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Comic-Wettbewerb: Olympia 1936, Rassismus und Flucht

Thema „Sport“ führt zu Rekord-Beteiligung – Jury-Entscheidung mit Volksbund und Partnern

„Noch nie gab es so viele Einsendungen wie in diesem Jahr“, sagt Dr. Vasco Kretschmann, Fachbereichsleiter Friedenspädagogisches Arbeiten an Schulen und Hochschulen. Zum Thema „Sport – zwischen Krieg und Frieden“ schafften es 50 Comics in die engere Auswahl. Keine leichte Aufgabe für die internationale Jury, die nun die Gewinnerinnen und Gewinner kürte.
 

Drei Länder – ein Projekt: Bereits zum siebten Mal hatte der Volksbund zur kreativen Auseinandersetzung mit Geschichte aufgerufen – gemeinsam mit dem französischen Kriegsgräberdienst „l’Office national des anciens combattants et victimes de guerre“ (ONACVG) und dem „War Heritage Institute“ aus Belgien. Die Zielgruppe: Jugendliche zwischen 12 und 20 Jahren.

Viele der Bildergeschichten handeln von den Olympischen Spielen 1936, von Fluchterfahrungen oder Rassismus im Sport. „Die Qualität der Beiträge steigert sich von Jahr zu Jahr“, stellt Jury-Mitglied Marie Jacquier vom Frankreichzentrum der Freien Universität Berlin fest. Schülerinnen und Schüler nutzten mehr digitale Tools. Man sehe eine Tendenz zur Professionalisierung. „Qualität und Umfang der Geschichten haben mich wirklich beeindruckt", sagt auch Comic-Experte Peter Eickmeyer. Die Bandbreite der zeichnerischen Ansätze sei bemerkenswert.
 

Menschen, die ihre Stimme erheben

Wie man im Sport politisch ein Zeichen setzen kann, zeigt der Comic „Er war nur ein Mann, aber ein Mann mit Willen“ von Beatrice Ngo. Inhaltlich und künstlerisch überzeugte er die Jury, die den ersten Preis in der Kategorie „Einzelcomics“ an die 15-jährige Schülerin vom Gymnasium Rutesheim aus Baden-Württemberg vergab. In eindrucksvollen, mitunter düsteren Bildern erzählt Beatrice Ngo die Geschichte von Bernhard Almstadt, einem Mitglied des kommunistischen Arbeitersportverbands.

Beim deutschen Turnfest 1933 in Stuttgart hatte Almstadt mit anderen „Rotsportlern“ eine spektakuläre Protestaktion gegen Hitler organisiert. Mit Flugblättern und Luftballons hatten sie die Nachricht: „Hitler bedeutet Krieg!“ gestreut. Die junge Comic-Zeichnerin sagt über ihren Titelhelden: „Er passte sich als Mensch und als Sportler nicht an die Diktatur an, sondern nahm Verfolgung, Repressalien und letztendlich den Tod auf sich, um sich für Frieden und ein Leben außerhalb einer Diktatur einzusetzen. Gerade in unserer Zeit brauchen wir mehr Menschen wie Bernhard Almstadt, die bereit sind, ihre Stimme zu erheben.“

 

Talent schützt vor Fronteinsatz

Fast schon ein Profi in punkto Comic-Wettbewerb ist die Gewinnerin des zweiten Preises. Nawwal Azzahrah aus Bayern hatte im vergangenen Jahr für ihre Geschichte „Die Messerschmittstraße“ sogar den Partnerpreis aller drei beteiligten Nationen erhalten. Mit einem Beitrag über Fußball und Freundschaft im Krieg punktete die 20-jährige Studentin der Ostbayerischen Technischen Hochschule dieses Mal.

Eine fiktive Geschichte vor historischem Hintergrund: Der Comic „Nachspielzeit“ handelt von einem Fußballspiel. Zwei langjährige Freunde treten gegeneinander an und nur der Sieger kann sich einen Posten in der Luftwaffen-Mannschaft „Rote Jäger“ sichern. Diese Mannschaft war berühmt. Ihr Gründer, Hermann Graf, bemühte sich, talentierte Spieler vor Fronteinsätzen im Zweiten Weltkrieg zu schützen – ein Ansinnen, mit dem er spätestens mit der Verlegung seines Jägergeschwaders an die Ostfront keinen Erfolg mehr hatte.
 

