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1. Kosaken-Kavallerie-Division: 105 Tote in Kroatien geborgen

Volksbund exhumiert in Kutina – viele Überlebenden der Kämpfe starben nach Kriegsende durch Suizid oder Hinrichtung

Kutina, Mittelkroatien. Das Umbettungsteam um Goran Radic birgt innerhalb von drei Monaten 105 Kriegstote. Die meisten starben in den letzten beiden Monaten des Zweiten Weltkrieges. Sie gehörten zur 1. Kosaken-Kavallerie-Division, deren Spuren sich bei Kriegsende quer durch Europa zog. Damit hat dieser Einsatzort des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. eine besondere Geschichte.
 

Seit dem 15. Jahrhundert lebten Kosakenvölker in Osteuropa. Im Russischen Bürgerkrieg von 1917 bis 1922 kämpften Kosaken auf beiden Seiten. Viele waren eher antibolschewistisch eingestellt und entwickelten Sympathien für den Nationalsozialismus. Beim Überfall der Wehrmacht auf die Sowjetunion im Juni 1941 schlossen sich viele Kosaken den Deutschen an. 
 

In Wehrmachtsuniform gegen Partisanen

Im Oktober 1943 wurden Kosakeneinheiten von der Wehrmachtsführung auf dem Balkan – in den Gebieten des heutigen Slowenien, Kroatien und Bosnien – gegen Partisanen eingesetzt. Sie sollten die Eisenbahnlinie zwischen Zagreb und Belgrad vor Angriffen schützen und operierten dabei in kleinen Einheiten und in unwegsamem Gelände, in dem sich die Partisanen vermeintlich sicher fühlten.

Die 1. Kosaken-Kavallerie-Division war berüchtigt für ihre Grausamkeit auch gegen die Zivilbevölkerung. Das ging so weit, dass die mit den Deutschen verbündete kroatische „Ustaša“ bei Hitler gegen das Verhalten der Kosaken protestierte. 
 

Das Ende: Tragödie an der Drau

Als sich die Niederlagen der deutschen Wehrmacht im Osten häuften, flohen viele der deutschfreundlichen Kosaken Richtung Westen. Im oberitalienischen Friaul sollte ihnen ein Siedlungsgebiet „Kosakia“ zugewiesen werden. Die Deutschen wollten sie in Italien zum Partisanenkampf einsetzen.

Gegen Kriegsende schließlich flohen viele Kosaken in langen Trecks nach Oberkärnten und Osttirol. Sie hofften in dem britisch besetzen Gebiet auf Sicherheit. Doch Briten und Amerikaner lieferten sie an die Sowjetunion aus.
 

Ausgeliefert und hingerichtet

Diese gewaltsame „Zwangsrepatriierung“ mündete in einer Tragödie: Die Kosaken begingen in großer Zahl Suizid – viele gemeinsam mit ihren Familien. Die allermeisten derer, die in die UdSSR gebracht wurden, wurden dort hingerichtet.

Zurück nach Kutina, wo Goran Radic als Gruppenleiter des Umbettungsdienstes in Kroatien mit seinem Team arbeitet. Dass es eine solche Grablage dort gibt, war dem Volksbund zwar bekannt – in dieser Gemeinde waren mehrere Gräberfelder angelegt worden –, doch auf die richtige Spur brachten Radic Dokumente aus dem kroatischen Staatsarchiv.
 

Skizze, Gräberplan und Namenlisten

Ein kroatischer Pfarrer hatte 1945 eine Skizze dieses Friedhofs der 1. Kosaken-Kavallerie-Division angefertigt. Sie ergänzte Gräberplan und Namenlisten, die dem Volksbund schon vorlagen, und führte in einen Park an der Kirche von Kutina, der in den Friedhof des Ortes übergeht. 

Nachdem die deutsche Botschaft die Genehmigung eingeholt hat, wird mit schwerem Gerät ein breiter Graben ausgehoben. Danach ist Handarbeit gefragt und später Fingerspitzengefühl, um die Gebeine vorsichtig freizulegen und zu bergen.
 

Nur 40 Zentimeter unter der Erde

Die Toten liegen in unterschiedlichen Tiefen: in der ersten Reihe bis 2,20 Meter tief, die sechs Gräber in der letzten Reihe nur 40 Zentimeter unter der Grasnarbe. In der fünften Reihe wächst ein Baum, deshalb müssen die Umbetter zwei Tote zurücklassen.

25 halbe und sechs vollständige Erkennungsmarken finden die Experten, außerdem einen Ring. Jetzt werden die Funde dokumentiert. Mit Hilfe der Unterlagen und in Zusammenarbeit mit dem Bundesarchiv wird es dem Volksbund möglich sein, etliche Schicksale der Toten zu klären.

Die Gebeine der 105 Geborgenen werden zu einem späteren Zeitpunkt auf der Kriegsgräberstätte Mirogoj in Zagreb eingebettet. 
 

Der Volksbund ist …

… ein gemeinnütziger Verein, der im Auftrag der Bundesregierung Kriegstote im Ausland sucht, birgt und würdig bestattet. Mehr als 10.000 waren es im vergangenen Jahr. Der Volksbund pflegt ihre Gräber in 45 Ländern und betreut Angehörige. Mit seinen Jugend- und Bildungsangeboten erreicht er jährlich rund 38.000 junge Menschen. Für seine Arbeit ist er dringend auf Mitgliedsbeiträge und Spenden angewiesen.

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