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„Schwer war der Abschied, aber froh das Wiedersehen“

Gedenken in der Slowakei: 25 Jahre Kriegsgräberstätte Važec

Politiker, Soldaten, Jugendliche und Angehörige haben bei einer Gedenkveranstaltung an die Gründung der Kriegsgräberstätte Važec in der Slowakei vor 25 Jahren erinnert. Mit leichter Verzögerung wurden auch die Gebeine von 135 deutschen Soldaten, die in den letzten Monaten in der Slowakei gefunden worden waren, eingebettet. Wegen des Starkregens waren die Arbeiten kurzfristig verschoben worden. 
 

Der Gipfel des Krivan, der „heilige Berg“ der Slowaken, hüllte sich in dramatische Wolken. Kurz vor der geplanten Einbettung der ersten 27 von 135 deutschen Soldaten, deren Gebeine in den vergangenen Monaten in der Slowakei gefunden worden waren, machten Regenschauer die Erdarbeiten zu gefährlich. Detlef Fritzsch, für den Bundesvorstand des Volksbundes aus Dresden angereist, entschied sich kurzfristig für eine symbolische Einbettung, der eine eindrucksvolle Gedenkveranstaltung folgte. 
 

Hand in Hand zum Hochkreuz 

Dafür sorgten zahlreiche Programmpunkte, etwa der Auftritt des Militärorchesters aus Banská Bystrica, das den „Slowakischen Choral” von Jakub Laco und das eingängige Stück „Kráľohoľská“ von Stanislav Orechovský intonierte. Einen emotionalen Höhepunkt steuerten Jugendliche eines – vom Landesverband Sachsen-Anhalt organisierten – deutsch-slowakischen Workcamps bei, als sie Hand in Hand zum Hochkreuz gingen und ihre zweisprachige Interpretation des „Totengedenkens“ inszenierten. 
 

 

Nelken zum Gedenken

Zahlreiche Angehörige hatten die weite Anfahrt in die Hohe Tatra nicht gescheut. So war Stefan Keim mit seiner Tochter aus Frankfurt gekommen, um das Grab seines Vaters Johann Keim zu besuchen. Ute Ott und ihr Gatte aus Gütersloh blätterten im metallenen Namenbuch auf die Seite, auf der der Verlust ihres Großvaters Max Puschat verzeichnet ist. Martina und Günter Brandt legten fünf Nelken und das Foto des Onkels Ulrich Strelow auf dessen Grab nieder. 

Ein würdiges Grab

In seiner Gedenkansprache erinnerte Detlef Fritzsch, Polizeipräsident a.D. und Mitglied im Volksbund-Bundesvorstand, an den Kern der Vereinsarbeit: „Den Toten ein würdiges Grab zu geben – nie war das Gebot des Friedens, das von diesen Gräbern ausgeht, dringender und richtiger als in diesen Tagen.“

Auf dem Gebiet der heutigen Slowakei fielen rund 24.000 deutsche Soldaten, fast 16.000 fanden auf den sechs slowakischen Friedhöfen des Volksbundes ihre letzte Ruhe. Mit mehr als 9.000 Toten ist Važec die größte Kriegsgräberstätte – und mit Blick auf die mehr als 2.000 Meter hohe Gipfelkette der Hohen Tatra sicher auch die eindrucksvollste. Hier werden immer noch Tote des Zweiten Weltkrieges eingebettet, die meist in den Wäldern der Ostslowakei an der Grenze zur Ukraine gefunden werden. 

Grabsteine geputzt, Zäune gestrichen

Eine Woche lang hatten Oberstabsfeldwebel Alexander Ohls und seine Männer vom 4. Ausbildungsverband des Gefechtsübungszentrums in Gardelegen die weitläufige Anlage hergerichtet, unterstützt von den 21 Jugendlichen und jungen Erwachsenen des deutsch-slowakischen Workcamps, die Zäune gestrichen und Grabsteine geschrubbt hatten.