Flucht übers Mittelmeer

Über den dritten Platz in der Kategorie „Einzelcomic“ darf sich die 16-jährige Riem Deiri vom Solitude Gymnasium in Stuttgart freuen. Ihr Comic „Yusra Mardini – Eine Reise der Tapferkeit und Menschlichkeit“ schildert die Flucht einer jungen Frau aus Syrien. Als ihr Boot auf dem Mittelmeer zu sinken droht, springt die passionierte Schwimmerin beherzt ins Wasser, um Mitreisende zu retten.

Riem Deiri findet klare Worte: „Die Geschichte von Yusra Mardini ist nicht nur eine persönliche Heldengeschichte, sondern auch ein Aufruf zum Handeln und zur Empathie. Sie verdeutlicht die dringende Notwendigkeit, Flüchtlingen Schutz zu bieten und humanitäre Hilfe zu leisten.“
 

Farbe als Metapher

Rot – das ist die einzige Farbe im tristen Grau des Comics „Blutiger Turnschuh“, der mit dem ersten Preis in der Kategorie „Gruppencomic“ ausgezeichnet wurde. Der rote Schuh ist das wiederkehrende Motiv in einer Geschichte, die den Missbrauch an Häftlingen im Konzentrationslager Sachsenhausen zum Thema hat. Auf einer extra angelegten Strecke mussten die Gefangenen Sportschuhe testen und bis zu 48 Kilometer laufen. Für Hunderte war das das Todesurteil.

Das Gewinnerteam von der SBH-Nordost aus Sachsen-Anhalt mit Jessica Franke, Kim Hirsch, Paul Fiedler, Philipp Naumann, Jonas Kandel, Leonia Dose und Nico Schuchardt sagt zu seinem Wettbewerbsbeitrag: „Von der ‚Schuhprüfstrecke‘ profitierten fast die gesamte damalige Schuhindustrie und ihren Zulieferfirmen, um ihre Produkte preiswert zu testen und weiterzuentwickeln. Darunter sind bekannte Sportschuh-Hersteller, die bis heute erfolgreich sind. Diese Schuhe sichern gestern wie heute den Sportlern auf der ganzen Welt sportliche Erfolge – auf den Rücken der Häftlinge vom KZ-Sachsenhausen.“
 

Rassismus im Sport

Rassismus in der US-amerikanischen Baseball-Liga haben Louisa Berlin und Diana Stehen vom Gymnasium Heide-Ost aus Schleswig-Holstein zum Thema gemacht. Mit ihrem Comic „Jackie Robinson“ gewannen sie den zweiten Platz in der Gruppenkategorie. Allen rassistischen Anfeindungen zum Trotz hatte Jackie Robinson 1955 als erster dunkelhäutiger Baseballspieler in der Major League gespielt. In seiner Biographie sehen die 15-jährigen Schülerinnen eine Inspiration für andere.

Auch der Comic „Lutz Long und Jesse Owens bei den Olympischen Spielen 1936“ von Lucy Simon, Lilly Staroste, Clara Edelmann und Samia Rohrer behandelt das Thema Rassismus. Die vier Mädchen von der Neuen Nikolaischule in Leipzig gewannen damit den dritten Preis in der Kategorie „Gruppencomic“. Luz Long ist auf der deutschen Kriegsgräberstätte Motta St. Anastasia auf Sizilien begraben (mehr lesen).
 

Internationale Gewinner-Ehrung

Die Gewinnerinnen und Gewinner der ersten beiden Plätze aus der Einzel- und Gruppenkategorie können sich freuen: Ende September wird es eine gemeinsame internationale Gewinner-Ehrung in Straßburg geben, zu der alle Finalisten des Wettbewerbs aus Deutschland, Belgien und Frankreich eingeladen sind. Anschließend werden die jungen Comic-Zeichnerinnen und -zeichner ein paar Tage in der Jugendbegegnungs- und Bildungsstätte Niederbronn-les-Bains verbringen und an der Umsetzung neuer Ideen arbeiten.

Nach dem Wettbewerb ist vor dem Wettbewerb: Das Thema der Ausschreibung für 2025 lautet: „Schicksale von Menschen und Tieren im Krieg“. Einsendeschluss ist der 31. März 2025. Weitere Informationen dazu gibt es demnächst auf dieser Seite.