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Auch Verfügungen über einzelne Nachlassgegenstände können eine Erbeinsetzung sein

Auch Verfügungen über einzelne Nachlassgegenstände können eine Erbeinsetzung sein

Hat ein Erblasser Verfügungen getroffen, die den gesamten Nachlass erschöpfen und dabei die Bezeichnung „erben“ nicht im rechtlich zutreffenden Sinne verwendet, dann können diese Verfügungen als Erbeinsetzung ausgelegt werden.

(OLG München, Beschluss vom 9.8.2016 – 31 Wx 286/15, BeckRS 2016, 14496)

Der Fall

Die verwitwete kinderlose Erblasserin hatte am 23.12.2012 folgendes Testament hinterlassen (Auszug):

„… Mein Haus mit Inventar … vererbe ich an das Ehepaar (Beteiligte zu 1 und 2) … Mein Haus in der … vererbe ich an das Ehepaar (Beschwerdeführer und Mieter des Hauses). Mein Firmpatenkind (Beteiligte zu 1) erbt 20 000 €. Frau … erbt ebenfalls 20 000 €. Je 10 000 € erben 7 weitere benannte Personen und je 5 000 € erben 3 weitere benannte Personen. Die Sparbücher können für das Erbe verwendet werden. Den Rest meines Vermögens erhält das Ehepaar (Beteiligte zu 1 und 2).“

Die Beteiligten und die Beschwerdeführer streiten, wer und mit welcher Quote Erbe der Erblasserin geworden ist.

Die Entscheidung

Das Testament vom 23.12.2012 enthält keine eindeutige Nennung der Erben, die die Rechtsnachfolger der Erblasserin sind. Die Erblasserin hat das Wort „erben“ für alle aufgezählten Zuwendungen benutzt und so ihr gesamtes Vermögen verteilt. Das Nachlassgericht muss nun durch Auslegung ermitteln, welchen Willen die Erblasserin wirklich hatte, wer Erbe und wer nur Vermächtnisnehmer sein soll. Die Rechtsprechung geht grundsätzlich davon aus, dass es sich um eine Vermächtniseinsetzung handelt, wenn in einem Testament konkrete, nicht das ganze Vermögen darstellende, Geldbeträge zugewendet werden. Das betrifft die Geldzuwendungen an die benannten Personen von insgesamt 125 000 €, die dem Sparguthaben von 330 000 € gegenüberstehen. Bei den beiden Häusern geht die Rechtsprechung weiter davon aus, dass es sich um eine Erbeinsetzung handelt, wenn es sich um einen wertmäßig wesentlichen Nachlassgegenstand handelt. Der Wert des den Beschwerdeführern zugewendeten Hauses ist 70 000 € und beträgt lediglich 13 % des gesamten Nachlasses - für eine Erbenstellung zu gering. Gegen die Beschwerdeführer spricht auch die Nennung der Beteiligten zu 1 und 2 an erster und letzter Stelle des Testaments. Zum Wert des Hauses der Beteiligten 1 und 2 von 173 000 € addiert sich der Reinnachlass von 205 000 €. Die Beteiligten zu 1 und 2 erhielten damit den Vermögensposten mit dem höchsten Wert im Nachlass, der jede einzelne Zuwendung erheblich übersteigt. Sie sind die Erben.

Tipp des Rechtsexperten

Fachanwalt für Erbrecht und Geschäftsführer der DVEV Jan Bittler rät, sein Testament rechtzeitig mit Beteiligung von Rechtsexperten zu gestalten und erläutert: „Unklare Testamente bedürfen der Auslegung durch das Nachlassgericht, das den wahren Willen des Erblassers ermitteln muss. Die Nachlassgerichte können aber ein fehlerhaftes Testament nicht reparieren. Es besteht immer die Gefahr, dass der wahre Wille nicht zu ermitteln ist. Also gilt: Nur juristisch klare und eindeutige Formulierungen wählen.“

Weitere Informationen:

Fundstelle: OLG München, Beschluss vom 9.8.2016 – 31 Wx 286/15, BeckRS 2016, 14496

Quelle: Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V. (DVEV)