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Wann darf der Testamentsvollstrecker Auszahlungen an sich selbst vornehmen?

Wann darf der Testamentsvollstrecker Auszahlungen an sich selbst vornehmen?

Entnimmt der Testamentsvollstrecker dem Nachlass seine Auslagen und seine Aufwandsentschädigung ohne vorherige Anordnung oder Absprache, dann bedeutet das nicht zwangsläufig, dass er seine Pflichten verletzt hat, entschied das OLG München in seinem Urteil vom 15.11.2017, das die DVEV in seinen wesentlichen Kriterien wiedergibt.

(OLG München, Endurteil v. 15.11.2017, 20 U 5006/16, BeckRS 2017, 131722)

Der Fall

Kläger und Beklagter sind Brüder und Miterben am Nachlass ihres im Jahr 2002 verstorbenen Vaters. Der Beklagte war, bis zu seiner Entlassung 2005, Testamentsvollstrecker. Der Kläger verlangt von ihm Schadensersatz wegen zahlreicher grober Pflichtverletzungen in seiner Zeit als Testamentsvollstrecker. Zu diesen Pflichtverletzungen gehört unter anderem, dass der Bruder ohne Absprache mit den Miterben und ohne Anordnung des Erblassers eigenmächtig seine Auslagen und seine Aufwandsentschädigung als Testamentsvollstrecker aus dem Nachlass entnommen hat. Der Beklagte wehrt sich gegen die Klage und beantragt Klageabweisung.

Die Entscheidung

Das OLG München hatte unter anderem zu entscheiden, ob die eigenmächtige Entnahme eine Pflichtverletzung darstellt. Eine Pflichtverletzung besteht nicht schon deshalb, weil der Testamentsvollstrecker eigenmächtig gehandelt hat, denn aus §§ 2218 Abs. 1, 670 BGB hat der Testamentsvollstrecker grundsätzlich einen Anspruch auf Aufwendungsersatz. Zwar darf er die Höhe nicht selbst bestimmen, kann aber die von ihm für angemessen erachtete Vergütung grundsätzlich dem Nachlass entnehmen, auch wenn sie nachträglich korrigiert werden muss. Er erhält die Auslagen ersetzt, die er nach den Umständen für erforderlich halten durfte und die einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses dienen. Hierbei hat er einen weitgehenden Ermessensspielraum, der auch Zweckmäßigkeitsfragen abdeckt. Dazu gehört z. B. die Aufwandsentschädigung für Fahrtkosten, auch die, die gleichzeitig eine Tätigkeit als Erbe abdecken, für Besuche zu Besprechungen bei Banken, die auch telefonisch hätten geführt werden können, und für die Teilnahme an Begutachtungen bei fehlendem Einvernehmen der Miterben. In diesen Fragen wies das OLG München die Klage ab.

DVEV-Expertenrat

Jan Bittler, Fachanwalt für Erbrecht in Heidelberg und Geschäftsführer der DVEV, weiß, dass viele Erben die Stellung des Testamentsvollstreckers falsch einschätzen. Der Gesetzgeber hat dieses Amt mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet. Auch wenn die Rechte der Erben dadurch stark eingeschränkt werden, ist gesichert, dass der Erblasser seinen Gestaltungswillen durchsetzen und erfüllen kann. Letztendlich nimmt der Testamentsvollstrecker den Erben die mühevolle Arbeit der Auseinandersetzung des Nachlasses ab. Stellen sich Fragen zur Rechtmäßigkeit seiner Tätigkeit, können diese mit Hilfe einer Fachanwältin oder eines Fachanwalts für Erbrecht beantwortet werden.

Weitere Informationen:

Fundstelle: OLG München, Endurteil v. 15.11.2017, 20 U 5006/16, BeckRS 2017, 131722

Quelle: Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V. (DVEV)