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„Kinder“ im gemeinschaftlichen Testament – Welche sind gemeint?

„Kinder“ im gemeinschaftlichen Testament – Welche sind gemeint?

Verfügen Ehegatten, die Kinder aus vorherigen Ehen haben, in ihrem gemeinschaftlichen Testament „Erst nach dem Tod des zuletzt verstorbenen Elternteils sollen die Kinder uns zu ungefähr gleichen Teilen beerben“, so kann die Auslegung ergeben, dass mit „die Kinder“ nur die im gleichen Haushalt lebenden Kinder der Erblasserin gemeint sind und nicht das Kind aus der vorherigen Ehe des Erblassers. Das entschied das OLG Düsseldorf in seinem Beschluss vom 25.11.2020, den die DVEV verkürzt wiedergibt.
(OLG Düsseldorf, Beschluss v. 25.11.2020, 3 Wx 198/20, BeckRS 2020, 34593)

Der Fall

Die Eheleute hatten aus ihren vorherigen Ehen Kinder. Der Ehemann eine Tochter, zu der kein Kontakt bestand. Die Ehefrau zwei Kinder, die im Haushalt der Eheleute lebten. Die Eheleute verfassten im Jahr 2009 ein gemeinschaftliches Testament, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzten. Weiterhin heißt es: „Erst nach dem Tod des zuletzt verstorbenen Elternteils sollen die Kinder uns zu ungefähr gleichen Teilen beerben“. Der Ehemann verstarb zuerst. Nach dem Tod der länger lebenden Ehefrau beansprucht die Tochter des Erblassers Miterbin nach dem Testament von 2009 zu sein. Dem widerspricht die Tochter der Ehefrau. Sie ist der Meinung, dass mit „die Kinder“ nur die Kinder der Erblasserin gemeint sind.

Die Entscheidung

Das OLG hatte zu entscheiden, wie der Begriff „die Kinder“ im gemeinschaftlichen Testament der Eheleute auszulegen ist. Da der Begriff nicht eindeutig ist, muss der wirkliche Wille der Erblasser erkundet werden. § 133 BGB enthält die Auslegungsregel, dass nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks festzuhalten ist, sondern geklärt werden muss, was die Erblasser wirklich sagen wollten. Es kommt dabei ausschließlich auf das subjektive Verständnis der Testierenden an, auf deren übereinstimmenden Willen zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung im Jahr 2009. Dass zu der Zeit zur Tochter des Erblassers kein Kontakt bestand und die Erblasserin auch nichts von ihrer Existenz wusste, legt das OLG so aus, dass die Tochter nicht vom Testierwillen der Eheleute erfasst war. Zudem sind mit der Bezeichnung „die Kinder“, nach üblichem Sprachgebrauch, die im eigenen Haushalt lebenden Kinder gemeint. Die Eheleute hätten sich, wenn sie gewollt hätten, genauer ausdrücken können und z. B. in „meine“ oder „seine“ Kinder unterscheiden können. Das haben sie nicht getan. Zwar hatte sich die Tochter des Erblassers später vergeblich um einen Kontakt bemüht. Das hatte aber keinen Einfluss mehr auf den maßgeblichen Zeitpunkt der Testamentserrichtung im Jahr 2009. Damit entschied das OLG, dass im gemeinschaftlichen Testament nur die Kinder der Erblasserin zu Erben berufen sind.

DVEV-Expertenrat

„Ist ein Testament nicht eindeutig, muss es ausgelegt werden. Der Streit darüber landet dann zwangsläufig vor Gericht. Das ist gerade nicht im Sinne des Erblassers, denn er wollte mit seinem Testament den Familienfrieden sichern. Ich empfehle dringend, beim Abfassen eines Testaments fachlichen Rat einzuholen, um Unklarheiten und daraus resultierenden Streit zu vermeiden“, sagt Jan Bittler, Geschäftsführer der DVEV und Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht in Heidelberg.