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Bei einer dementen Vollmachtgeberin darf gerichtlich nicht sofort der Entzug der Vorsorgevollmacht angeordnet werden, falls die Bevollmächtigte Fehler begeht

Bei einer dementen Vollmachtgeberin darf gerichtlich nicht sofort der Entzug der Vorsorgevollmacht angeordnet werden, falls die Bevollmächtigte Fehler begeht

Wurde eine eingeschränkte Geschäftsfähigkeit festgestellt, darf daraus nicht zwangsläufig geschlossen werden, dass der Betroffene nicht mehr in der Lage ist, bei der Errichtung der Kontrollbetreuung einen freien Willen zu bilden und Entscheidungen zu treffen, so der BGH in seinem Beschluss vom 14.10.2015, den die DVEV in seinen wesentlichen Aussagen wiedergibt.

BGH Beschluss vom 14.10.2015, XII ZB 177/15, BeckRS 2015, 19122

Der Fall

Im Jahr 2007 errichtete die Betroffene eine General- und Vorsorgevollmacht zugunsten ihrer Tochter, die bis heute gilt. Die inzwischen 81-jährige Betroffene leidet an Demenz und einem leichten bis mittelschweren hirnorganischen Psychosyndrom. Auf Grund der Vollmacht schloss die Tochter 2014 im Namen der Betroffenen mit sich selbst eine Abfindungsvereinbarung. Bereits 2013 regte der Sohn die Einrichtung einer Betreuung für die Betroffene an. Das führte letztlich dazu, dass eine Rechtsanwältin zur berufsmäßigen Kontrollbetreuerin auch mit dem Aufgabenbereich, die Vorsorgevollmacht für die Tochter betreffend die Vermögensangelegenheiten zu widerrufen. Die Tochter will die Aufhebung der Kontrollbetreuung.

Die Entscheidung

Gegen den freien Willen der Betroffenen darf vom Betreuungsgericht keine Kontrollbetreuerin bestellt werden. Auch wenn die Betroffene psychisch krank ist und ihre Geschäftsfähigkeit eingeschränkt ist, bedeutet das nicht automatisch, dass sie nicht in der Lage ist, einen freien Willen zu bilden und ihn zu äußern. Er hängt von der Einsichtsfähigkeit der Betroffenen ab, die verlangt, dass sie Grund, Bedeutung und Tragweite der Kontrollbetreuung erfassen kann. Hier ging das Sachverständigengutachten davon aus, dass die Betroffene in ihrer „Geschäftsfähigkeit deutlich eingeschränkt“ ist. Sie sei jedoch „möglicherweise für einen gegenständlich abgrenzbaren Kreis von Angelegenheiten noch zu einer freien Willensbildung in der Lage“. Deshalb gab der BGH der Tochter Recht, denn aus der Feststellung der eingeschränkten Geschäftsfähigkeit darf nicht ohne weiteres auf eine fehlende Einsichtsfähigkeit und damit dem Fehlen eines freien Willens geschlossen werden, so der BGH. Die Kontrollbetreuung war zu Unrecht angeordnet worden, selbst wenn Mängel bei der Vollmachtausübung festzustellen seien. Die Kontrollbetreuerin muss zunächst positiv auf die Bevollmächtigte einwirken.

Tipp des Rechtsexperten

Jan Bittler, Fachanwalt für Erbrecht und Geschäftsführer der DVEV, rät deshalb: „Wer die Anordnung einer Kontrollbetreuung und damit auch einen gerichtlichen Streit vermeiden will, bestimmt am besten gleich in der Vorsorgevollmacht neben dem Bevollmächtigten auch einen Kontrollbevollmächtigten. Solche Formulierungen finden sich meist nicht in Standardformularen, daher ist eine anwaltliche Beratung dringend zu empfehlen.“

Weitere Informationen:

Fundstelle: BGH Beschluss vom 14.10.2015, XII ZB 177/15, BeckRS 2015, 19122

Quelle: Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V. (DVEV)