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Rumbula

Rumbula

Erläuterungen am Wäldchen von Rumbula

(Von der Maskavas iela biegen wir ab auf die Salaspils, dann Lokomotives iela entlang der nach Südosten führenden Bahnanlage. Wir sehen den roten Backsteinbau der Station Skirotava, wo sich 1941 die Opferspuren kreuzten: Abfahrtsort der sowjetischen Deportationszüge nach Sibirien, dann Ankunftsort der Deportationszüge aus Deutschland, Österreich und der Tschechoslowakei. Einige Kilometer weiter wieder zurück auf die inzwischen mehrspurige Maskavas iela, wo schließlich linker Hand eine kurze Stichstraße in das Wäldchen von Rumbula führt. Von den Gedenksteinen am Eingang schlängelt sich ein Weg in das Wäldchen. Auf einer Lichtung ein Feld mit kleinen, mittleren und größeren Granitsteinen, auf denen die Namen der jeweiligen Familien eingraviert sind. Aus ihrer Mitte wächst eine wie ein Wurzelgeflecht gestaltete Menora (siebenarmiger Leuchter). An der Seite des Steinfeldes der Einzelstein der zehnjährigen Geneka Koch, im Unterschied zu früheren Jahren geschmückt mit etlichen Blumen, Püppchen. Umgeben ist die Lichtung von mehreren großen Gevierten: die Massengräber.)

Der Höhere SS- und Polizeiführer Ostland und Russland Nord Friedrich Jeckeln hatte die Umgebung Rigas nach einem geeigneten Ort abgesucht und war dabei auf das Wäldchen zwischen der kleinen Bahnstation Rumbula und der Maskavas iela gestoßen. Fachleute in seinem Stab berechneten den Raumbedarf an Gruben und planten in sie hineinführende Rampen. Damit sollte der Mordprozess beschleunigt werden.

Es war ein eiskalter Wintertag, der 30. November 1941. Die Marschkolonnen aus dem Ghetto wurden seitlich von lettischer Hilfspolizei bewacht, vorne und hinten von deutschen Kräften. Unterwegs wurden Menschen, die nicht mehr konnten, sofort erschossen. Das vorbereitete Gelände war abgesperrt. Zuerst mussten sich die Menschen bis auf die Unterwäsche entkleiden, dann noch letzte Wertgegenstände in Holzkisten werfen, dann über die Rampen in die Gruben steigen, sich hinlegen. Hier wurden sie von einem kleinen Trupp von Männern es Einsatzkommando 2 erschossen. Für die Schützen stand reichlich Schnaps bereit. Laut Zeugenaussagen in einem späteren Prozess soll es auf dem Gelände von Uniformierten gewimmelt haben. Das war Jeckeln`s Methode: Viele in die Mitwisserschaft einbeziehen - und damit in die Mithaftung. Von 8.15 bis 19.45 Uhr wurden in Rumbula 15.000 Menschen ermordet. Am Abend sei die Mordaktion schon Stadtgespräch gewesen, bald später berichteten darüber der britische und sowjetische Rundfunk.

Ein Soldat, der im Stabsgebäude des Einsatzkommando 2 (Ecke Raina bul./Reimersa iela) als Dolmetscher arbeitete, berichtete mir vor Jahren, wie er den Abend dieses „Rigaer Blutsonntag" erlebt hatte: Das Erschießungskommando kam zurück, verdreckt und angetrunken, und zog sich zurück in die Kantine im Keller. Schon bald habe er deutsche Sauflieder gehört wie „In München steht ein Hofbräuhaus".

Am 8. Dezember folgte eine weitere „Aktion". Das Reichssicherheitshauptamt in Berlin berichtete in seiner „Ereignismeldung UdSSR" Nr. 155: „Die Zahl der in Riga verbliebenen Juden - 29.500 - wurde durch eine vom HSSPF Ostland durchgeführte Aktion auf 2.500 verringert." Die Adressaten dieser Meldung wussten, was „verringert" bedeutete.

Stellvertretend für die hier ermordete jüdische Bevölkerung Rigas ist auf eine Plakette das Gesicht der zehnjährigen Geneka Koch zu sehen: „ermordet in diesem Wald, zusammen mit ihren Eltern und ihrem vierjährigen Bruder. Niemand hat vergessen, niemand wird vergessen."

Damit war „Platz geschaffen" für die angekündigten Deportationszüge aus dem Reich.

Der damalige Führer des Einsatzkommandos 2, Dr. Rudolf Lange, nahm Ende Januar 1942 als einziger höherer SS-Offizier des Ostens an der Wannsee-Konferenz in Berlin teil.

Seit den 60er Jahren begannen Rigaer Juden damit, gegen die Widerstände der sowjetischen Bürokratie die Gräberstätte würdiger zu gestalten. Sie konnten einen Gedenkstein durchsetzen, auf dem „Den Opfern des Faschismus" auch in Jiddisch geschrieben war. Gedenkveranstaltungen am letzten Sonntag im November wurden aber notorisch von Parteiorganen und KGB gestört, durch Musik, durch Übergriffe.