Volksbund-Bundesvorstandsmitglied Detlef Fritzsch nahm die mehr als 200 Anwesenden zu einem virtuellen Rundgang über die Kriegsgräberstätte mit und berichtete von einem Grab, auf dem stehe: „Zum frommen Andenken an meinen lieben Mann, unseren guten Vater Karl Schwarz.“ Ein kleines, ovales Foto zeige den 34-jährigen Schwarz, darunter stehe: „Schwer war der Abschied, aber froh das Wiedersehen.“ Es sei, so Fritzsch, ein „Wiedersehen im übertragenen Sinne“ und für tausende Angehörige das Erinnern an den Mann, Vater, Großvater, Bruder oder Onkel.  

Architekt der Freundschaft

Versöhnung – das war auch das Thema von Milian Lištiak, Bürgermeister von Važec: „Für tausende deutsche Soldaten wurde die Region unter der Tatra eine letzte Ruhestätte. Das Land nahm sie auf in seine liebenden Arme.“ Vor diesem Hintergrund sei die deutsch-slowakische Freundschaft ein wahrer Wert. Schon vor der Gedenkveranstaltung hatten Bürgermeister Lištiak und Volksbund-Bundesvorstandsmitglied Fritzsch einen Kranz im kleinen Örtchen Važec für die Opfer des slowakischen Volksaufstandes im August 1944 niedergelegt.

Prominentester Besucher dabei war Jozef Neuschl, ehemaliger Referent im Innenministerium der Slowakischen Republik und einer der Architekten des deutsch-slowakischen Kriegsgräberabkommens, das im Jahr 2000 ratifiziert worden war. Seit 1960 ist Neuschl mit der Kriegsgräberpflege befasst, dafür ehrte ihn der Volksbund-Bundesvorstand.

Auch die Gruppe der Karpatendeutschen wurde vom Volksbund für jahrzehntelange Unterstützung der Arbeit ausgezeichnet. Für die Deutsche Botschaft in Pressburg (Bratislava) sagte der angereiste Legationsrat 1. Klasse Stefan Kruschke: „Die Arbeit des Volksbundes verdient Anerkennung und Respekt.“ Das Österreichische Schwarze Kreuz vertrat Vizepräsident Friedrich Ehn.  

Das Miteinander genießen

Zum Abschluss zeigten die Jugendlichen des Workcamps, dass sie sich in den vergangenen zwei Wochen auch intensiv mit der Geschichte befasst hatten. Nach dem eindrucksvollen „Totengedenken“ sagte Leo Müller aus Brandenburg an der Havel, dass er bei seinem ersten Workcamp viel über die Geschichte der Slowakei und den Aufstand 1944 gelernt habe. Sein slowakischer Kollege Peter Trebiszo ergänzte, dass er das Miteinander genossen habe und die Arbeit auf dem Friedhof.

Die Haltung der beiden jungen Männer aus zwei Staaten des neuen Europas zeigt, dass die Arbeit für den Frieden quer durch die Generationen geht. Bei diesen letzten Worten blitzte kurz der blaue Himmel hinter dem Krivan auf, ein besonderer Moment an einem besonderen Tag. 

„Eine Betreuung der Kriegsgräberstätten ist nur möglich, wenn man auch die Beziehungen zu den Menschen pflegt, die in den Ländern leben, in deren Erde die deutschen Soldaten ruhen.“

Detlef Fritzsch, Mitglied im Volksbund-Bundesvorstand

„Eine-Million-Projekt”

So wie das Umbettungs-Team in der Slowakei arbeiten etliche andere parallel in vielen Ländern. Eine aktueller Artikel zeigt das breite Spektrum dieses Engagements: Momentaufnahme: Volksbund-Umbetter in 14 Ländern im Einsatz. Sie alle tragen dazu bei, dass die Wegmarke von einer Million geborgener Toter immer näher rückt.

Unterstützen Sie unsere Arbeit!

In Kürze will der Volksbund eine Million Kriegstote seit 1992 geborgen haben. Die neue Zeitrechnung begann nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, mit Abschluss des Kriegsgräberabkommens zwischen der Bundesrepublik und der Russischen Föderation. Die weitaus meisten Toten fanden und finden die Experten in Osteuropa. Paralell dazu will der Volksbund eine Million Euro an Spenden sammeln.

Harald John Abteilungsleiter Öffentlichkeitsarbeit