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Gemeinschaftliches Testament: Auch späterer Beitritt des Ehepartners möglich

Gemeinschaftliches Testament: Auch späterer Beitritt des Ehepartners möglich

Ein gemeinschaftliches Testament kann auch dann wirksam errichtet sein, wenn der andere Ehegatte erst nach längerer Zeit beitritt, sofern im Zeitpunkt des Beitritts der Wille des ersttestierenden Ehegatten zur gemeinschaftlichen Testierung weiterhin besteht, so das OLG München.

In seinem Beschluss vom 01.12.2011 hatte der Ehegatte ein Testament mit der Bezeichnung „Gemeinschaftliches Testament" errichtet, in dem er und seine Ehefrau sich gegenseitig zum Alleinerben und die Kinder als Schlusserben eingesetzt hatten. Das Testament wurde zunächst nur von ihm unterzeichnet. Die Ehefrau unterzeichnete das Testament erst sechs Jahre später.

Nach dem Tod seiner Ehefrau heiratete der Ehemann ein zweites Mal und schloss mit seiner zweiten Ehefrau einen Erbvertrag, wonach sie seine Alleinerbin sein sollte. Nach dem Tod des Ehemannes beantragten die Kinder einen Erbschein aufgrund des „Gemeinschaftlichen Testaments" ihrer Eltern. Die zweite Ehefrau hielt das gemeinschaftliche Testament auf Grund der späteren Unterschrift der ersten Ehefrau für unwirksam.

Das OLG München ist von einer wirksamen Testamentserrichtung ausgegangen. Die Kinder sind die Erben ihres Vaters geworden. Auch wenn der Ehemann das Testament zunächst allein unterschrieben habe, so ergebe sich aus dem Wortlaut und der Verwendung von Wörtern wie „wir" oder „uns", dass das Ehepaar ein gemeinschaftliches Testament errichten wollte.

Außerdem sei es unwesentlich, dass die erste Ehefrau das Testament erst sechs Jahre später unterschrieben hat. Für die Wirksamkeit des gemeinschaftlichen Testaments ist keine gleichzeitige Erklärung der Ehegatten erforderlich. Notwendig ist nur, dass zum Zeitpunkt der Unterzeichnung durch die Ehefrau der Wille des zuerst testierenden Ehemannes zur gemeinschaftlichen Testierung noch fortbesteht. Davon sei hier auszugehen. Somit war der Ehemann an seine Erklärung in dem gemeinschaftlichen Testament mit seiner ersten Ehefrau gebunden und konnte sie nicht durch den Erbvertrag mit seiner zweiten Ehefrau widerrufen.

Durch den Tod der ersten Ehefrau trat die Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments ein. Jan Bittler, Geschäftsführer der DVEV, rät deshalb bei Wiederverheiratung genau zu prüfen, welche Art von Verfügungen von Todes wegen in dieser zweiten Ehe möglich sind.

Autorin: Rechtsanwältin Melanie Scharf, Angelbachtal

OLG München, Beschluss vom 01.12.2011, Az: 31 WX 249/10

Quelle: Deutsche Vereinigung für Erbrecht- und Vermögensnachfolge (DVEV)