Kann ein handschriftliches Testament durch eine maschinengeschriebene und unterschriebene Liste wirksam ergänzt werden?
Kann ein handschriftliches Testament durch eine maschinengeschriebene und unterschriebene Liste wirksam ergänzt werden?
Nimmt ein wirksam errichtetes eigenhändiges Testament auf ein nicht der Testamentsform entsprechendes Schriftstück Bezug (hier: maschinengeschriebene Liste mit Namen der Erben, die wiederum handschriftlich durch beide Erblasser unterschrieben ist), so wird die formunwirksame maschinenschriftliche Anlage nicht zum Bestandteil der formgültigen letztwilligen Verfügung. Die maschinenschriftlich genannten Personen werden damit keine Erben, entschied der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 10.11.2021, die die DVEV verkürzt wiedergibt.
(BGH-Beschluss vom 10.11.2021, IV ZB 30/20, BeckRS 2021, 41084)
Der Fall
Die Eheleute hatten gemeinsam ein formwirksames gemeinschaftliches eigenhändiges Testament errichtet, das von beiden unterschrieben war. Sie setzten sich zunächst als Alleinerben ein und regelten dann im Weiteren, dass der Nachlass in Deutschland an die Tochter des Ehemannes und ein Ferienhaus in Italien an eine Erbengemeinschaft aus fünf befreundeten Familien fallen soll. Wörtlich regelten sie: „Namen und Adressen für das Erbteil in Italia sind im PC-Ausdruck angehängt und persönlich unterschrieben.“ Nachdem die Ehefrau vorverstorben war, errichtete der Ehemann ein neues notarielles Testament und setzte seine Tochter aus erster Ehe als Alleinerbin ein.
Nach dem Tod des Ehemannes, haben zwei der auf der maschinengeschriebenen Liste genannten Personen einen Erbschein beantragt, der sie als Miterben ausweist. Die Tochter des Ehemannes aus erster Ehe ist diesem Antrag entgegengetreten. Letztendlich musste der BGH eine Klärung herbeiführen.
Die Entscheidung
Der BGH stellt klar, dass nach § 2247 Abs. 1 BGB der Erblasser ein Testament durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichten kann. Bei einem gemeinschaftlichen Testament der Eheleute genügt es, wenn ein Ehegatte das Testament nach der vorgeschriebenen Form errichtet und der andere Ehegatte die Erklärung eigenhändig mitunterzeichnet. Dabei müssen sämtliche Verfügungen des Erblassers, um wirksam zu sein, diese Formanforderungen erfüllen. In dem handschriftlichen Testament selbst ist hinsichtlich des Erbteils in Italien die getroffene letztwillige Verfügung nicht hinreichend bestimmt. Aus ihr allein lassen sich die Erben - ohne Rückgriff auf die Anlage - im Einzelfall nicht entnehmen. Ohne eine zweifelsfreie Bestimmung der bedachten Personen liegt jedoch keine vollständige letztwillige Verfügung vor. Die Erbeinsetzung für das „Erbteil Italia“ konnte nicht dadurch vervollständigt werden, dass auf die Namen und Adressen in der maschinengeschriebenen Anlage verwiesen wurde. Die Bezugnahme auf eine nicht formwirksame Anlage kann nicht dazu führen, dass diese zum Bestandteil des formgültigen Testaments wird. Der Erbscheinsantrag war daher zurückzuweisen, Alleinerbin des gesamten Vermögens der Eheleute wurde damit die Tochter des Ehemanns aus erster Ehe.
DVEV-Expertenrat
Trotz der Digitalisierung in allen Lebensbereichen ist § 2247 BGB aber nach wie vor wörtlich zu nehmen. „Zwar soll nach der ein oder anderen Ansicht von Gerichten die Bezugnahme zum Zwecke der näheren Erläuterung auf ein maschinengeschriebenes Schriftstück zulässig sein“, so erläutert Rechtsanwalt Jan Bittler, Fachanwalt für Erbrecht in Heidelberg und Geschäftsführer der DVEV. „Nach der Entscheidung des BGH ist nunmehr aber dringend davon abzuraten, maschinengeschriebene Anlagen einem Testament beizufügen.“
Weitere Informationen
Fundstelle: BGH-Beschluss vom 10.11.2021, IV ZB 30/20, BeckRS 2021, 41084
Quelle: Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V. (www.dvev.de)