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Nachlassverzeichnis - Wie weit geht die Ermittlungspflicht des Notars?

Nachlassverzeichnis - Wie weit geht die Ermittlungspflicht des Notars?

Verlangt ein Pflichtteilsberechtigter vom Erben die Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses, ist dieser verpflichtet, eigene Ermittlungen anzustellen und nicht nur die Angaben des Erben zu beurkunden. Ob er jedoch Kontoauszüge auf die Möglichkeit einer Schenkung überprüfen muss, richtet sich nach dem konkreten Einzelfall, entschied das OLG Celle in seinem Beschluss vom 25.3.2021, den die DVEV verkürzt wiedergibt.
(OLG Celle Beschluss v. 25.3.2021, 6 U 74/20, BeckRS 2021, 5738)

Der Fall
Die Klägerin ist Pflichtteilsberechtigte und verklagte den Alleinerben ihrer Mutter auf Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses, um Auskunft über den Umfang des Nachlasses ihrer verstorbenen Mutter zu bekommen. Der Notar legte ein Nachlassverzeichnis vor, das nur auf den Angaben des Alleinerben beruhte. Es listete Bankkonten und eine Schenkung an den Alleinerben von 50.000 € auf. Die Klägerin verlangte, dass der Notar eigene Ermittlungen anstellt und die Kontounterlagen auf Hinweise auf eine weitere Schenkung der Erblasserin oder Hinweise darauf überprüft.

Die Entscheidung
Das notarielle Nachlassverzeichnis soll eine größere Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Auskunft über den Nachlass bieten als das private Verzeichnis, das der auskunftspflichtige Erbe erstellt hat. Es genügt deshalb nicht, dass der Notar lediglich die Feststellungen des Erben protokolliert und beurkundet. Vielmehr ist er verpflichtet, seine eigene Wahrnehmung zu beurkunden. Dazu muss er selbständige Ermittlungen aufnehmen und eigenständige Feststellungen treffen. Das hatte der Notar nicht getan, denn er hatte lediglich die Angaben des Alleinerben beurkundet. In diesem Punkt gab das OLG Celle der Klägerin Recht. 
Dass die Ermittlungspflicht des Notars auch die Durchsuchung der Kontounterlagen umfasst, um nach Hinweisen auf weitere Schenkungen zu suchen, hielt das OLG grundsätzlich für zulässig. Als Faustformel kann gelten, dass die Ermittlungspflicht auf eventuelle Schenkungen ausgeweitet werden kann, wenn die Klägerin konkrete Hinweise auf pflichtteilsrelevante Vorgänge vorgebracht oder sich solche Hinweise aus den Unterlagen oder dem Notar bekannten Umständen ergeben hätten. Das war hier nicht der Fall, so dass die Klägerin in diesem Punkt nicht Recht bekam.

DVEV-Expertenrat
Einem Erben ist wenig damit geholfen, wenn er seiner Auskunftspflicht gegenüber einem Pflichtteilsberechtigten nur zögerlich und unvollständig nachkommt. Dann wird der Pflichtteilsberechtigte zu Recht auf die Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses drängen und spätestens ein Notar wird im Rahmen seiner Ermittlungspflicht unklare Kontoverfügungen über Nachlasskonten feststellen. Jan Bittler, Fachanwalt für Erbrecht in Heidelberg und Geschäftsführer der DVEV, rät daher Erben, von Beginn an so transparent als möglich zu sein, um so auch eine Pflichtteilsforderung zügig und ohne Einschaltung von Gerichten regeln zu können.