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Geschenkt ist bei gleichzeitigem Erbverzicht nicht immer geschenkt!

Geschenkt ist bei gleichzeitigem Erbverzicht nicht immer geschenkt!

Ob eine im Zusammenhang mit einem Erbverzicht gewährte Zuwendung als Schenkung oder als Entgelt für den Verzicht einzuordnen ist, hängt in erster Linie vom Willen der Parteien ab, so der BGH in seinem Urteil vom 07.07.2015, das die Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V. (DVEV) mit den wesentlichen Entscheidungskriterien wiedergibt.

(Urteil des BGH vom 7. Juli 2015 (X ZR 59/13), Quelle Becklink 2000494)

Der Fall

Der Vater schloss mit seiner Tochter einen notariellen Vertrag, der als „mittelbare Grundbesitzschenkung – Erbvertrag – Erb- und Pflichtteilsverzicht“ bezeichnet ist. Darin verpflichtete er sich, seiner Tochter einen Geldbetrag zum Erwerb einer Eigentumswohnung und Miteigentumsanteile an weiteren Eigentumswohnungen zu „schenken“. Weiter wurde vereinbart, dass die „Schenkung“ auf die Erb- und Pflichtteilsrechte der Tochter angerechnet werden solle. Die Tochter ihrerseits erklärte gegenüber dem Vater den Verzicht auf ihr gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht.

Der Vater widerrief später die „Schenkung“ wegen groben Undanks und verlangte die Rückübertragung der Wohneigentumsanteile. Die Tochter wandte hiergegen ein, sie habe die Wohnung nicht unentgeltlich, sondern als Gegenleistung für die Erklärung des Erbverzichts erhalten.

Die Entscheidung

Schenkungen können bei grobem Undank des Beschenkten widerrufen werden. Aber nicht jede Zuwendung ist eine Schenkung. Das ist sie nur dann, wenn die Zuwendung ohne Gegenleistung erfolgt. Erklärt der „Beschenkte“ gleichzeitig einen Erbverzicht, kann es sich auch um eine entgeltliche Zuwendung handeln, die nicht widerrufen werden kann. Welchen Charakter die gewährte Zuwendung hat, hängt vom Willen der Parteien ab, so der BGH. Kommt es dem Erblasser in erster Linie darauf an, dass der Empfänger der Zuwendung auf sein Erbrecht verzichtet, spricht dies dafür, den Erbverzicht als einen Ausgleich für geleistete Zuwendung, also als entgeltlich anzusehen. Stehe dagegen die Zuwendung als solche im Vordergrund und werde der Erbverzicht lediglich als eine besondere Form der Anrechnung auf das Erbrecht gewählt, sei in der Regel von einem unentgeltlichen Charakter der Zuwendung auszugehen, so der BGH weiter. Anhaltspunkte für den maßgeblichen Willen der Vertragsparteien könnten sich insbesondere aus den Umständen des Zustandekommens der Vereinbarung und ihrer Ausgestaltung im Einzelnen ergeben. Hier sei zu beachten, dass die Zuwendung des Vaters in der notariellen Vertragsurkunde als erstes geregelt und ausdrücklich als Schenkung bezeichnet worden sei. Damit wies der BGH den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung zurück.

Tipp des Rechtsexperten

Jan Bittler, Fachanwalt für Erbrecht und Geschäftsführer der DVEV, erläutert: „Bei der Gestaltung eines Erbvertrags geht es in erster Linie um die juristische Umsetzung der Wünsche des Mandanten. Allerdings können sich im Laufe der Zeit die Gegebenheiten ändern. So kann sich z. B. die Beziehung zwischen den Parteien verschlechtern, wie hier zwischen Vater und Tochter. Um späteren Streit zu vermeiden, muss die Vertragsgestaltung vorausschauend die Möglichkeit von Veränderungen mit einbeziehen und entsprechende Vorkehrungen – z. B. vertraglich vereinbarte Rückforderungsrechte - treffen.“

Weitere Informationen:

Fundstelle: Urteil des BGH vom 7. Juli 2015 (X ZR 59/13), Quelle Becklink 2000494

Quelle: Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V. (DVEV)