Symbolische Geste: Volksbund-Präsident Wolfgang Schneiderhan (links) übergibt das Namenbuch für die deutsche Kriegsgräberstätte in Wien an Innenminister Gerhard Karner. (© BMI / Jürgen Makowecz)
Zentralfriedhof Wien: deutsches Gräberfeld an Österreich übergeben
Volksbund pflegt Kriegsgräberstätten jetzt noch in 45 Ländern
Die Volksbund-Fahne ist eingeholt: Heute wurde die deutsche Kriegsgräberstätte in Wien offiziell in die Obhut Österreichs übergeben. „Wir wissen sie bei Ihnen in besten Händen“, sagte Wolfgang Schneiderhan, Präsident des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. bei der Zeremonie. Die jahrzehntelange gute Zusammenarbeit mit der Partnerorganisation, dem Österreichischen Schwarzen Kreuz (ÖSK), war ein zentraler Punkt.
Es ist die Gruppe 97 auf dem berühmten Wiener Zentralfriedhof – mit 7.300 Kriegstoten eine der größten Kriegsgräberstätten des Zweiten Weltkrieges in Österreich. Soldaten der Wehrmacht sind dort ebenso bestattet wie Flakhelferinnen und -helfer, Angehörige von Waffen-SS, Polizei, Volkssturm, Reichsarbeitsdienst, Deutsches Rotes Kreuz ...
Wien war die letzte deutsche Kriegsgräberstätte in Österreich in Volksbund-Obhut – jetzt sind es noch 45 Länder, in denen die deutsche Kriegsgräberfürsorge Verantwortung für Gräber trägt.
„Die Gefallenen gehören hier nicht hin“
„Die Gefallenen, derer wir gedenken, gehören hier nicht hin. Sie hätten ein langes und erfülltes Leben zu Hause verdient“, sagte Schneiderhan bei der Übergabe, zu der das österreichische Innenministerium, der Volksbund und die Deutsche Botschaft in Wien eingeladen hatten. „Wir können ihnen ihr Leben nicht zurückgeben, wir können sie nur in unserem Gedenken weiterleben lassen.“
Das tun der Volksbund und das ÖSK seit Jahrzehnten gemeinsam: „Uns vereint nicht nur die Pflege von Soldatenfriedhöfen, sondern auch das Bewahren des Bewusstseins von der Grausamkeit des Krieges und der überragenden Bedeutung des Friedens“, betonte der Präsident. Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine sprach er der internationalen Zusammenarbeit und dem gemeinsamen Gedenken an Kriegsgräbern größte Bedeutung zu – auch für junge Menschen.
Wie zerbrechlich Frieden ist
Österreichs Innenminister Gerhard Karner betonte ebenfalls die Fragilität des Friedens: „Wie zerbrechlich Friede und Freiheit sind, zeigt ein Blick nicht weit von hier in Richtung Osten, in die Ukraine. Zudem hat der Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und seine Nachwehen gezeigt, dass das Gift des Antisemitismus noch immer unsere Gesellschaft infiziert.”
Freiheit und Frieden seien keine Selbstverständlichkeit, sagte der Minister. Sie seien „eine Aufgabe, der wir uns immer neu stellen und der wir uns immer wieder erneut bewusst werden müssen. Das sind wir jenen schuldig, die hier begraben sind."
Zusammenarbeit geht weiter
„Wir sind froh, mit dem Schwarzen Kreuz und mit der Unterstützung des österreichischen Innenministeriums verlässliche Partner zu haben“, sagte Schneiderhan und richtete später seinen Dank auch persönlich an ÖSK-Präsident Peter Rieser und Generalsekretär Alexander Barthou (siehe unten). In Österreich ist das Innenministerium für die Pflege und Instandhaltung der Kriegsgräberstätten zuständig und arbeitet dabei eng mit dem ÖSK zusammen. Die Pflege in Wien hat eine städtische Firma übernommen.
