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Schenkungen können bei Verarmung herausverlangt werden

Schenkungen können bei Verarmung herausverlangt werden

Der Verzicht auf einen Nießbrauch ist eine Schenkung, die im Falle der Verarmung des Schenkers herauszugeben ist, entschied das OLG Köln in seinem Beschluss vom 9.3.2017, den die DVEV im Wesentlichen wiedergibt.

(OLG Köln, Beschluss vom 9.3.2017, 7 U 119/16, BeckRS 2017,107443)

Der Fall

Die Mutter hatte dem beklagten Sohn 1995 das von ihr bewohnte Hausgrundstück geschenkt und sich ein lebenslanges Nießbrauchrecht vorbehalten. Im Frühjahr 2007 erlitt sie eine Hirnblutung und war seitdem in vollstationärer Pflege. Im Juni 2008 verkaufte der Sohn das Hausgrundstück für 95 000€. Die Mutter hatte vorher die Löschung des Nießbrauchrechts ohne Gegenleistung bewilligt. Seit 1.12.2008 lebt die Mutter in einem Pflegeheim. Da sie mittellos ist, trägt der zuständige Sozialhilfeträger die Kosten mit. Er verlangt vom Sohn, aus übergeleitetem Recht, die Herausgabe des Wertzuwachses des unbelasteten Grundstücks als Ersatz von Kosten für die Heimunterbringung.

Die Entscheidung

Bei einer Schenkung muss eine Verminderung des Vermögens beim Schenker eintreten, die zu einem Zuwachs beim Beschenkten führt. So muss der Verzicht der Mutter auf den Nießbrauch einen Vermögenszuwachs beim Sohn verursacht haben. Ein Nießbrauchrecht stellt in jedem Fall einen Vermögenswert dar, der – auch wenn der Nießbrauch nicht genutzt wird – schon im Hinblick auf die Möglichkeit einer Vermietung existiert. Der Wert des Nießbrauchs kann durch verschiedene Methoden ermittelt werden, bei deren Wahl das Gericht ein Schätzungsermessen hat. Das Gericht legte den Wert auf 41.075 € fest. Dieser Betrag erhöhte den Wert des unbelasteten Hausgrundstücks und ist somit der Wert der Schenkung der Mutter, die auf den Sohn überging. Wegen deren Mittellosigkeit entschied das OLG Köln deshalb zu Gunsten des Sozialhilfeträgers und verurteilte den Sohn zur Zahlung des Wertzuwachs.

DVEV-Expertenrat

Jan Bittler, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht in Heidelberg, Geschäftsführer der DVEV, sagt dazu: „Oft besteht das einzige Vermögen älterer Menschen in einem Hausgrundstück, das sie so lange wie möglich selbst bewohnen wollen. Soll gleichzeitig eine lebzeitige Übertragung des Hausgrundstücks an die Kinder stattfinden, empfiehlt es sich, rechtlichen Rat einzuholen. Der Verbleib im eigenen Haus kann durch ein Nießbrauchrecht, aber auch durch andere Rechtsinstitute, wie z. B. einem Wohnungsrecht, abgesichert werden. Die Folgen beim Eintritt des Pflegefalls müssen sorgfältig abgewogen werden.“

Weitere Informationen:

Fundstelle: OLG Köln, Beschluss vom 9.3.2017, 7 U 119/16, BeckRS 2017,107443

Quelle: Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V. (DVEV)