezug auf die JBS Niederbronn auch gerne von meinem Außen-Kassenzimmer“, sagt Martin Kohler von der Leimener Otto-Graf-Schule.

Diesen Gedanken greift Volksbund-Vizepräsident Reisinger in seiner Ansprache auf: „Der Erfolg dieser Bildungsstätte ist auch wesentlicher Verdienst der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter Leitung von Bernard Klein. Der sehr hohe Stammkundenanteil ist Beleg dafür, dass die Qualität und Inhalte der Angebote zur Friedensbildung und historisch- politischen Bildung im europäischen Kontext stimmen. Herzlichen Dank dafür.“ Zugleich wendtet sich Reisinger direkt an die Jugendlichen selbst: "Für euch ist diese Stätte gemacht worden, ihr müsst sie mit Leben füllen für eine friedliche Zukunft."

Der für Justitz und Europa zuständige Landesminister Guido Wolf ergänzt, „dass die Entstehung der JBS auch auf den Errungenschaften der EU beruht und ein Teil der Friedensdividende ist, die aus der Europäischen Idee unter ihren Mitgliedsstaaten entstanden ist." Zudem sei gerade die Lage im Elsass, ein Gebeit, das so oft zwischen Deutschland und Frankreich umkämpft war, geradezu ideall als Standort für die heutige JBS. Das bestätigte auch Niederbronns Bürgermeisterin Anne Guillier: "Die JBS Niederbronn steht genau am richtigen Ort - und ich danke allen, die dazu beigetragen haben!"

An diesem Tag gibt es viele solcher „Dankeschöns“. Das ist auch angebracht: Es gab und gibt so viele Menschen, die mit ihrem Engagement zum Gelingen dieses Begegnungsortes beigetragen haben, dass ein Tag kaum ausreichend erscheint, dies alles zu würdigen. So sehen es die meisten der Gäste, die einer Gedenkveranstaltung und einer Einweihung beiwohnen, die zeigt, wie sehr diese Begegnungsstätte in Niederbronn, das „Klassenzimmer der Geschichte“ mit Leben gefüllt ist.

Maurice Bonkat

 

Dr.Veitshans (Foto oben, rechts) wird als einer der Gründerväter der JBS Niederbronn geehrt.

 

 Richard Reisinger (links) zeichnet auch Heinz Bode mit der Goldenen Ehrennadel des Volksbundes aus.