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Eidesstattliche Versicherung bei unvollständiger Auskunft des Miterben

Eidesstattliche Versicherung bei unvollständiger Auskunft des Miterben

Der Miterbe hat auf Verlangen Auskunft über alle potentiell ausgleichungspflichtigen Zuwendungen zu erteilen. Er hat sich hierzu anhand sämtlicher, zumutbar erreichbarer Erkenntnisquellen eigenes Wissen zu verschaffen, notfalls mit Unterstützung von Hilfspersonen, so das Urteil des OLG München, das die DVEV mit den wesentlichen Entscheidungskriterien wiedergibt.

(OLG München, Urteil vom 17.02.2016, 20 U 126/15, BeckRS 2016, 04576)

Der Fall

Nach dem Tod des Vaters erhob der Bruder Klage gegen seine Schwester vor dem Landgericht. Sie solle Auskunft erteilen über sämtliche Zuwendungen, die sie zu Lebzeiten vom Vater erhalten hatte. Die Schwester erklärte, dass sie nicht wisse, was auf ihren Konten geschehen sei. Der Vater hatte die Konten verwaltet. Aus ihrer Sicht ergäben sich aus den Kontoauszügen keine Zuwendungen des Vaters. Der Bruder verlangte diese Auskunft seiner Schwester an Eides statt zu versichern. Dem gab das Landgericht nicht statt.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Bruders zum OLG. Nachdem zumindest hinsichtlich einer Bareinzahlung auf ein Konto die Herkunft völlig ungewiss war, erklärte die Schwester, ihre Auskunft unter Zuhilfenahme eines Fachmanns nachzubessern. In der nachgebesserten Aufstellung waren fünf weitere Umbuchungen nicht enthalten. Auf Hinweis des Gerichts legte die Beklagte eine weitere ergänzende Auskunft des Steuerberaters vor.

Die Entscheidung

Erben Abkömmlinge nach der gesetzlichen Erbfolge, so müssen Zuwendungen, die sie zu Lebzeiten des Erblassers von ihm erhalten haben, ausgeglichen werden. Miterben sind deshalb verpflichtet, den anderen Miterben auf Verlangen Auskunft über alle potenziell ausgleichungspflichtigen Zuwendungen zu erteilen. Die Auskunft ist so zu erteilen, dass das Gericht einschätzen kann, welche offenbarten Zuwendungen ausgleichungspflichtig sind. Dabei kommt es nicht auf die Sicht der hier auskunftspflichtigen Schwester an.

Besteht Grund zur Annahme, dass die von einem Miterben vorgelegte Auskunft unvollständig ist und dies auf mangelnder Sorgfalt beruht, besteht ein Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gemäß §§ 2057, 260 BGB. Das Auskunftsverhalten der Schwester gab Anlass zu Zweifeln an der Vollständigkeit der Auskunft sowie auf mangelnde Sorgfalt bei der Auskunftserteilung. Die Schwester darf sich nicht darauf berufen, sich nie um ihre Konten gekümmert zu haben. Sie muss sich eigenes Wissen verschaffen, anhand sämtlicher erreichbarer Erkenntnisquellen bis zur Grenze der Unzumutbarkeit, notfalls mit Unterstützung durch Hilfspersonen. Das OLG München gab dem Bruder recht.

Tipp des Rechtsexperten

Jan Bittler, Fachanwalt für Erbrecht und Geschäftsführer der DVEV, erläutert: „Der Ausgleichung liegt der Gedanke zugrunde, dass der Erblasser seine Abkömmlinge bei der Verteilung des Vermögens grundsätzlich gleich behandeln will. Oft ist unklar, welche Zuwendungen zu Lebzeiten des Erblassers zwischen ihm und den Erben geflossen sind. Zudem wird bei erfolgten Zuwendungen oft nicht eindeutig vereinbart, ob sie ausgeglichen werden sollen oder nicht. Um Streit zwischen den Miterben zu vermeiden, sollte der Erblasser bei der Zuwendung oder in seinem Testament regeln, ob er die Ausgleichung wünscht oder nicht."

Weitere Informationen:

Fundstelle: OLG München, Urteil vom 17.02.2016, 20 U 126/15, BeckRS 2016, 04576

Quelle: Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.