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Volksbund lädt ukrainische Journalisten nach Sandweiler ein

Führung über Kriegsgräberstätte hinterlässt tiefe Spuren: „Gedenken an die Toten ist eine Sache der Gesellschaft"

Junge Medienvertreter aus der Ukraine nahmen an einer Fortbildung der Deutschen Welle – der DW Akademie – teil. Sie führte auch auf die Kriegsgräberstätte Sandweiler in Luxemburg, wo der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge sie begrüßte. Dennis Köppl, Bildungsreferent in Rheinland-Pfalz, stellte den Friedhof und die Volksbund-Arbeit vor.
 

In Sandweiler sind 10.913 Tote des Zweiten Weltkrieges bestattet: Soldaten, die in den erbitterten Kämpfen im Winter 1944 und Frühjahr 1945 im Grenzgebiet zwischen Deutschland, Belgien und Luxemburg fielen. Hier hatte der damalige Premierminister des Großherzogtums Luxemburg, Jean-Claude Juncker, zum 50-jährigen Bestehen des Friedhofs 2005 die Worte gesprochen, die heute fast prophetisch anmuten: „Wer an Europa zweifelt, wer an Europa verzweifelt, der sollte Soldatenfriedhöfe besuchen!”
 

Kein einfacher Ort für die Gäste

An einem kalten Februarsonntag stehen zwölf Ukrainerinnen und Ukrainer auf der Kriegsgräberstätte Sandweiler. In ihrer Heimat tobt seit zwei Jahren der Krieg, der schon zehntausende Menschen das Leben und die Gesundheit kostete, die Landschaft verwüstet, die Städte in Schutt und Asche legt, die „Kornkammer Europas“ vergiftet. Für Menschen, die in einem Land im Krieg leben und arbeiten, ist ein Soldatenfriedhof kein einfacher Ort.

Carsten Baus leitet als Geschäftsführer die Volksbund-Landesverbände Rheinland-Pfalz und Saarland. Zusammen mit Bildungsreferent Dennis Köppl stellte er der Gruppe die Kriegsgräberstätte und einige der dort Bestatteten vor. Der jüngste, Werner Kübler aus Brodowin in Brandenburg, war gerade 17 Jahre alt, als er getötet wurde. Mit den Gesichtern der Toten kommt die Geschichte ganz nah.
 

Eicheln als Symbol der Hoffnung

Wie gingen die Ukrainerinnen und Ukrainer damit um? Die Journalistin Natalya antwortete zuerst:

Wie wirkt die Kriegsgräberstätte auf Dich?  

„Die Opfer eines Krieges sind nach meiner Meinung zeitlos. Die Zeit heilt bei den Familien der Toten nicht sehr viel. Mein Mann hatte sich drei Tage nach dem Beginn des Krieges freiwillig gemeldet, um sein Heimatland zu verteidigen. Er ist vor einem Jahr gefallen. Die Kriegsgräberstätte ist für mich ein sehr schmerzhafter Ort. Was mir aber Trost und auch Hoffnung gegeben hat als Symbol, das sind die Eicheln, die von den schönen, großen Bäumen heruntergefallen sind und die schon wieder Wurzeln im Rasen schlagen.“

Was nimmst Du von dem Besuch mit nach Hause?

„In der Ukraine gibt es im Moment kein Konzept für die Kriegsgräberfürsorge. Dafür ist es jetzt vielleicht auch noch nicht die Zeit. Aber ich merke: Die Familien fühlen sich ungerecht behandelt, denn der Staat fordert sehr viel von uns und kann uns im Moment sehr wenig zurückgeben. Ein einheitlicher Umgang mit den Kriegstoten ist notwendig, aber das ist im Moment noch nicht zu erkennen.”

„Der Staat fordert sehr viel von uns und kann uns im Moment sehr wenig zurückgeben.“

Natalya, Journalistin aus der Ukraine

„Die Ukraine war auf diese hohe Zahl von Opfern nicht vorbereitet, die neue Realität überfordert die Menschen und den Staat, es herrscht überall Chaos. Wir müssen auf jeden Fall deutlich machen, welche Idee hinter dem Einsatz und dem Opfer der Menschen in der Ukraine steht. Wir brauchen hierfür die Erfahrung und die Unterstützung auch aus anderen Ländern.

Mit dem ersten Opfer hat die Spirale der Gewalt begonnen und wir sind damit im Moment noch auf dem Weg nach oben. Ich wünsche mir auch ein eigenes Ritual, um die toten Soldaten zu beerdigen. Das muss anders sein als eine normale Beerdigung.”

Wie wirken die vom Volksbund geleistete Versöhnungsarbeit nach dem Zweiten Weltkrieg und seine Jugendangebote auf Dich?

„Das hat mich berührt, das war wirklich interessant. Wenn ich an die Ukraine denke, dann ist das aber noch sehr weit weg. Es herrscht noch Krieg, es gibt noch gar keine Kriegsgräberstätten, die Beerdigung ist Sache der Familien. Wir bekamen für die Beerdigung meines Mannes einen Sarg und eine ukrainische Flagge gestellt, mehr nicht.

Bis zu einer Versöhnung wird es noch sehr weit sein. Wir brauchen Kriegsgräberstätten, denn das Gedenken an die Kriegstoten ist ja nicht nur ein privater Akt der Familien. Es geht dabei ja auch um das kollektive Gedächtnis der Ukraine und das geht nur mit einer Arbeit über mehrere Generationen. Das muss nach meiner Meinung auch eine internationale Sache sein.

Das zivilgesellschaftliche Engagement des Volksbundes beeindruckt mich. Das Gedenken an die Kriegstoten sollte auch in der Ukraine nicht rein staatlich sein, sondern eine Sache der Gesellschaft. Der Staat wird das hoffentlich auch mit Geld unterstützen. Die Arbeit muss aber Sache der Menschen sein.“

Vorbild für später

Der Journalist Artur ergänzt: „Wir werden nach dem Krieg ähnliche Herausforderungen haben wie der Volksbund früher. Was wir hier auf der Kriegsgräberstätte sehen, ist für mich ein Vorbild. Kann der Volksbund uns mit seiner Erfahrung bei der Versöhnungsarbeit und bei dem Gedenken an die Kriegstoten helfen?“

Wolodomyr sagt: „Die deutsche Kriegsgräberstätte ist für mich ein sehr menschlicher Ort. Es gibt dort nichts, was einen vom Gedenken an die Toten ablenkt.“

Der Volksbund ist ...

... ein gemeinnütziger Verein, der im Auftrag der Bundesregierung im Ausland Kriegstote sucht und birgt, sie würdig bestattet und ihre Gräber pflegt. Daraus leitet er einen Bildungsauftrag ab. Weil er seine Arbeit überwiegend aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden finanziert, ist er dringend auf Unterstützung angewiesen. Danke, dass Sie uns helfen!