Die Zusammenarbeit gehe in eine neue Phase. Beide Seiten wollen sich weiter für die Anliegen der Kriegsgräberfürsorge einsetzen, sich austauschen und ihre Kräfte bündeln (mehr dazu). So wird es in Wien auch weiterhin Pflegeeinsätze von Bundeswehr und Reservisten auf dem deutschen Gräberfeld geben.
Kränze, gemeinsam niedergelegt, standen ebenfalls symbolisch für die Partnerschaft und das deutsch-österreichische Gedenken. Zum Abschluss erklangen die Nationalhymnen und die Europahymne.
Vertrag unterzeichnet
Anschließend unterzeichneten Innenminister Gerhard Karner und Volksbund-Präsident Wolfgang Schneiderhan den Übergabevertrag im Beisein von Generalsekretär Dirk Backen und dem Deutschen Botschafter Vito Cecere. Knapp 50 Jahre zuvor – am 25. Oktober 1975 war die erweiterte Anlage auf dem Zentralfriedhof Wien eingeweiht worden.
Appell auf neuer Tafel
Die Reden und Musikstücke sind verklungen, Stille ist wieder auf dem Zentralfriedhof eingekehrt. Doch das heute Gesagte bleibt präsent: „Dieser Friedhof ist das Ergebnis eines Vernichtungskrieges und somit als direkte Folge von Krieg und Gewalt zu verstehen. Gleichzeitig ist er ein Ort emotionaler Bedeutung und persönlicher Trauer“, heißt es auf einer neuen Tafel.
Und weiter: „Dieser Ort soll uns an die leidvollen Konsequenzen kriegerischer Auseinandersetzungen erinnern und dazu mahnen, entschieden gegen jede Form von Antisemitismus, Rassismus und NS-Wiederbetätigung anzukämpfen.“
Auswahl Online-Berichte Österreich:
Übergabe des deutschen Soldatenfriedhofs an die Republik Österreich
Deutscher Soldatenfriedhof an Republik übergeben - wien.ORF.at
Gegenseitig ausgezeichnet
Am Nachmittag zeigte sich ein weiteres Mal, wie eng die Partnerorganisationen Volksbund und ÖSK verbunden sind: Die vier Männer an der Spitze dankten sich gegenseitig mit Auszeichnungen.
Wolfgang Schneiderhan ehrte Peter Rieser, den ÖSK-Präsidenten, mit dem Goldenen Ehrenkreuz der deutschen Kriegsgräberfürsorge für sein großes Engagement. Riesers Amtszeit geht in diesem Jahr zu Ende.
„Presidential Coin”
Auch Oberst i. R. Alexander Barthou, der ÖSK-Generalsekretär, wird sich aus dem Amt verabschieden. Er nahm die „Presidential Coin” von Wolfgang Schneiderhan entgegen – eine besondere Auszeichnung, die zuvor erst an 14 Personen vergeben worden war.
Wie groß seine Verdienste um die Kriegsgräberfürsorge ist, wurde schon vor vier Jahren sichtbar, als Barthou das Bundesverdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland erhielt (mehr lesen).
Große Ehrenzeichen
Dirk Backen, der Volksbund-Generalsekretär, erhielt das Große Ehrenzeichen des ÖSK für seine Verdienste um das Österreichische Schwarze Kreuz. Die gleiche Auszeichnung in Gold nahm Volksbund-Präsident Schneiderhan entgegen.
Der Volksbund ist ...
... ein gemeinnütziger Verein, der im Auftrag der Bundesregierung Kriegstote im Ausland sucht, birgt und würdig bestattet. Rund 11.000 waren es im vergangenen Jahr. Der Volksbund pflegt ihre Gräber in 45 Ländern und betreut Angehörige. Mit seinen Jugend- und Bildungsangeboten erreicht er jährlich rund 38.000 junge Menschen. Für seine Arbeit ist er dringend auf Mitgliedsbeiträge und Spenden angewiesen.
